19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
04.02.06 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. Februar 2006

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied und Familienfreunde,

es ist so eine Sache mit dem Alter. Als ich das erste Mal hörte, wie eine jüngere Kollegin von mir als „alte Dame“ sprach, da mußte ich doch tief Atem holen. Zum ersten Mal wurde mir bewußt, wie ich von Menschen aus meiner näheren Umgebung betrachtet wurde, mit denen mich sogar eine berufliche Beziehung verband – wir duzten uns doch, aber mit dieser Bezeichnung setzte sie eine unsichtbare Schranke. „Alte Dame“ – das klang respektvoll und distanziert, hob mich auf eine andere Ebene, über die ich bis dahin noch nicht nachgedacht hatte. Immerhin bewirkte die Bemerkung, daß ich über die gelebten Jahre nachzudenken begann, nicht nur über die meinen. Und so kann ich auch nicht mit wenigen Worte über manchen mir vorgetragenen langen Lebensweg hinweggehen, ihn einfach mit ein paar Namen und Daten abhaken – das werden viele Leserinnen und Leser schon lange bemerkt haben, und vielleicht macht dies auch die Besonderheit unserer „Ostpreußischen Familie“ aus. So will ich auch gerne dem Wunsch von unserer Leserin Hella Mack nachkommen, den Lebensweg ihrer Mutter Eva Bergk hier aufzurollen, der einen Meilenstein erreicht hat, der von besonderer Bedeutung ist: Eva Bergk wird am 6. Februar 100 Jahre alt! Und wie immer, wenn es sich um die Biographie einer Ostpreußin handelt, wird es viele Berührungspunkte geben – nicht nur für mich, sondern auch für manche Leser und vor allem Leserinnen. Denn Eva Bergk war, als sie noch Eva Neumann hieß, als junge Sängerin und Konzertpianistin vor allem durch ihre Tätigkeit beim Reichssender Königsberg bekannt. Als Eva Friese am 6. Februar 1906 in Königsberg geboren, nahm sie nach ihrer Heirat den Namen ihres Mannes an, unter dem sie auch als Künstlerin auftrat. Da Eva Neumann ihr Studium am Königsberger Konservatorium als staatlich geprüfte Gesangs- und Klavierlehrerin abgeschlossen hatte, konnte sie neben ihrem künstlerischen Einsatz auch eine Lehrtätigkeit als Gesangs- und Klavierlehrerin am Bismarck-Oberlyzeum ausüben. Das war vor allem für sie und ihre kleine Tochter wichtig, denn Eva Neumann war sehr früh Witwe geworden. Während des Krieges wurde sie im Rahmen der Truppenbetreuung vor allem als Volksliedsängerin eingesetzt. Und dann erlitt sie das Schicksal aller Ostpreußen: Sie mußte die Heimat verlassen. Ende Februar 1945 gelang es Eva Neumann, mit Tochter und Mutter aus dem eingekesselten Königsberg herauszukommen und sich nach Gotenhafen durchzuschlagen, wo sie auf einem Floß zu dem Passagierschiff des Norddeutschen Lloyd „Der Deutsche“ gelangten, das sie trotz Bombentreffer sicher nach Dänemark brachte. Während der Internierung durfte die Sängerin und Pianistin mit Hilfe des dänischen Musikprofessors Karl Maria Savarie Konzerte geben – so wird sie wohl manchen Schicksalsgefährten noch in Erinnerung sein. Auch ich habe nach einem Gespräch mit ihrer Tochter Hella Mack viele Beziehungspunkte zu dem Lebensmosaik der Künstlerin gefunden, die nach ihrer zweiten Heirat den Namen ihres – inzwischen auch schon lange verstorbenen – Ehemannes trägt. Deshalb gehen sehr herzliche und heimatliche Glückwünsche nach Bad Griesbach, wo Eva Bergk-Neumann in der Geborgenheit ihrer Familie den 100. Geburtstag begehen kann (Anschrift: Afham 10 in 94086 Bad Griesbach, Telefon 0 85 32 / 86 56).

Natürlich bildet dieser Glückwunsch im Rahmen unserer Ostpreußischen Familie eine Ausnahme – und noch eine zweite muß ich machen, aber diese hat in unserer Zeitung ihre volle Berechtigung. Denn mein alter Kollege Joachim Piechowski feiert seinen 80. Geburtstag. Langjährigen Leserinnen und Lesern wird der Name vertraut sein, denn der Journalist und Redakteur gestaltete lange Jahre unser Ostpreußenblatt maßgeblich mit. Deshalb viele Grüße und Glückwünsche von den alten Getreuen aus dem eiskalten deutschen Norden in das ferne, hoffentlich wärmere Spanien.

So, aber nun zu unserer eigentlichen Aufgabe, den Suchwünschen, denn es hat sich schon wieder ganz schön was angesammelt. Da lasse ich zuerst Heinz Koßmann zu Worte kommen, der bei einer Leseprobe der PAZ auf unsere Ostpreußische Familie stieß und von den Wünschen und Erfolgen las. Unsere Kolumne schien ihm ein bisher noch nicht begangener, aber vielversprechender Weg, etwas über seinen Vater und die Großeltern zu erfahren, da seine bisherigen Nachforschungen ergebnislos blieben. Wohl aufgrund fehlender Unterlagen, über die wir auch nicht verfügen – aber wir haben ja einen großartigen Leserkreis! Heinz Koßmann hatte zu seinem Vater Paul Walter Koßmann, * 17. Januar 1922 in Rastenburg, im Jahr 1951 den letzten direkten Kontakt. Der gelernte Fleischer hatte kurz vor Kriegsende in Freital bei Dresden Ruth Giwoka geheiratet. Aus dieser Ehe, die etwa 1948 geschieden wurde, ging Sohn Heinz hervor. Im Zeitraum 1951/52 war Paul Walter Koßmann in Beierfeld / Aue in dem in der August-Bebel-Straße gelegenen Heim III untergebracht. Danach verliert sich die Spur, es gab keinerlei Kontakte mehr zwischen Vater und Sohn, wohl verhindert durch die Scheidung der Eltern. Erst 1993 gelang es Heinz Koßmann – bedingt durch die Wiedervereinigung – einen Paul Koßmann in Hamburg aufzuspüren, ohne jedoch Klarheit über eine mögliche Identität zu erhalten. Ein erhoffter Briefverkehr scheiterte vor vier Jahren an der Aufgabe der genannten Wohnung in der Bachstraße 74 a, die Post kam ungeöffnet zurück. In den letzten Jahren gelang es Herrn Koßmann, zu mehreren Namensvettern in ganz Deutschland telefonisch Verbindung aufzunehmen – überall Fehlanzeige! Unserem Neuleser läßt es aber keine Ruhe, er möchte etwas über das Schicksal seines Vaters erfahren und mehr über ihn und seine Vorfahren wissen. Da Paul Koßmann in Rastenburg geboren wurde und auch dort seine Fleischerlehre absolvierte, müßte die Familie Koßmann in der Stadt oder näheren Umgebung gewohnt haben. Wer erinnert sich an sie und kann Angaben machen? Es wäre schön, wenn der so lange erfolglos Suchende über unsere Ostpreußische Familie endlich etwas erfahren könnte (Heinz Koßmann, Wallstraße 49 in 06484 Quedlinburg).

Eine gute Formulierung unserer Familienarbeit hat mir unser Leser Karl-Heinrich Friedrich in die Hand gegeben: Dialog mit den Lesern. Es ist ja für mich kein einseitiges Schreiben wie in vielen anderen Artikeln und Erzählungen, sondern eine Übermittlung von Fragen und Wünschen, die ich an unsere Leser weiterleite, denn sie verhelfen ja zu dem ungewöhnlichen Erfolg. Daß die von mir gewählte Art und Weise als ansprechend empfunden wird – das freut mich, freut mich sogar sehr, und dafür danke ich Herrn Friedrich. Der natürlich in seiner E-Mail nicht nur lobt, sondern auch um die Veröffentlichung seiner Wünsche bittet, um die „Löcherchen“ in seiner Familiengeschichte stopfen zu können, und das sind nicht wenige! Es geht um die Familie seiner Großmutter, einer geborenen Schiemann, aus Podszunen / Eichenheim, Kirchspiel Schille / Szillen, Kreis Tilsit-Ragnit. (Wer kennt nicht die erschütternde Ballade „Der Wächter von Szillen“ von Charlotte Wüstendörfer?) Der Urgroßvater des Schreibers, der Gutsbesitzer Otto Schiemann, heiratete 1875 die Witwe Henriette Kieselbach aus Groß Oschkinnen / Großossen, Kirchspiel Jurgaitschen / Königskirch. Eine der Töchter aus dieser Ehe war Herrn Friedrichs Großmutter, Marie Helene Schiemann, * 19. November 1878 in Groß Oschkinnen, die mit ihren Schwestern in Podszunen aufwuchs. Marie – echt ostpreußisch „Mieze“ genannt – absolvierte bei ihrem Onkel Eduard Schiemann in Tilsit die kaufmännische Lehre und heiratete 1908 den Kaufmann Hugo Lenkeit aus Skardupönen. Das Ehepaar führte bis zum bitteren Ende 1945 in Mohrungen, Langgasse 2 ein Lebensmittelgeschäft, zu dem auch die Häuser Fleischerstraße 2 und Schmiedestraße 8 gehörten. Beim Einfall der Russen wurde das Ehepaar getrennt, Hugo Lenkeit kam nach Dänemark und lebte in verschiedenen Internierungslagern, darunter im Lager Nyborg I.

Es ergeben sich nun folgende Fragen: Wer kann als Nachkomme oder Bekannter der Familien Schiemann und Kieselbach aus dem Kreis Tilsit-Ragnit Herrn Friedrich mit näheren Angaben über diese und ihre Besitzungen unterstützen? Gerne würde er mehr über Podszuhnen und Gr. Oschkinnen erfahren. Urgroßvater Leopold Otto Lenkeit aus Skardupönen / Matzrode, * 1841, hatte mehrere Geschwister – gibt es Nachkommen von diesen? Im Mohrunger Geschäftshaus der Lenkeits waren die Herren Baasner, Rekitte, die Verkäuferinnen Pelz und Rück sowie die Hausgehilfin Lilly tätig. Wer kann über die Genannten etwas aussagen, wer besitzt Bildmaterial? Eine der Schwestern von Großmutter Marie (Mieze) Schiemann wanderte nach Nordamerika aus, sie soll noch 1980 nach Angehörigen – Tochter und Enkel von Marie – gesucht haben. Das waren die hauptsächlichsten Fragen von Herrn Friedrich, der aber auch unsern Lesern ein Angebot macht: Er verfügt über eine Liste, Stand vom 15. Juli 1945, der Internierten im Flüchtlingslager Nyborg mit Angaben über 294 Personen, und einen Aushangzettel des Lagerleiters Paul Befeld zu Mitgliedern des Lagervorstandes und der Kirchenkommission. Wenn jemand Auskunft benötigt, kann er sich an ihn wenden (Karl-Heinz Friedrich, Silenz 8a in 18569 Kluis / Insel Rügen, Telefon 03 83 05 / 5 31 45).

Eure Ruth Geede


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren