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31.12.05 / Von Wende zu Wende

© Preußische Allgemeine Zeitung / 31. Dezember 2005

Von Wende zu Wende
von Harald Fourier

Eigentlich ist „Sozialismus“ ja seit 1989 ein Unwort – selbst für Sozialdemokraten. Erst recht aber seit Gerhard Schröder und Franz Müntefering 1998 sich selbst als die „Neue Mitte“ definierten. Wohl auch aus Widerstand gegen diesen angeblich „neo- liberalen“ Kurs ihrer Genossen gründeten Andrea Nahles und ihre Wegbegleiter im Jahr 2000 die Demokratische Linke (DL), eine SPD-interne Gruppe.

Kurz nach der Wahl von Matthias Platzeck zum Bundesvorsitzenden seiner Partei expandiert diese Linksaußen-Gruppe nun auch nach Brandenburg. Bisher war die DL nur in Berlin, Baden-Württemberg, Schleswig- Holstein und Nordrhein-Westfalen vertreten.

Eigentlich hatten linke Hardliner wenig in der Ost-SPD zu sagen. War dort doch die SPD (zunächst als „SDP“) 1989 überwiegend von Bürgerrechtlern gegen den erbitterten Widerstand der SED gegründet worden. Trotzdem bekennen sich jetzt 25 Brandenburger Sozis, darunter zwei Landtags- abgeordnete, zum ganz linken Flügel.

Sie selbst sehen sich als „Sachwalter einer sozialen Politik“ und fordern unter anderem den Ausbau des Sozialstaats. Außerdem mögen sie das Ziel, in ganz Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, nicht aufgeben.

Dazu hatte sich vor einem Jahr Bundespräsident Horst Köhler zu Wort gemeldet, als er dies als illusorisch brandmarkte. Schließlich hat es noch nie in der deutschen Geschichte, in allen Landesteilen hundertprozentig gleiche materielle Lebensbedingungen gegeben. Wie auch?

Auch der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck ist längst von der albernen Utopie abgerückt, in allen Teilen Brandenburgs gleiche Bedingungen zu schaffen. Vielmehr schwebt ihm und seiner großen Regierungskoalition die Konzentration auf Wachstumskerne vor.

„Platzeck bekommt Druck vom linken Flügel“ titelte jetzt der Berliner „Tagespiegel“. Und von genau hier droht Ungemach auch für die große Koalition auf Bundesebene. Steuert die SPD wieder deutlich nach links?

Tut sie es, wird es nicht lange dauern, bis die Partei die Rolle als Junior-Partner unter Merkel satt hat. So wie sie in Berlin 2001 nicht länger Eberhard Diepgen (CDU) als Regierenden Bürgermeister ertragen konnte.

Eine erste Konsequenz hat sich schon in der Brandenburger Finanzpolitik nieder- geschlagen. Nur einen Tag nach der Bekanntgabe der DL-Gründung rückte Finanzminister Rainer Speer (SPD) von der Sparpolitik ab. Ein ausgeglichener Haushalt 2010 sei „nach derzeitiger Einschätzung unmöglich“, so Speer am Mittwoch vor Heiligabend.

Damit gibt die SPD als führende Regierungspartei in Brandenburg eines ihrer wichtigsten Ziele aus dem Koalitionsvertrag sang- und klanglos auf. Mal sehen, wie lange es dauert, bis Peer Steinbrück auf Bundebene eine ähnliche Wende vollzieht.


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