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18.03.06 / Pendel-Schläge

© Preußische Allgemeine Zeitung / 18. März 2006

Pendel-Schläge
von Harald Fourier

Manchmal wird der Gegner als großer, uniformer Block wahrgenommen, gegen den kein Kraut gewachsen scheint. Das Abendland starrt in letzter Zeit gebannt auf die islamische Welt wie auf eine einförmige Masse, in der alle gleich und einig zu sein scheinen. Dann geschieht das Unerwartete: Es explodiert eine Moschee und über Nacht schlagen sich Schiiten und Sunniten die Köpfe ein. Die Auseinandersetzung zwischen Christen und Moslems rückt überraschend für einen Moment in den Hintergrund. Der Block zeigt tiefe Spalten.

So ähnlich ist es auch bei den Linken. Es war ein verzweifelter Versuch Oskar Lafontaines, die Einheitsfront noch zu retten - viel zu spät: Im "Spiegel" dieser Woche beschwört der Fraktionschef der Linkspartei noch einmal unverdrossen die alten Parolen. "Die Analysen von Karl Marx finden heute ihre Bestätigung. Die Wörter der Linken kehren wieder. Das Pendel schlägt zurück", so Lafontaine. 16 Jahre nach Ende der DDR ist der frühere SPD-Boß rhetorisch da angekommen, wo Egon Krenz und Hans Modrow 1990 notgedrungen aufhören mußten. Das "Pendel" des linken Radikalismus ist indes ausgerechnet Lafontaine und den Seinen scheppernd gegen den Kopf geknallt: die Fusion zwischen der Linkspartei/PDS und der WASG ist vorerst gescheitert. Warum? Der WASG-Landesverband Berlin hat mit knapper Mehrheit beschlossen, mit einer eigenen Liste bei der Wahl im September anzutreten, weil ihm die PDS noch zu "liberal" ist.

Die Strategen der PDS wie ihr sogenannter Fusionsbeauftragter Bodo Ramelow schäumen. Sie haben Grund zum Gram, denn die Berliner Entscheidung gefährdet die Partei auch auf Bundesebene: Die Fraktionsgemeinschaft der beiden Parteien im Bundestag könnte für rechtswidrig erklärt werden, weil laut Gesetz Parteien in Fraktionsgemeinschaft nirgends gegeneinander antreten dürfen, wie nun Linkspartei/PDS und WASG in Berlin. Und: Fraktion weg, Geld weg - die üppigen Zulagen nämlich.

Genau deswegen versucht es Oskar Lafontaine mit immer radikaleren Sprüchen. Doch die PDS-Gegner in der WASG sind waschechte Hardliner. Sie werfen der Linkspartei ihre Koalition mit der SPD in Berlin vor. Was für die SED-Erben eine Mischung aus Realpolitik und Resozialisierungsmaßnahme ist, erscheint den "Trotzkisten" in der WASG wie "lupenreiner Neoliberalismus".

Lafontaines Denkfehler besteht darin, daß er glaubt, diese Fundamentalisten mit Argumenten zurückgewinnen zu können. Diese Leute aber leben in ihrer eigenen Realität. So bleibt Lafontaine und Gysi nichts übrig, als zuzuschauen, wie ihre "neue" Linkspartei zu Staub zerfällt. Wer hätte das gedacht, als die SED-Nachfolger 2005 erneut wie Phoenix aus der Asche stiegen?


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