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04.03.06 / Pflügers Silberstreif glänzt rot / Genossenkrieg zwischen WASG und Linkspartei gefährdet die Wahlchancen für Wowereits Senatskoalition

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. März 2006

Pflügers Silberstreif glänzt rot
Genossenkrieg zwischen WASG und Linkspartei gefährdet die Wahlchancen für Wowereits Senatskoalition
von Patrick O'Brian

Es ist ein ungleicher Kampf zwischen Friedbert Pflüger und Klaus Wowereit. Der Regierende Bürgermeister traf sich vergangene Woche mit seinen Kollegen aus Moskau, London und Paris und durfte sich so unter Blitzlichtgewitter in der Pose des "Staatsmannes" aalen. Wie gut solche Auftritte ankommen, belegen die Beliebtheitswerte von weiland Joschka Fischer und heute Angela Merkel. Auf dem roten Teppich vermeintlicher Weltpolitik merkt dem SPD-Politiker kaum noch jemand an, daß er im Grunde bloß der Chef einer bankrotten Kommune ist.

Gleichzeitig muß sich Wowereits CDU-Herausforderer Friedbert Pflüger - obwohl formal ein Mitglied der Bundesregierung und damit eigentlich qua Amt von nationaler Bedeutung - durch die Niederungen der Landespolitik kämpfen. Er ist fremd in den Kiezen der Hauptstadt und geht eifrig Händeschütteln, um das zu ändern. Ein Neujahrsempfang irgendeines Vereins, ein Fototermin im Olympiastadion und so weiter. Neuerdings gehört der Niedersachse Pflüger sogar dem Fußballclub Hertha BSC an.

Als er vergangene Woche bekräftigte, auch 2011 noch als Spitzenkandidat zur Verfügung zu stehen, wurde indes sogar dem Letzten klar: Pflüger selbst rechnet mit einer Niederlage bei den Landtagswahlen im kommenden September. Tragisch für einen Kandidaten, wenn er das schon sieben Monate vor dem Urnengang weiß.

Jetzt kommt dem Staatssekretär im Verteidigungsministerium allerdings eine Entwicklung zugute, die weder er noch Wowereit aktiv beeinflussen kann. Der Koalitionspartner der SPD gerät in Schwierigkeiten. Die Fusion zwischen der Linkspartei und der Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG) ist in Berlin so gut wie gescheitert.

Vergangenes Wochenende traten die Delegierten der WASG Berlin zusammen. Es ging um die Septemberwahl. Die Delegierten hatten darüber zu entscheiden, ob die WASG selbst antritt oder gemeinsam mit dem SED- und PDS-Erben namens Linkspartei.

Die Pragmatiker hatten bis zuletzt auf eine Kooperation mit der Linkspartei gehofft. Schließlich existiert ein Abkommen zwischen den Parteien, das ein Antreten beider Formationen bei ein und demselben Urnengang ausschließen soll. Die Masse der WASG-Delegierten sah das aber anders. Mit satten 91 zu 39 Stimmen entschieden sie sich, mit einer eigenen Liste anzutreten. Das saß.

Die Unlust der WASG an der Zusammenarbeit mit der Linkspartei hat vor allem einen Grund: die Regierungsbeteiligung der Linken/PDS in Berlin. Die WASG war schließlich als Antwort auf die als unsozial empfundene Politik von Rot-Grün gegründet worden. Hier in der Stadt trägt die PDS jedoch seit 2002 genau diese Politik des Senats, wie Kürzungen beim Arbeitslosengeld II oder Ein-Euro-Jobs, gezwungenermaßen mit.

"Wir wollen keine Partei, die sonntags vom Sozialismus redet und montags Sozialabbau betreibt", hielt Landesvorstandsmitglied Lucy Redler den Fusionsbefürwortern auf dem Parteitag entgegen. In Umfragen steht die WASG bei vier Prozent.

Viel wird für die Partei davon abhängen, ob es ihr gelingt, in Rheinland-Pfalz in den Landtag zu gelangen, wo sie ebenfalls auf vier Prozent taxiert wird (in Baden-Württemberg nur auf zwei). Die WASG Berlin glaubt, aus eigener Kraft gegen die PDS mit sechs Prozent ins Abgeordnetenhaus einziehen zu können. Dann wäre die ohnehin gefährdete Mehrheit des rot-roten Senats endgültig dahin.

Inzwischen ist auch der Linkspartei die Lust an der Zusammenarbeit mit der WASG vergangen. Sehr deutlich wurde Bodo Ramelow (Linke/PDS), der Fusions-Beauftragte seiner Partei. Er sprach von einer "Unverschämtheit" und nannte den Beschluß "an Absurdität nicht mehr zu überbieten".

"Wer keinen Dialog will", schäumt Ramelow, "dem muß man nicht ständig Zeit anbieten." Damit begründete er den Abbruch der Fusionsgespräche. Ramelow forderte die WASG-Parteiführung indirekt auf, den gesamten Landesverband der Partei aufzulösen: "Die Berliner WASG ist rechtlich nicht eigenständig, sondern Teil der Bundespartei und kann sich nicht gegen deren Politik stellen. Dann müssen die Berliner eben eine eigene Partei bilden."

Eine letzte Chance haben die Befürworter der Fusion der beiden extrem-linken Parteien noch: Bis kommenden Dienstag läuft eine Urabstimmung aller 800 WASG-Mitglieder in Berlin, deren Ausgang den Parteitagsbeschluß kippen könnte.

Tut sie es nicht, dann sind die Brücken wohl endgültig abgebrochen. Das hat dann womöglich auch Konsequenzen für die Bundespolitik. Es könnte geschehen, daß den Linken ihre gesamte Bundestagsfraktion "um die Ohren" fliegt. Die Statuten des Bundestags erlauben Fraktionsgemeinschaften wie die von CDU und CSU nämlich nur dann, wenn beide Parteien nirgendwo miteinander konkurrieren.

"Nur ein Drittel der Eltern ist erwerbstätig": Berlins Bildungssenator Klaus Böger (SPD) will mit türkischsprachigen Plakaten Ausländerkinder in die Kitas locken (siehe Beitrag unten). Foto: HF


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