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25.02.06 / Ihr Verhalten erinnert an die Sowjets / Neues Buch behandelt die an deutschen Schulen tabuisierten Verbrechen der französischen Besatzer in Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / 25. Februar 2006

Ihr Verhalten erinnert an die Sowjets
Neues Buch behandelt die an deutschen Schulen tabuisierten Verbrechen der französischen Besatzer in Deutschland
von Hans-Joachim von Leesen

Vor wenigen Monaten ist ein Buch erschienen, das sich mit der französischen Besatzungspolitik in Deutschland nach den Zweiten Weltkrieg unter dem Titel "Besetzt" beschäftigt - im großen und ganzen eine materialreiche, ausführliche und weitgehend auch sachliche Darstellung, welche die erste zusammenfassende deutsche Bearbeitung dieses wichtigen Kapitels der deutschen wie auch französischen Nachkriegsgeschichte bietet. Dabei fördert der Autor, Volker Koop, in früheren Zeiten einmal Sprecher des CDU-Landesverbandes Schleswig-Holstein, Tatsachen zutage, die in weitesten Kreisen Deutschlands bisher unbekannt waren. Die Fakten unterscheiden sich diametral von dem, was in heutigen bundesrepublikanischen Schulen über die Besatzungszeit vermittelt wird. Da erfährt man detailliert, wie die in Deutschland einrückenden französischen Militäreinheiten gehaust haben - von systematischen Massenvergewaltigungen, Brandschatzungen und Plünderungen großen Stils bis zu gerissenen und durchtriebenen Schikanen gegen die Zivilbevölkerung - so daß man sich fragt, ob sich das Verhalten der damals auf Seiten de Gaulles kämpfenden Franzosen wesentlich unterschieden hat vom Verhalten der Sowjettruppen im besiegten Deutschland.

Was aber dem kritischen Leser übel aufstößt, ist der Versuch von Volker Koop, diese französischen Kriegsverbrechen zu rechtfertigen mit Verweisen auf angeblich gleiches Verhalten der deutschen Wehrmacht in Frankreich. Dabei übernimmt er kritiklos aus der Greuelpropaganda stammende Behauptungen wie etwa die, die Wehrmacht habe 175000 französische Zivilisten als Geiseln erschossen. Eine seriöse Quelle nennt er nicht. Koop behauptet, 4,5 Millionen Franzosen hätten in Deutschland während des Krieges Zwangsarbeit leisten müssen, womit er das Wüten der französischen Truppen in Deutschland erklärt. Selbst Ulrich Herbert, dessen Buch "Fremdarbeiter" (1999) in den Jahren, als die deutsche Wirtschaft Milliarden Euro erneut aufbringen mußte für die Entschädigung von Fremdarbeitern, gern als Quelle benutzt wurde, kommt in der Spitzenzeit, als am meisten Fremdarbeiter beschäftigt wurden, nur auf 654000 Zivilarbeiter, die zudem mit Arbeitsverträgen - bis August 1942 sogar nur befristet, dann unbefristet - beschäftigt wurden, sowie auf 600000 französische Kriegsgefangene. Dabei läßt er noch unerwähnt, daß diese seit Oktober 1941 Vergünstigungen hatten, von denen deutsche Kriegsgefangene in alliierter Hand nur träumen konnten, wie Einzelausgang, Teilnahme an Gottesdiensten, Besuch von Museen und Kunststätten oder Besuchserlaubnis für Ehefrauen, Kinder und Mütter.

Koop berichtet von Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen durch französische Soldaten und von Brandstiftungen und Plünderungen ganzer Dörfer und Städte - zwei Tage lang war Freudenstadt den französischen Truppen zur Plünderung freigegeben - und rechtfertigt diese Untaten mit angeblich gleichem Vorgehen der deutschen Wehrmacht (in seinem Jargon: der "Nazi-Wehrmacht") in Frankreich - wieder ohne Quellenangaben. Überhaupt dürfte es manchen Leser verärgern, daß der Autor gern Propagandabezeichnungen wie "Nazi-Reich" statt Deutsches Reich oder "Nazi-Besatzung" statt deutsche Besatzung benutzt. Und eine Geschichtsklitterung ist es, wenn er die deutsche Offensive gegen Frankreich als "Nazi-Überfall" bezeichnet. Schließlich hatte nicht das Deutsche Reich Frankreich den Krieg erklärt, sondern umgekehrt brach Frankreich durch seine Kriegserklärung gegen Deutschland den deutsch-französischen Krieg vom Zaum.

Aber ein solches Verfahren ist nicht spezifisch für den Verfasser des Buches "Besetzt", so oder ähnlich argumentieren viele der heutigen beamteten Historiker und liefern damit den Beweis dafür, daß sie immer noch nicht zu einer Verwissenschaftlichung der Geschichtsschreibung bereit sind.

Hat man den Ärger über solche zeitgeistkonformen Formulierungen von Volker Koop überwunden, dann erfährt man bei der Lektüre erstaunliche Dinge. Der Rezensent bekennt, daß ihm das Ausmaß der von der französischen Truppe in Südwestdeutschland begangenen Kriegsverbrechen nicht bekannt war. Auch die dann folgende Besatzungspolitik ist in Deutschland außerhalb der damals direkt betroffenen Gebiete weitgehend Neuland. Ziel Frankreichs war es, über seine Besatzungszone Einfluß auf die Gestaltung Deutschlands nach dem Krieg zu gewinnen. Und dieser Einfluß unterschied sich nicht wesentlich von den Bestrebungen Frankreichs seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges: Deutschland sollte so weit wie möglich zersplittert werden, um an Frankreichs Ostgrenze schwache Staatsgebilde zu haben, die keinerlei politisches Eigengewicht geltend machen können. So bescherte uns Frankreich die heutige Form des Föderalismus, der heute von unseren Parteien so verbissen verteidigt wird. Den wichtigen Rheinhafen Kehl wollte Frankreich ebenso annektieren wie das Saargebiet.

Ein schreckliches Kapitel bildet die Behandlung der deutschen Kriegsgefangenen. Die US-Amerikaner und die Briten hatten dem Spätsieger Frankreich 765000 Kriegsgefangene überlassen (auch ein Kriegsverbrechen, da völkerrechtlich unzulässig), welche die Franzosen zusammen mit den 200000 Soldaten, die sie selber gefangengenommen hatten, als Zwangsarbeiter im Bergbau einsetzten. Zunächst plünderten die Franzosen die Gefangenen gründlich aus: Uhren, Schuhe, Kleidungsstücke, Schmuckstücke, Fotoapparate und was auch immer die Kriegsgefangenen privat besaßen, wurde ihnen weggenommen.

Die Gefangenen mußten hungern, was Tausenden das Leben kostete. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz geht davon aus, daß zwischen 167000 und 314000 Kriegsgefangene in französischen Lagern zu Tode gekommen sind. In vielen Fällen sei die Situation der deutschen Kriegsgefangenen in Frankreich "schlimmer als in den ehemaligen deutschen KZs gewesen", so die Washingtoner Zentrale des American Red Cross. Und es waren dann auch die US-Amerikaner, die schließlich gegen die menschenverachtende Politik der Franzosen gegenüber den deutschen Gefangenen einschritten. Als Frankreich sich weigerte, bis Ende 1948 alle Gefangenen zu entlassen, und dieses damit begründete, daß man die Arbeitskräfte benötige, bot der US-amerikanische Außenminister seinem französischen Amtskollegen als Ersatz die in Deutschland befreiten Displaced Persons an. Wie er berichtete, lehnte Frankreich ab, deren Begründung: "Die Juden wollen sie selbst nicht haben".

Die Lektüre des Buches "Befreit" ist kein Vergnügen. Im Gegenteil, sie schmerzt. Dennoch ist ein solches Buch notwendig, damit endlich in Deutschland eine klare Sicht auf unsere Vergangenheit geschaffen wird. Und es belegt einmal mehr, daß es zynisch ist, die Siegermächte als "Befreier" zu titulieren.

Volker Koop: "Besetzt - Französische Besatzungspolitik in Deutschland", bebra, Berlin 2005, geb., 352 Seiten, 24,90 Euro

Ausweiskontrolle am Schlagbaum: Wie im Osten die Sowjets versuchten im Westen die Franzosen, durch eine innerdeutsche Grenze einen Teil ihrer Besatzungszone Deutschlands als Kriegsbeute abzutrennen. Foto: Archiv


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