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24.12.05 / Politik und Bürger schauen weg / Berlins Busfahrer werden immer häufiger Ziel gewalttätiger Übergriffe - Opfer fühlen sich alleingelassen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24. Dezember 2005

Politik und Bürger schauen weg
Berlins Busfahrer werden immer häufiger Ziel gewalttätiger Übergriffe - Opfer fühlen sich alleingelassen
von Annegret Kühnel

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) schlagen Alarm: Von Januar bis November 2005, informierte die BVG-Leitung auf einer Pressekonferenz, hat sie 187 Angriffe auf ihr Personal, vor allem Busfahrer, registriert, gegenüber 178 im gesamten Vorjahr. Die Verkehrsbetriebe gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, denn die vergleichsweise harmlosen Vorfälle - verbale Angriffe, Beleidigungen oder Spuckattacken - werden von den Mitarbeitern erst gar nicht gemeldet.

Berlin liegt damit bei der Gewalt gegen Angstellte des kommunalen Nahverkehrs deutschlandweit an der Spitze. Die Statistik der Verkehrsbetriebe bestätigt den Eindruck, welchen die Leser von Lokalzeitungen, die mehrmals in der Woche Kurzmeldungen über Pöbeleien gegen das Personal der öffentlichen Verkehrsmittel drucken, schon lange gewonnen haben.

Die Anlässe für die Gewaltausbrüche sind vielfältig. Seit 2004 dürfen die Fahrgäste zum Einstieg in den Bus nur noch die Vordertür benutzen und müssen dem Fahrer einen gültigen Fahrausweis vorzeigen beziehungsweise erwerben. Schwarzfahrer aus Gewohnheit fühlen sich dadurch "provoziert" und schlagen schnell zu. Andere Fahrgäste verlangen beim Stop an Kreuzungen oder Ampeln, die Türen für den Ein- und Ausstieg zu öffnen, was aus Sicherheitsgründen streng verboten ist. Weigert der Fahrer sich, kann es ebenfalls Schläge setzen. In einem Fall ist es vorgekommen, daß Fahrgäste denen der Zutritt verweigert worden war, den Bus bis zur nächsten Haltestelle verfolgten, dort den Fahrer aus dem Fahrzeug zerrten und krankenhausreif schlugen.

Bei einem Fünftel der Fälle ist überhaupt kein Anlaß ersichtlich. "Ein Mann steigt in einen Bus, bricht der Fahrerin mit der Faust das Nasenbein, steigt wieder aus und geht weiter." So die Schilderung eines Mitarbeiters.

Die BVG-Angestellten sind frustriert, weil weder Politik noch Medien noch die Fahrgäste sonderlich empört zu sein scheinen. Sie erwarten gar nicht, daß die Fahrgäste körperlich eingreifen, aber über ihr Mobiltelefon unauffällig einen Hilferuf an die Polizei richten, das könnten sie schon, meinen die Fahrer. Der Grund für die Gleichgültigkeit liegt freilich auf der Hand. Die Täter rekrutieren sich ganz überwiegend aus der Bevölkerungsgruppe, die im offiziösen Sprachgebrauch von "Ausländern" zu "ausländischen Mitbürgern" inzwischen zu "Mitbürgern mit Migrationshintergrund" mutiert ist. Vor allem handelt es sich um junge Männer aus dem türkisch-arabischen Raum. Das läßt sich auch für den gewöhnlichen Zeitungsleser indirekt daraus schließen, daß die Presse Personenbeschreibungen oder - bei überführten Tätern - die Nennung des Vornamens zumeist unterläßt bzw. nur in den Fällen anführt, wo sie auf einen deutschen oder mitteleuropäischen Hintergrund verweisen. Aber das kommt eher selten vor. Aus der Gewalt junger Orientalen aber lassen sich keine politisch-korrekten Kampagnen basteln.

Die Justiz reagiert in der Regel lasch - die zwei Türken, die den Busfahrer auf offener Straße zusammenschlugen, kamen mit läppischen Bewährungsstrafen davon -, und potentielle Zeugen fürchten sich davor, selber ins Visier der Gewalttäter zu geraten und von den Behörden alleingelassen zu werden.

Die Gewalt trifft nicht nur das Personal, sondern auch Fahrgäste. Auf einer innerstädtischen Linie wurde in einem vollbesetzten Bus ein Schwulenpaar malträtiert, das sich gegen die Beleidigung aus einer arabisch-türkischen Jugendclique mit dem Spruch "Lieber schwul als doof!" zur Wehr gesetzt hatte. Eines der Opfer trug eine gebrochene Rippe davon, die in die Lunge eindrang, so daß Lebensgefahr bestand. Es dauerte zwei Wochen, ehe der Fall überhaupt an die Öffentlichkeit drang. Gerade wurde ein 25jähriger am frühen Abend in der U-Bahn von drei arabischen Jugendlichen verprügelt, weil er sie aufgefordert hatte, sich ruhig zu verhalten. Auf einem U-Bahnhof in Wedding wurden zwei junge Frauen von einem 14jährigen und seinem 17jährigen Kumpanen verprügelt, weil sie sich ihre Belästigungen verbeten hatten. In diesem Fall konnten die Täter dank aufmerksamer Zeugen von der Polizei schnell gefaßt werden. Es stellte sich heraus, daß der 14jährige Khodor Z. aus einer kurdisch-libanesischen Großfamilie stammt und bereits als Intensivtäter bekannt war. Zuletzt hatte er einer 79jährigen Rentnerin die Einkaufstasche entrissen und das Geld gestohlen. Die Staatsanwaltschaft erließ trotzdem keinen Haftbefehl, da sie keine Voraussetzung für eine Jugendstrafe erkennen konnte.

Es ist eine brisante Mischung aus sozialer Verwahrlosung und politisch motivierten Unterlassungen. Die Busfahrer, sagte ein BVG-Vertreter, fühlten sich als "Prellbock der Gesellschaft. Hält der Trend an, haben wir vielleicht in der nächsten Zeit Verhältnisse wie in Frankreich, wo Busse angezündet wurden." Auch solche, die voller Fahrgäste waren, muß ergänzt werden. Eine behinderte Frau entging hier nur knapp dem Flammentod.

Berlins Bahnen und Busse entwickeln sich zunehmend zum neuen Brennpunkt der Kriminalität Foto: Keystone


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