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04.02.06 / Schrulliger Idealist / Leben und Wirken von Albert Schweitzer

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. Februar 2006

Schrulliger Idealist
Leben und Wirken von Albert Schweitzer

Ein alter Mann mit weißem, zwirbeligem Schnauzbart, hellem Hemd und einem leuchtend weißen Tropenhelm: Albert Schweitzer. Der Friedensnobelpreisträger bereicherte die Welt als Arzt, Theologe, Musiker und Philosoph und widmete sich als Urwaldarzt in Afrika den Ärmsten der Armen. Albert Schweitzer galt aber nicht nur als Genie, sondern auch als schrulliger Kauz, der manchem unangenehm auf die Nerven ging. Vor allem sein Kampf gegen Atomwaffen machte ihn in den USA zeitweise zu einer „Persona non grata“.

Siegwart-Horst Günther und Gerald Götting, die beide in den 50er und 60er Jahren das Wirken von Albert Schweitzer in Lambaréne nahe dem Äquator begleiteten, haben in „Was heißt Ehrfurcht vor dem Leben? Begegnungen mit Albert Schweitzer“ ihre Erlebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Viele Schwarzweißaufnahmen geben zudem zusätzlich einen Eindruck von dem Arbeitsumfeld des damals schon über 80jährigen Idealisten. Die lebendigen Schilderungen der beiden Männer sowie ein Abdruck des von Schweitzer verfaßten, berühmten Textes „Was heißt Ehrfurcht vor dem Leben?“ zeigen die verschiedenen Facetten des höchst engagierten Urwalddoktors.

Ein wenig schmunzeln muß man aber doch, wenn man liest, daß der 1875 geborene Arzt während seiner Abwesenheit gelegte elektrische Leitungen wieder kappen ließ, da Strom für ihn nicht in den Urwald paßte. Ähnlich wie dem Leser erging es auch seinen Gästen aus Deutschland, denen der gebürtige Elsässer sein Tun mit den Eigenarten der Afrikaner schilderte, die lieber weite Wege zu ihm ins Urwaldhospital zurücklegten, anstatt in der nahen Stadt ins moderne, für sie sterile Krankenhaus zu gehen. Außerdem mußten Schweitzers Patienten nicht für die von ihm und seinen Mitarbeitern erbrachten Leistungen mit Geld bezahlen, sondern konnten ihre Schulden als Handwerker oder im Gemüsegarten abarbeiten. „Die Lepra-Kranken haben beim Bau kräftig mit angepackt, heißt es. Sie halfen bei den Erdarbeiten und beim Transport der Materialien sowie bei der Errichtung der Holzkonstruktion und bei der Herstellung der ,Palmenziegel‘.“

„Kein Mensch ist jemals einem Menschen ein vollständig dauernd Fremder. Mensch gehört zu Mensch. Mensch hat Recht auf Mensch. Große und kleine Umstände können eintreten, die die Fremdheit, die wir uns im täglichen Leben auferlegen, außer Kraft setzen und uns als Mensch zu Mensch miteinander in Beziehung bringen. Das Gesetz der geziemenden Zurückhaltung ist bestimmt, durch das Recht der Herzlichkeit durchbrochen zu werden“, lautete Albert Schweitzers Devise, und aus den Berichten der beiden Autoren geht hervor, daß der 1965 verstorbene Urwaldarzt sie trotz nicht immer freundlicher Reaktionen auf sein Wirken ziemlich konsequent lebte und ganz er selbst war. Bel

Siegwart-Horst Günther und Gerald Götting: „Was heißt Ehrfurcht vor dem Leben? Begegnungen mit Albert Schweitzer“, neues leben, Berlin 2005, geb., 223 Seiten, 19,90 Euro


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