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31.12.05 / Was Berlin und das Samland gemein haben / Eine Gruppe um Louis-Ferdinand Schwarz nahm an Fischhausens 700-Jahrfeier teil und machte sich ein aktuelles Bild

© Preußische Allgemeine Zeitung / 31. Dezember 2005

Was Berlin und das Samland gemein haben
Eine Gruppe um Louis-Ferdinand Schwarz nahm an Fischhausens 700-Jahrfeier teil und machte sich ein aktuelles Bild von der Lage

Bereits im Jahr 2004 - während der Kulturwoche im Samland (siehe Folge vom 18. September 2004) - hatten der damalige Bürgermeister von Fischhausen, Alexander Mamajew, und dessen Vorgängerin Glafira Grigorenko, den damaligen Kreisvertreter von Fischhausen Louis-Ferdinand Schwarz gebeten, auf der Feierstunde anläßlich des Jubiläums 700 Jahre Fischhausen die Festrede zu halten. Gerne hat der Gefragte die Einladung angenommen und ihr Folge geleistet.

Mit einer Gruppe von insgesamt 26 Personen fuhr er mit der Bahn von Berlin nach Königsberg. Dort wurden sie abgeholt und nach einer kurzen Stadtrundfahrt durch die Pregelmetropole ins Hotel "Rauschen 2" gebracht. Es folgte eine Woche Rauschen bei permanent gutem Wetter.

Herausragend war natürlich der eigentliche Anlaß der Reise, die Feierstunde in Fischhausen. Zu Beginn legte Schwarz gemeinsam mit dem Bürgermeister von Pillau, dem die Russen Fischhausen zugeschlagen haben, Fjodor Grigorjewitsch, und einem Veteran je ein Blumengesteck auf dem russischen und dem deutschen Ehrenfriedhof nieder, was noch am selben Abend im Fernsehen zu sehen war. Im Kulturhaus fand die eigentliche Festveranstaltung mit Ansprachen und Folklore statt. Den Abschluß der sehr harmonischen Feier bildete ein gemeinsames Essen, bei dem Schwarz und Grigorjewitsch sich etwas besser kennenlernen konnten.

Doch nicht nur über die neueste Entwicklung des Geburtstagskindes Fischhausen machten sich Schwarz und seine Gruppe bei diesem Ostpreußenaufenthalt schlau. Während der obligatorischen Stadtrundfahrt durch Ostpreußens Hauptstadt konnten sie viele neue Entwicklungen entdecken. Dank Igor Odinzow kann man am Dom permanente Fortschritte erkennen. Die von Professor Dr. Wladimir Kulakov geleiteten Ausgrabungen am Fundament des Schlosses gehen weiter, wenn auch langsam. Es entstehen immer neue Ge-

schäfte, Restaurants und der Ausbau der Straßen geht voran. Der deutsche Ehrenfriedhof ist gut angelegt und gepflegt.

Im Deutsch-Russischen Haus ließ sich die Gruppe von dessen Leiter Peter Wunsch auf den aktuellen Stand bringen. 13 Personen sind fest angestellt. 150 weitere Personen arbeiten unterstützend in der Region mit. Rund 600 Menschen werden hier beruflich ausgebildet. Darüber hinaus bietet das Haus die Möglichkeit zur Begegnung und führt Kulturveranstaltungen wie Le-

sungen und Konzerte durch. Dafür steht ein vom deutschen Bundesinnenministerium über die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) finanzierter jährlicher Etat von 700000 Euro zur Verfügung.

Über Rauschen, Fischhausen und Königsberg hinaus führte die Gruppe eine große Ostpreußenfahrt durch. Diese Fahrt führte zunächst nach Arnau zur dortigen Kirche, wo sich die 26 vom Vorsitzenden des Kuratoriums Arnau e. V., Professor Dr. Walter T. Rix, auf den aktuellen Stand bringen ließen (siehe Folge 50). In Georgenburg war das Erstaunen groß über das, was dort in den letzten Jahren geschaffen worden ist. Inzwischen hat das Gestüt rund 250 Pferde, Hannoveraner, Holsteiner und Trakehner. In Trakehnen hingegen mußte sich die Gruppe, da eine Pferdezucht nicht mehr stattfindet, mit dem Besuch des kleinen Museums im alten Landstallmeisterhaus begnügen, wo die Geschichte des Gestüts mit Vortrag, Bildern und Filmen sehr anschaulich vermittelt wurde. In Gumbinnen wurden die Salzburger Kirche und die Sozialstation besucht, wo regelmäßig Gottesdienste abgehalten werden und viele hilfsbedürftige Deutsche wie Russen soziale Unterstützung erfahren.

Als eine besondere Attraktion empfand die Gruppe eine Schiffsreise auf dem rund 40 Kilometer langen Seekanal von Königsberg nach Pillau. Dort wurden Schwarz und die Seinen von zwei alten Freunden, dem stellvertretenden Bürgermeister Viktor Koschelew und dem Leiter der Museen in Pillau Kapitän zur See Dr. Sergej Jakimow, empfangen und durch die Sadt geführt. Das von der Kreisgemeinschaft unterstützte Museum über die deutsche Geschichte von Pillau, die Zitadelle, die Hafenanlage, der 2000 eingeweihte Ehrenfriedhof für die Deutschen sowie der 32 Meter hohe und 18 Seemeilen weit strahlende Leuchtturm standen dabei ebenso auf dem Programm wie der legendäre "Goldene Anker", in dem vor dem Zweiten Weltkrieg Schwarz' Mutter bei Offiziersbällen getanzt hatte und in dem nun seine Gruppe zu Mittag aß.

In Palmnicken wurde das Bernsteinwerk besucht, das inzwischen privatisiert und re-

strukturiert worden ist. Hier werden jährlich rund 600 Tonnen Bernstein gewonnen, was etwa 94 Prozent der weltweiten Fördermenge ausmacht. In dem sehr übersichtlichen Bernsteinmuseum wurde die Möglichkeit wahrgenommen, sich über die Geschichte und Entwicklung des Bernsteins und seiner Förderung zu informieren. Wer wollte, konnte anschließend natürlich auch Bernsteinsouvenirs erstehen.

Eine besondere Verbindung hat Louis-Ferdinand Schwarz zum ersten Salem Kinder- und Jugenddorf auf dem Territorium der Russischen Föderation, denn es entstand ab 1998 auf den Ländereien seiner Vorfahren in Pollwitten bei Medenau. Von 1937 bis Januar 1945 hat er hier seine Kindheit verlebt.

Nun finden hier eltern- und obdachlose Kinder ein neues Zuhause. Abgesehen von den Wohnhäusern samt Wirtschaftsgebäuden gehören zum Dorf auch ein Agrarhof, ein Gärtnerhof und eine Remise sowie 81 Hektar Agrarfläche. In zehn bis zwölf Familien leben dort zirka 100 Kinder.

Geplant ist unter anderem der Bau eines Hauses, das den Namen von Louis-Ferdinand Schwarz' elterlichem Gutshof, sprich "Pollwitten", erhalten soll. In jenem Gebäude sollen dann auch in einem Raum der Hof und das Samland dokumentiert werden. Die Kreisgemeinschaft Fischhausen und ihr ehemaliger Kreisvertreter haben es sich nicht nehmen lassen, als erste je 1000 Euro hierfür bereitzustellen, doch noch handelt es sich hierbei um Zukunftsmusik.

Einen Bonbon zum Abschluß bildete die Fahrt auf die Kurische Nehrung bei herrlichem Wetter. Besonders genossen wurden die Spaziergänge nach und durch Nidden. Vorher erhielten die Reisenden von einem russischen Ornithologen reichlich Informationen über die 1901 von Professor Johannes Thienemann gegründete Vogelwarte. Das Kurische Haff ist leider inzwischen zu schmutzig, um darin baden zu können, aber nichts und niemand hinderte die Reisegruppe daran dieses vor der Rückfahrt zum Quartier nach Rauschen noch einmal auf der anderen Seite der Nehrung, in der Ostsee zu tun.

Nach einer Woche Ostpreußenaufenthalt fand dann die endgültige Rückfahrt, die in die Bundesrepublik, statt. Alle, die diese Reise mitgemacht haben, waren sich einig: Nicht nur Berlin - auch das Samland ist stets eine Reise wert.LFS

Legten ein Blumengesteck sowohl auf dem russischen als auch auf dem deutschen Ehrenfriedhof nieder: Louis-Ferdinand Schwarz (Mitte), Fjodor Grigorjewitsch Yaroschewitsch (rechts) und ein Veteran (links).


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