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11.02.06 / Fressen oder gefressen werden / Österreichische Auslandsinvestitionen auf Rekordstand

© Preußische Allgemeine Zeitung / 11. Februar 2006

Fressen oder gefressen werden
Österreichische Auslandsinvestitionen auf Rekordstand
von R. G. Kerschhofer

Die Österreicher kaufen ein. Was sich beim Weihnachtsgeschäft am Verhalten der Konsumenten bestätigte, beweisen Unternehmen in großem Stil: So wurde Anfang des Monats bekannt, daß "Raiffeisen" die russische "Impex" übernimmt und damit zur größten Auslandsbank in Rußland wird. Ein Konsortium um den Flughafen Wien erhielt grünes Licht zur mehrheitlichen Beteiligung an den slowakischen Flughäfen Preßburg (Bratislava) und Kaschau (Kosice). Und die "Wienerberger AG", der weltgrößte Ziegelhersteller, kauft zwei weitere Fabriken in Polen - fast eine Routine-Meldung.

"Raiffeisen" hatte erst kürzlich die ukrainische "Aval-Bank" übernommen. Die zwei spektakulärsten Transaktionen gab es aber voriges Jahr in Rumänien: Die "OMV" wurde durch Übernahme der "PETROM" zum größten mitteleuropäischen Öl- und Gaskonzern, und die "Erste Bank" (die so heißt, weil sie aus der Ersten Österreichischen Sparkasse hervorging) erwarb die "Banca Comerciala Romana", den rumänischen Marktführer. Dies war überhaupt die bisher größte Finanztransaktion in den "Reformländern". Neben Großunternehmen sind aber auch zahlreiche kleinere und mittlere Firmen aller Sparten aktiv. So kommt es, daß Österreich heute in Rumänien, Bulgarien und Kroatien der größte Investor ist und in den anderen Reformländern an zweiter bis vierter Stelle liegt.

Die derzeit hohen Wachstumsraten im Osten lassen leicht übersehen, daß österreichische Investoren auch in Westeuropa und in Übersee (meist) erfolgreich unterwegs sind. Wenn man bedenkt, daß es lange Zeit geheißen hatte, ein kleines Land brauche unbedingt "strategische Partner"! Gewiß war das zuweilen sinnvoll oder unvermeidbar, führte aber auch zu krassen Fehlentscheidungen. Das Verschleudern der "Bank Austria" an die "HypoVereinsbank" war wohl das schmerzlichste Beispiel. Rot-schwarzes Proporz- und Neiddenken machte eben nicht selten ausländische Konzerne zu lachenden Dritten.

Auslandsinvestitionen werfen natürlich Fragen auf: Werden heimische Arbeitsplätze exportiert? Kann die Expansion zur Pleite und damit zur Vernichtung von Kapital und Arbeitsplätzen führen? Macht man die Kleinarbeit, nur um dann von noch Größeren geschluckt zu werden? Umgekehrt: Werden in den übernommenen Betrieben Mitarbeiter wegrationalisiert und soziale Spannungen erhöht? Die Antworten sind von Fall zu Fall unterschiedlich. Bei Produkten und Dienstleistungen für lokale Märkte, etwa bei Baustoffen oder im Banken- und Versicherungssektor, gehen gewiß keine österreichischen Ar-beitsplätze verloren. Das im Osten unterentwickelte Bank- und Versicherungswesen läßt dort neue Arbeitsplätze für alle entstehen.

In Fertigungsbetrieben kann es Arbeitsplätze kosten - hüben und / oder drüben. Bei der "PETROM" etwa ist eine drastische Personalreduktion unvermeidlich, die man "durch natürlichen Abgang" bewerkstelligen will. Immerhin wird den Österreichern zugebilligt, daß sie dank besserem Verständnis für Sprachen und Kulturen sensibler mit lokalen Mitarbeitern umgehen. Zum Verlust österreichischer Arbeitsplätze kommt es dagegen in qualifizierten Berufen: Es ist eben billiger, manche Dienstleistungen für den heimischen Markt - etwa Programmentwicklung oder statische Berechnungen - bei einer Tochterfirma im Osten durchführen zu lassen.

Die Flughafen-Transaktion ist ein spezieller Fall, denn Wien und Preßburg sind nur 55 Kilometer voneinander entfernt. Folglich hatte man in Wien eine Verlagerung des Passagieraufkommens auf das viel billigere Preßburg befürchtet, in der Slowakei aber ein Abwürgen des Flughafens Preßburg. Das Ausschreibungsverfahren - bei dem eine Gruppe um den Flughafen Köln an dritter Stelle blieb - war zwar schon im Dezember entschieden. Die politischen Widerstände wurden aber erst Anfang Februar durch das slowakische Parlament beseitigt. Tatsächlich dürfte ein gemeinsames Unternehmenskonzept beiden Seiten Vorteile bringen, denn die Zwillingsflughäfen konkurrieren mit München, Zürich, Prag und Budapest. Erforderlich ist noch der Bau einer Schnellverbindung.

Was Investitionsrisiken betrifft, hoffen vor allem kleinere und mittlere Unternehmen auf eine weitere Verbesserung der Rechtssicherheit. Für Österreich besonders wichtig ist jedenfalls die politische Stabilität in Rußland, das schon vor der Wende ein verläßlicher Wirtschaftspartner war und von wo heute zahlreiche zahlungskräftige Urlauber kommen.


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