29.03.2024

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11.03.06 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 11. März 2006

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geeden

Lewe Landslied und Familienfreunde,

die Information über den Kirchlichen Suchdienst HOK in Nummer 8 hat eine erfreuliche Resonanz gefunden, so können wir Aufklärungsarbeit über Aufklärungsarbeit leisten und helfen manchen Neulesern auf den richtigen Suchweg. Nun erreichte mich ein Schreiben von unserem Leser Werner Nagel, das eine konkrete Suchfrage enthält. Ehe ich auf diese eingehe, möchte ich ein Thema ansprechen, das er in den ersten Zeilen seines Schreibens behandelt, denn sie sind der Grund, hier eine weitere Information zu dem großen Problem der Suche nach Vermißten oder Aufklärung über ihr Schicksal zu geben. Herr Nagel schreibt: "Seit Mai 2003 bemühe ich mich über die Liga für Russisch-Deutsche Freundschaft in Moskau um die Rückgabe der mir im März 1945 in Pommern abgenommenen Privatsachen wie Bilder, Ausweis und andere Dokumente, die sich in meiner Brieftasche befanden und in einen Schnellhefter mit Vernehmungs- und anderen Protokollen geheftet wurden. Von russischer Seite ist man jedoch sehr bemüht, mir meine abgenommenen Privatpapiere auszuhändigen und bittet wiederholt um weitere und genauere Angaben." Herr Nagel hat also diese Moskauer Institution bemüht, über die - wie ich wiederholt feststellen muß - noch immer zu wenig bekannt ist, obgleich wir schon längere Berichte über deren erfolgreiche Tätigkeit veröffentlicht haben. Da uns ja immer wieder neue Leserinnen und Leser schreiben, die nach vermißten Angehörigen suchen, will ich heute einige Informationen über diesen Suchdienst geben.

Als uns im Mai vergangenen Jahres der Präsident der Liga für Deutsch-Russische Freundschaft, Dr. Andrei Rumjanzew, in Hamburg besuchte, konnte er im Rahmen einer von der Landsmannschaft Ostpreußen in ihren Räumen veranstalteten Pressekonferenz auf eine zehnjährige erfolgreiche Arbeit ihres Suchreferates hinweisen. Diese öffentliche gemeinnützige Organisation, die vom Russischen Staatlichen Archivdienst unterstützt wird, bietet eine möglichst schnelle und detaillierte Aufklärung der Schicksale von in Rußland oder den ostdeutschen ehemaligen Kampfgebieten vermißten Soldaten und verschleppten Zivilpersonen, zu denen vor allem Frauen und Kinder gehören. Gesammelt werden nicht nur Daten, sondern auch die in den Akten enthaltenen persönlichen Papiere wie Soldbücher, Briefe, Fotos, Ausweise und andere Dokumente, die der Vermißte bei sich trug. Sie werden ergänzt durch Unterlagen aus der Gefangenschaft wie Verhörprotokolle oder - im Todesfalle - durch die Krankengeschichte, Sterbeurkunde und Grabbeschreibung mit Ortsangabe. Natürlich nicht immer vollständig, aber man bemüht sich bei der Liga sehr, alle vorhandenen Unterlagen zu erfassen. Nach unserer ersten Veröffentlichung vor vier Jahren wurden in kürzester Zeit 23 Suchfragen geklärt. Auf der Pressekonferenz im Mai 2005 konnte Dr. Rumjanzew auf Hunderte von Erfolgsfällen hinweisen, wozu auch wir beigetragen haben. Aber nun ist es doch Zeit, noch einmal den Suchweg aufzuweisen, der vor allem zu Beginn der Aktion nicht ganz einfach war.

Voraussetzung für die Bearbeitung einer Suchanzeige sind möglichst genaue Angaben im Fragebogen, die auch auf nicht abgesicherten Aussagen Dritter beruhen können. Dies gilt vor allem bei Suchanfragen für amtlich erteilte Auskünfte und die Zusendung möglicher offizieller Kopien oder persönlicher Unterlagen. Der Antrag erfolgt auf einem Suchanzeige-Formular, das von der Liga auf Anforderung zugesandt wird. Falls kein Formular vorhanden ist, kann die Anfrage in deutscher Sprache schriftlich per Post - Einschreiben oder Luftpost - gestellt werden an Suchreferat Moskau, Liga für Russisch-Deutsche Freundschaft, Maroseika-Straße 7/8-27, A / Nr. 190, RU 101 000 Moskau / Rußland, Fax 0 07 / 4 95 / 2 06 84 67, E-Mail: suchreferat.moskau@telsycom.ru.

In Moskau bemüht man sich, möglichst bald eine erste Information zu geben. Entweder "negativ" mit Originalstempel des Archivs, im positiven Falle mit der genauen Angabe über die persönlichen Unterlagen und die Daten zu dem oder der Vermißten wie Sterbedatum, Todesursache, Ort der Ruhestätte, Seitenzahl der Archivakte. Sie sind mit dem staatlichen Siegel ausgestattet, das juristische Kraft hat.

Die Kosten! Da die Liga weder staatliche Unterstützung noch Spenden erhält, ist sie auf eine Kostenübernahme durch den Antragsteller angewiesen. Für die erste Grundprüfung wird eine Gebühr von 30 Euro, für Kopien, Beglaubigungen und Kurierdienst mit Porto werden 200 Euro verlangt. Die Gebühr für eine gewünschte komplette Übersetzung der Unterlagen richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit.

Daß heute noch immer nach unseren ersten Veröffentlichungen Anfragen kommen, können nicht nur wir vermerken. Gerade schrieb mir Herr Hans-Egon von Skopnik, der selber als einer der ersten Suchenden die besten Erfahrungen mit der Liga gemacht hat, daß sich noch immer Leser an ihn wenden, denen er dann mit eingehenden Informationen helfen kann.

Aber nun zu dem Schreiben von Herrn Nagel, dem Ausgangspunkt für diese eingehende Information. Als Gehbehinderter war der 1922 Geborene nicht Soldat, sondern kam im Januar 1945 zusammen mit anderen ostpreußischen Flüchtlingen in den Kreis Schlawe / Pommern. Er war dort mit Gertrud Pareigat aus Tilsit auf einem Brennerei-Gut in der Nähe von Pollnow zusammen, dessen Verwalter Max Klein mit der Schwester der Tilsiterin, Martha Pareigat, verheiratet war. Nach dem Russeneinfall wurde im Raum Pokknow / Schlawe ein Transport von etwa 800 Männern und 400 Frauen zusammengestellt, die zuerst im Fußmarsch nach Konitz, dann mit der Bahn nach Graudenz gebracht wurden. Dort erfolgte ein namentlicher Aufruf nach den persönlichen Unterlagen, die - für jeden getrennt - in Jutesäcken mitgeführt wurden. Dann ging es weiter nach Soldau, von wo der Abtransport nach Rußland erfolgen sollte. Ohne Werner Nagel, der als krank geltend nach Graudenz zurückgebracht und von dort Anfang Mai entlassen wurde. Herr Nagel fragt nun, ob es noch Landsleute gibt, die mit diesem Transport von Soldau aus nach - wohin? - gebracht wurden. Wo war Zwischenstation, was war das "Lagerziel"? Wer erinnert sich an Martha Klein, * 1907/8, und ihre Schwester Gertrud Pareigat, * 14. April 1911? Was wurde aus den Jutesäcken mit den persönlichen Sachen und Protokollen? Herr Nagel hat bisher nichts unversucht gelassen, um seine Sachen wiederzubekommen. Seine über Jahre geführten Recherchen blieben ohne Erfolg, die Liga bemüht sich, kam aber bisher nicht weiter. Er sieht nun die einzige Chance darin, daß sich durch diese Veröffentlichung Schicksalsgefährten von damals melden, die sich in diesem oder einem gleichzeitig stattfindenden Transport befanden (Werner Nagel, Berliner Ring 10 in 24594 Hohenwestedt, Telefon 0 48 71 / 25 58).

In jenen letzten Kriegstagen muß auch in einem Lazarett in Danzig-Langfuhr der Onkel von Sigrid Matthée-Kohl verstorben sein, aber es gibt keine genauen Angaben, weder über seinen Tod noch über seinen Dienstgrad oder seine Einheit. Der unverheiratete Franz Matthée, * 6. April 1904 in Groß Wersmeningken, Kreis Gumbinnen, war im Zivilberuf Inspektor in Pogauen im östlichen Samland. Frau Matthée-Kohl besitzt noch ein Gesangbuch mit seiner Widmung. Doch diese Suchfrage ergab sich erst aus einem Telefongespräch, das ich mit ihr nach Durchsicht ihrer Unterlagen führte. Sie hatte mich um die Veröffentlichung eines anderen Suchwunsches gebeten, der ihren Vater betraf. Dieser führt zwar auch in jene Zeit zurück, geht aber an die damalige Westfront, nach Luxemburg. Ihr Vater, der Unteroffizier Heinz Matthée, war Anfang Januar 1945 in Euskirchen auf der Durchfahrt mit seinem Panzerwagen bei Wilhelm Wirtz abgestiegen, wohl ein Kamerad. Der Panzer stand in Richtung Eifel. Bei der Großoffensive am 8. Januar im luxemburgischen Dahl soll Heinz Matthée dabei gewesen sein. Dort will man seine Erkennungsmarke gefunden haben, die auch angeblich seiner Frau übersandt wurde. Diese hat die Marke aber nicht erhalten und auch nie etwas über den Tod erfahren können. Die Namen der in Dahl gefallenen deutschen Wehrmachtsangehörigen stehen auf einer großen Tafel auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Sandweiler - aber der Name "Heinz Matthée" ist nicht vermerkt. Nun fragt die Tochter, ob jemand von unseren Lesern auch bei diesen Kämpfen dabeiwar und Näheres sagen kann, vielleicht sogar ein Kamerad ihres Vaters war. Er gehörte dem Schw.Jäg.Abtlg. 519 an, Feldpost Nr. 04022. Heinz Matthée, * 9. September 1914 in Danzig-Langfuhr (auch auf der Flucht!), wohnte zuletzt in Eydtkau, Markt 2. Bevor er zum Militär kam, war er beim Reichsarbeitsdienst Gau I. Übrigens konnte Frau Matthée-Kohl ihr Schreiben mit einem ganz großen Dankeschön beginnen, denn durch unsere Ostpreußische Familie hat sie nicht nur ihre väterliche Verwandtschaft gefunden, sie kann nun auch ihre Ahnenreihe bis 1658 zurückverfolgen! Buchstäblich verbrieft, nämlich mit einem Bürgerbrief, den sich einer ihrer Vorfahren ausstellen ließ, um nachzuweisen, daß er ein unbescholtener Bürger war (Sigrid Matthée-Kohl, Hauptstraße 45 in 76865 Rohrbach, Telefon 0 63 49 / 74 50)!

Eine Reise durch Ostpreußen hat auch unsere Leserin Gerda Graumann unternommen und ist jetzt dabei, so detailliert wie möglich ihre Erlebnisse in einem Reisebericht festzuhalten. Aber da klafft eine kleine Lücke: Sie weiß nicht mehr, in welcher Kirche der wunderschöne Taufengel aufgenommen wurde, der auf dem links zu sehenden Foto zu erkennen ist. Könnte es die Kirche in Deutsch Eylau sein? Sicherlich erkennt jemand den Engel - ist vielleicht sogar mit seinem Wasser getauft geworden - und kann Ort und Namen der Kirche benennen (Gerda Graumann, Graf-Törring-Straße 2 in 82216 Maisach).

Und nun eine Frage, die sicherlich ein kleines Lächeln auf manche Gesichter zaubern wird. Da konnte Herr Ulrich Jakubzik aus Leverkusen kürzlich das Buch "Masuren" von Hansgeorg Buchholtz erwerben, noch bei Gräfe und Unzer in Königsberg gedruckt. Auf dem Titelblatt steht eine Widmung: "Dem lieben Mielein zur Erinnerung an den Sommer 1938 in Masuren + Rossitten von Gerda!" In dem Buch befand sich ein doppelseitig beschriftetes Blatt mit zwei Gedichten und einem Kurzschrifttext. Letzteren konnten wir noch nicht entziffern, aber die Gedichte sind gut zu lesen. Zweifellos stammen sie nicht von "Gerda", denn deren Widmung ist in lateinischer Schrift gehalten, die Gedichte sind aber in deutscher Schrift, und die Handschrift läßt auf einen Mann schließen. Es sind verhaltene Liebesgedichte, die wahrscheinlich von dem Schreiber stammen. Das erste ist betitelt "Im Abendschein" und handelt von einem Pärchen in einem Segelboot, das stumm auf der Ruderbank sitzt: "Der Bursche stark, das Mädel schlank, ihn wird sie wacker halten ..." Das andere, "Am Strand", erzählt auch von einem Pärchen, das der Mond beäugt: "Er sieht am Strand zwei schweigende Gestalten, in deren Augen goldne Wunder stehn." Vielleicht erinnert sich der Verfasser an diese Gedichte, vielleicht findet sich auch "Mielein", für die wohl die Verse bestimmt waren. Das ist doch eine hübsche Geschichte, und vielleicht ist sie ja noch nicht zu Ende (Ulrich Jakubzik, Bismarckstraße 90 in 51373 Leverkusen).

Eure Ruth Geede

Taufengel: Wer die Kirche kennt, in welcher der wunderschöne Engel hängt, wende sich an Gerda Graumann, Graf-Törring-Straße 2 in 82216 Maisach. Foto: privat


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