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25.02.06 / 30 Jahre in die falsche Richtung reformiert? / Neue Untersuchung an Berliner Schulen gibt dem klassischen "Frontalunterricht" die besten Noten

© Preußische Allgemeine Zeitung / 25. Februar 2006

30 Jahre in die falsche Richtung reformiert?
Neue Untersuchung an Berliner Schulen gibt dem klassischen "Frontalunterricht" die besten Noten
von Annegret Kühnel

Nach über 30 Jahren verfehlter Einwanderungspolitik und Schulreformen kennt wahrer Fortschritt nur noch einen Weg: die Umkehr! Das ergibt sich aus dem Zwischenbericht einer Studie, die Wissenschaftler der Freien Universität Berlin zur Sprachkompetenz von Grundschülern erarbeitet haben.

Die Forscher fanden heraus, daß die besten Lernerfolge dort erzielt werden, wo Lehrer wie in der alten Paukschule an der Tafel stehen, während die Schüler in ihren Bankreihen sitzen und nach vorn sehen. Auf diese Weise hat der Lehrer die Schüler am besten im Blick und kann sehen, wer unaufmerksam ist oder Schwierigkeiten hat. Er gibt die Etappenziele der Unterrichtstunde vor und führt die Kinder an sie heran. In der Fachsprache: Die geforderte Mischung aus verbindlichen Vorgaben und individueller Förderung wird durch die alten Methoden am besten erreicht. Sogar die antiquierte Lesefibel kommt wieder zu Ehren. Die Studie wurde an sozialen Brennpunkten erstellt und beschäftigte sich mit 1200 Kindern, darunter 70 Prozent Ausländerkinder. Angeregt hatte sie Bildungssenator Klaus Böger (SPD), der dem rechten Flügel seiner Partei angehört und immer mal wieder versucht, dem gesunden Menschenverstand in der Berliner Politik eine Stimme zu geben.

Die Berliner Untersuchung schmeißt über den Haufen, was gefeierte Experten jahrzehntelang für den unumstößlichen Ausdruck zeitgemäßer Pädagogik gehalten hatten. Bisher galt nur der "offene Unterricht" als modern, wo die Schüler die Lehr-inhalte und die Geschwindigkeit der Vermittlung weitgehend selber bestimmen und Lehrer als kollegiale "Lernberater" fungieren. In ihren Wochenarbeitsplänen können die Schüler selber festlegen, wann sie welche Aufgaben erledigen. Dahinter steht die Annahme, daß Kinder nicht lernen, wenn man sie belehrt, sondern dann, wenn sie an den Lernstoff "herangelassen" werden. Durch die individuelle Festlegung der Lerngeschwindigkeit würde die Chancengerechtigkeit steigen, da jedes Kind eine andere Lerngeschwindigkeit habe.

Auf Schüler mit einem bestimmten Grundwissen und Reife trifft das sicher zu. Andererseits liegt die Gefahr auf der Hand, einem endlosen Palaver Tür und Tor zu öffnen und Schülerpersönlichkeiten heranzuziehen, die hart um ihre Rechte streiten, ihre Pflicht zum Wissenserwerb aber aus den Augen verlieren.

In Berlin sind die Ergebnisse eindeutig: 50 Prozent der Schulabgänger sind hier nicht oder erst nach gründlicher Förderung überhaupt ausbildungsfähig. Die Bildungskatastrophe ist also schon da. Sie hat sich verstärkt durch den hohen Ausländeranteil an den Schulen. Die Hoover-Schule im Wedding, wo Deutsch daher als Pausensprache verordnet wurde, machte kürzlich bundesweit Schlagzeilen. Gerade bei Kindern, die in traditionellen Familienverbänden aufwachsen, wirkt der Verzicht auf die Lehrerautorität sich nachteilhaft aus. Ein klar strukturierter Sprachunterricht kann helfen, Lücken wenn nicht auszugleichen, so doch zu verringern.

Sprachprobleme sind zumeist mit einer allgemeinen Leistungsschwäche verbunden. Wer ein oder zwei Sprachen nur leidlich beherrscht, dessen Fähigkeiten zur Verarbeitung von Informationen sind zwangsläufig unterentwickelt. Die Studie soll also helfen, auf einer abschüssigen Bahn die Notbremse zu ziehen.

Nicht jede offene Unterrichtsform entsprang einem abgehobenen Fortschrittswahn, manche wurden aus der Not geboren. In einer Neuköllner Oberschule zum Beispiel sind die Klassenverbände aufgelöst worden. Wie einst in der alten Landschule werden die Kinder der Klassenstufen eins bis drei und vier bis sechs gemeinsam unterrichtet.

Die Idee: Die Kleinen sollen den Großen zuhören, die Großen den Kleinen etwas erklären und dabei den Lernstoff für sich vertiefen. Auf diese Weise wird wenigstens ein Mindestmaß an Fachwissen und der Fähigkeit zum angemessenen Umgang mit anderen vermittelt, was angesichts des verheerenden Leistungsstands vieler Berliner Schüler gerade in den Problemstadtteilen schon als Erfolg gilt. Das kann aber nicht genügen. Weil sich Sprachlücken bei Grundschülern noch am ehesten beheben lassen, werden solche Mischformen für sie wohl bald der Vergangenheit angehören.

Düster sieht es für die älteren Schüler aus. Sozialarbeiter sprechen von einer "verlorenen Generation", bei der es nur noch darum gehe, die schlimmsten Auswüchse zu verhindern. Eine Oberschule in Kreuzberg erteilt nur noch in der Hälfte der Wochenstunden regulären Unterricht.

In der anderen Hälfte werden Schüler zu "Arenen-Klassen" zusammengefaßt, die sich mit Themen wie Gesellschaft, Medien, Technik und so weiter beschäftigen. Vier Wochenstunden werden von Handwerkern und Ingenieuren übernommen. Das Modell heißt: "Schule im Gesellschaftlichen Verbund". So sollen Kinder aus "bildungsfernen Schichten" an praktische Berufe herangeführt werden. In einer anderen Schule werden fünf Minuten von jeder Stunde "eingespart", gesammelt und für einen Extra-Sprachunterricht genutzt, aber auch für "Führerscheintheorie" - irgendwie muß das Interesse an der Schule wachgehalten und soziales Verantwortungsgefühl geweckt werden. Wenigstens das.


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