18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.02.06 / Das Fähnlein der preußischen Aufrechten / Neujahrsempfang der Preußischen Gesellschaft Berlin-Brandenburg im Hilton am Gendarmenmarkt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 11. Februar 2006

Das Fähnlein der preußischen Aufrechten
Neujahrsempfang der Preußischen Gesellschaft Berlin-Brandenburg im Hilton am Gendarmenmarkt

Preußens Glanz und Gloria - was man sich darunter vorzustellen hat, konnten die Teilnehmer des Neujahrsempfangs der Preußischen Gesellschaft Berlin-Brandenburg nachempfunden. Über 1000 Gäste hatten sich in der Belle Etage des Hilton Berlin am Gendarmenmarkt eingefunden, zum Meinungs- und Gedankenaustausch, um alte Freunde und Bekannte wiederzutreffen oder neue kennen zu lernen, um sich zu vergewissern, daß preußischer Geist und die rechten Lehren aus der Geschichte Preußens auch zur Lösung der heute brennenden Probleme einiges beitragen könnten.

Im Mittelpunkt der glanzvollen Veranstaltung stand die Rede des Vorsitzenden der Preußischen Gesellschaft, Volker Tschapke. Auf geistvolle Weise verstand er es, einen weiten Bogen von den preußischen Reformern zu den heute überfälligen Reformen zu schlagen. Unter anderem führte er aus:

Vor zehn Jahren gründete ein Fähnlein von einem knappen Dutzend Aufrechten die Preußische Gesellschaft Berlin-Brandenburg. Sie wollten Deutschland etwas Gutes wiedergeben: die bleibende preußische Idee. Sie hatten erkannt, was Deutschland an allen Ecken und Enden fehlt: Vaterlandsliebe, Selbstlosigkeit, Toleranz, Schlichtheit, Sparsamkeit, Gerechtigkeit, Treue, Geradlinigkeit, Pflichtbewußtsein, Unbestechlichkeit und Stolz vor Königsthronen, was manche als Zivilcourage bezeichnen. Nicht zu vergessen die sogenannten preußischen Sekundärtugenden wie Pünktlichkeit, Ordnungsliebe, Sauberkeit.

Zu denken gab dem Fähnlein der preußischen Aufrechten, wie bitter Kardinal Lehmann ein bekanntes Wort des Urpreußen Bismarck der gänzlich veränderten Situation in Deutschland anpassen mußte. Der Reichsgründer hatte im Februar 1888 vor dem Reichstag erklärt: "Wir Deutschen fürchten Gott, aber sonst nichts in der Welt, und die Gottesfurcht ist es schon, die uns den Frieden lieben und pflegen läßt." Kardinal Lehmann korrigierte zeitgemäß: "Heutzutage fürchten die Deutschen alles - nur nicht mehr Gott."

Schließlich sagte sich das preußische Fähnlein: Uns rufen Staatsreformer Carl August von Hardenberg und Dichter Heinrich Heine gleichermaßen mit ihren Feststellungen zum Positionieren und zum Handeln auf. Hardenberg nannte als leitendes Prinzip und Ziel "eine Revolution im guten Sinn, gerade hinführend zu dem großen Zwecke der Veredelung der Menschheit, durch Weisheit der Regierung und nicht durch gewaltsame Impulsion von innen oder außen". Heine befand: "Man muß die Deutschen von innen befreien, von außen hilft nichts."

Diese und weitere Gedanken, Maximen und Reflektionen bildeten für das preußische Fähnlein den geistigen Grundstock, 1996 im heutigen Palais am Festungsgraben und einstigen Wohnhaus des preußischen Reformpolitikers Freiherr vom und zum Stein die Preußische Gesellschaft Berlin-Brandenburg zu gründen. Im nun zehnten Jahr wirken wir gemäß unserer Satzung und unserer Programmatik daran, Deutschland von innen heraus zu erneuern. "Vorwärts", heißt die Parole, "wir müssen zurück." Zurück zu preußischen Wertvorstellungen, Tugenden und Idealen. Sie brachten vor 200 Jahren das am Boden liegende Land an die europäische Spitze. Das scheinbare Wunder könnte sich wiederholen.

Wir beschäftigen uns zwar intensiv mit der Historie, vor allem mit der preußischen, sind aber dennoch kein Geschichtsverein. Damit will ich sagen, daß uns tief im Hier und Heute verwurzelte Preußen-Freunde nicht gleichgültig läßt, was um uns herum geschieht: in der Politik wie in der Wirtschaft, in der Kultur wie in der Wissenschaft, in der Gesellschaft wie im Individuellen. Wir beziehen Stellung, wir mischen uns ein, wir agieren und reagieren. Kurz: Wir legen die preußische Meßlatte an. Das wird von uns erwartet. Dringlich, weil wir kein Blatt vor dem Mund nehmen und uns den Stolz vor Königsthronen bewahrt haben.

Ich erinnere nur an unseren republikweit diskutierten Vorschlag, die Große Hamburger Straße zur zentralen Gedächtnisstätte für die ermordeten Juden umzugestalten. Der authentische Ort hätte Steuerzahlern eine Menge Geld und dem Land viel Kritik erspart. Leider ward uns kein Erfolg beschieden. So müssen wir uns mit jetzt schon zerbröselnden Betonquadern arrangieren, die bald auch von edel aussehenden Marktbuden gesäumt werden.

Jüngst wandten wir uns mit einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister, den elenden Stadtbeschmierern endlich das üble Handwerk zu legen. Die tägliche Sprayer-Barbarei hatte das Denkmal Friedrichs des Großen und damit uns mitten ins Herz getroffen. Eine Antwort aus dem Roten Rathaus läßt auf sich warten.

Wir stehen dafür, die Schinkelsche Bauakademie wieder aufzubauen und den Großen Kurfürsten aus seinem Asyl in Charlottenburg zurück in die Schloßnähe zu holen. Wir wollen, daß die steingewordenen Generäle der Befreiungskriege ihren angestammten Platz vor der Schinkelschen Neuen Wache zurückerhalten.

Und wir wünschen das Stadtschloß zurück, damit eine schmerzliche Lücke endlich geschlossen wird. Unser Stolz vor Königsthronen verbietet uns jedoch in diesem Zusammenhang, zu einer Ungeheuerlichkeit zu schweigen. Worum es geht?

Stellen Sie sich vor, jemand käme auf die wahnwitzige Idee, alle Bismarck-Denkmäler zu schleifen. Bei dem einen, weil der Stadtpark verändert werden soll, bei dem anderen, weil es einem Supermarkt im Wege steht, beim nächsten, weil es irgendwelchen Superklugen so gefällt. Hinweg also mit dem Gedenken an die erste deutsche Einheit.

Das können Sie sich nicht vorstellen? Ich auch nicht. Deshalb kann und will ich nicht damit leben, daß mit dem Volkskammersaal im Palast der Republik die authentische Stätte der zweiten deutschen Einheit geschleift werden soll. Viele Jahre sind vor allem künstliche Argumente für den Abriß des intakten Palastes geboren und verbreitet worden. Viele Jahre also war Zeit, über den Verbleib des Volkskammersaales als authentisches Einheits-Denkmal nachzudenken und dazu konkrete Beschlüsse zu fassen. Beispielsweise, den Saal in das künftige Schloß zu integrieren.

Mir will nicht in den Sinn, daß eine alte Kanzler-Strickjacke als Symbol der zweiten deutschen Einheit sorgfältig aufbewahrt wird und der Ort der historischen Abstimmung in der Nacht vom 22. zum 23. August 1990 vernichtet werden soll.

Ich wende mich an unsere Bundeskanzlerin und Schloß-Befürworterin Dr. Angela Merkel, diesem historischen Frevel Einhalt zu gebieten und eine bindende Entscheidung über den authentischen Ort der zweiten deutschen Einheit zu fassen respektive fassen zu lassen. Frau Merkel hatte als stellvertretende Regierungssprecherin in diesem Volkskammersaal ihre ersten politischen Meriten erworben. Sie weiß also, daß hier die Einheits-Entscheidung getroffen wurde, nicht irgendwo anders ...

Zurück zur aktuellen Föderalismus-Diskussion. Der Artikel 29 bietet dem freien und souveränen deutschen Volk die Möglichkeit, in freier Abstimmung Deutschland nach eigenen Vorstellungen neu zu gliedern. Fest und unbeirrbar zu den Aussagen des Grundgesetzes stehend, rege ich an, von diesem verfassungsmäßig verbrieften Recht endlich Gebrauch zu machen.

Ich will preußisch klar meinen Vorschlag zur Neugliederung Deutschlands ansprechen. Wie überall in deutschen Landen aus zunehmender Vernunft und zunehmender Not geborene Gemeinde-Verbände entstehen, in der jede Gemeinde ihre Identität behält, sollten die deutschen Länder in ihren Grenzen und mit ihrem Namen weiter bestehen bleiben, doch sich in maximal drei Bereichen zum effektiveren und kostengünstigeren Regieren und Verwalten zusammenschließen. Ich denke in horizontaler Gliederung an einen norddeutschen, einen mitteldeutschen und einen süddeutschen Bereich. In historischer Anlehnung könnten sie sich Norddeutscher, Mitteldeutscher und Süddeutscher Bund oder aber Norddeutschland, Mitteldeutschland und Süddeutschland nennen.

Jeder von uns weiß, daß die Zersplitterung Deutschlands dem Land zum Schaden und den internationalen Konkurrenten zum Vorteil gereicht. Sie mutet im Zeitalter der Globalisierung geradezu hinterwäldlerisch an. Kleingeistiges Denken gebiert nichts Großes. Das gilt für alle Bereiche unserer Gesellschaft - für die Wirtschaft ebenso wie für die Bildung, für die Wissenschaft wie für die Kultur. Deutschland ist mittlerweile hoffnungslos überfrachtet mit reglementierenden, selbstherrlichen und steuergeldverschlingenden Behörden, Verwaltungen und Verhinderungseinrichtungen.

Die Vorteile der von mir vorgeschlagenen Neugliederung brauche ich nicht aufzuzählen - sie sind Legion. Einen möchte ich erwähnen: Die einzelnen Bundesländer wären gezwungen, über ihren Länder-Tellerrand hinauszuschauen und ihren zwar verständlichen, doch oft hinderlichen Länderegoismus zugunsten einer größeren Gemeinschaft zu reduzieren. Die Neugliederung zöge naturgemäß eine Neuverteilung der Aufgaben von Bund und Ländern mit sich und führte zur dringend gebotenen Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung. Meine Überzeugung ist, daß wir mit der horizontalen Gliederung zugleich das zerstörerische Ost-West-Auseinanderdriften überwinden, der Einheit des Vaterlandes dienen und die nationale Identität stärken.

Ohne Nationalgefühl wird Deutschland in der Globalisierung nicht bestehen können, davon bin ich felsenfest überzeugt. In dieser Auffassung bestärkt mich Immanuel Kant, der da sagte: "Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden, als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenheiten ihres Geistes und ihre Sprache nimmt."

Ein toleranter Preuße wie ich kann sich selbstredend auch über einen Sachsen freuen, der aus dem Sauerland stammt. Vorausgesetzt, von ihm kommt Bedenkenswertes. Das kam von Professor Georg Milbradt. Man kann von dem sächsischen Ministerpräsidenten manches sagen, doch von Finanzen versteht er was. Das belegt eindrucksvoll seine ehrenvolle Auszeichnung "Eiserner Steuergroschen" vom Bund der Steuerzahler. Jüngst beklagte er, daß sich die offizielle Staatsverschuldung in Deutschland zielstrebig der Marke von 1,5 Billionen Euro nähert. Dieser alarmierenden Entwicklung könne nur durch ein im Grundgesetz verankertes konsequentes Verschuldungsverbot Einhalt geboten werden.

Bravo! Des sauerländischen Sachsen Meinung ist des Preußen Meinung. Schluß mit der Schuldenmacherei! Der Staat hat mit dem auszukommen, was schuldenfrei in die Kassen klimpert. Schluß mit der abenteuerlichen - um nicht zu sagen unseriösen - Methode, auf der Basis mehr oder minder fragwürdiger Prognosen von Wirtschaftsweisen Haushaltspläne aufzustellen! Sie entpuppen sich regelmäßig als Wolkenkuckucksheime, weil die Wirtschaftsprozesse nicht wie die Weisen wollen. Fatal die Folge: Da die Haushaltspläne mit ihren festgezurrten Vorhaben zum Gesetz erhoben werden, müssen ausbleibende Einnahmen durch Kreditaufnahmen ausgeglichen werden. Denken Sie beispielsweise an das Maut-Desaster. Die auf Heller, Pfennig und Cent ausgerechneten Einnahmen wurden verplant. Als sie ausblieben, weil die Chose nicht funktionierte, mußten Kredite her. Das nenne ich wahnwitzig.

Selbstverständlich bin ich nicht so weltfremd zu glauben, eine Änderung dieses Luftnummern-Prinzips verbunden mit dem Verschuldungsverbot ließe sich von heute auf morgen erreichen. Den Zeitraum einer Legislaturperiode muß man dafür ansetzen. Aber welcher Rittersmann oder Knapp wagt den Schritt zurück zur Normalität? Die Rittersfrau und ihre Knappen jedenfalls nicht. Sie legen 41 Milliarden auf unser aller Schuldenberg drauf. Unbarmherzig tickt die Schuldenuhr: 1714 Euro kommen pro Sekunde hinzu. Die neuen 41 Milliarden noch nicht berücksichtigt.

Ins Stammbuch der Regierung will ich schreiben, was Friedrich der Große seiner Verwaltungsbehörde für Finanzen und Inneres mitteilte: "Dem Generaldirektorium wird hierdurch aufgegeben, auf eine bessere Ökonomie zu sehen und das Geld nicht so wegzuschmeißen, sondern so zu gebrauchen, wo es besser angewandt ist, zur Erhaltung der Untertanen ..." An anderer Stelle sagte der Staatslenker: "Infolgedessen leben wir nicht auf Vorschuß, sondern legen jedes Jahr zurück." H.J.M.

Preußen unter sich: Volker Tschapke, Präsident der Preußischen Gesellschaft Berlin-Brandenburg, bei seiner Festrede auf dem Neujahrsempfang.

Uniformen - gern gesehen: Neben dem Alt-Berliner Polizisten mit historischem Tschako sah man unter den Gästen auch zahlreiche aktive Offiziere der Bundeswehr und anderer Armeen aus aller Welt Fotos (3): privat


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren