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18.03.06 / Der Rest ist Wüste / Eine medienkritische Nachbetrachtung zu "Dresden"

© Preußische Allgemeine Zeitung / 18. März 2006

Der Rest ist Wüste
Eine medienkritische Nachbetrachtung zu "Dresden"
von Ulrich Schacht

Angekündigt war uns das "Fernsehereignis des Jahres", ja "des Jahrzehnts" - in unserem Zeitalter der täglichen Superlative war man also hinreichend vorgewarnt. Was dann über die Mattscheibe kam an zwei quälend langen, über weite Passagen auch quälend langweiligen Fernsehabenden, war allenfalls "die Enttäuschung des Jahres". Die kitschige ZDF-Verfilmung des Dramas von Dresden war überflüssig, Zeit- und Geldvergeudung. Und sie war ärgerlich, weil hier eine gute Chance kläglich vertan wurde - die Chance, ein wichtiges Kapitel unserer Geschichte jüngeren Generationen endlich einmal wahrheitsgemäß und ohne ideologische Verzerrung näherzubringen. Dafür aber war der Film selber zu schlecht, zu oberflächlich, zu langatmig und zu unglaubwürdig. Man könnte darüber (Shakespeare möge den Vergleich verzeihen) mit einem "Viel Lärm um nichts" hinweggehen - wenn da nicht die klar formulierte Absicht der Filmemacher gewesen wäre, dem Fernsehvolk wieder einmal ein ideologisch korrektes Antifa-Machwerk unterzujubeln. Daß "Dresden" mangels cineastischer Qualität nicht einmal dies schaffte, ist fast schon das einzig Tröstliche. Ein weiterer kleiner "Lichtblick": Viele jüngere Zuschauer bestätigen, daß sie sich zumindest bei den Feuersturm-Szenen im zweiten Teil durchaus mit einem schreck-lichen, durch nichts zu rechtfertigenden Verbrechen konfrontiert fühlten - was so von den Verantwortlichen erklärtermaßen nicht beabsichtigt war.

 

Der zweiteilige Fernsehfilm "Dresden" ist Geschichte. Fernsehgeschichte. Das ist die gute Nachricht. Denn nichts ist scheinbar schneller verrauscht als der allabendliche Medien-Monsun, der zwischen "warmer Brause" und "Gülle total" über Millionen Augen und Ohren in Millionen Hirne und Herzen schwappt. Eine schlechte Nachricht in diesem Zusammenhang gibt es allerdings auch: Die genannten medialen Verflüssigungsformen haben von ihrem Charakter her den erwünschten Effekt, die angezielten Hirne restlos zu verkleben.

Der Zweiteiler "Dresden" hat ein Millionen-Publikum erreicht. Die Macher des Streifens sprechen von einem Erfolg. Das dürfen sie auch: An keiner Börse der Welt geht es um Wahrheit, es geht immer nur um Rendite, Profit, Gewinn. Die analoge Skrupellosigkeit der Fernsehbranche heißt: Quote. In einer seiner berühmten Vorlesungen über das Fernsehen am Collège de France sprach der französische Soziologe Pierre Bourdieu von der "banalisierenden Kraft" des Mediums, dem es zuerst und zuletzt um "homogenisierte", "konforme" und "unpolitische" Individuen gehe.

Es wäre deshalb "der Mühe wert, einmal über den Moralismus der Fernsehleute nachzudenken: Oft genug Zyniker, sind sie in ihren Äußerungen zu moralischen Fragen doch unwahrscheinlich konformistisch."

Analysen dieser Art beschreiben mehr als nur den quantitativen Effekt des Fernsehens, sie präparieren Strukturen und Bedingungen heraus, die auch auf den ideologischen Mehrwert der jeweiligen Operation zielen. Eine andere Begriffsbildung dafür lautet "soziale Kontrolle".

Der angezielte ideologische Mehrwert des Mehrteilers "Dresden" muß nicht mühselig gesucht oder, als Motiv, irgend jemandem unterstellt werden. Denn nicht nur die hanebüchene Love-Story raste von Beginn an in diese Richtung, nicht nur die allzu offenkundigen Milieufälschungen und Tatsachenverdrehungen taten ein übriges dazu.

Es waren die Macher selbst, die in Zeitungsinterviews und in der Vorberichterstattung mit unirritierbarer Selbstsicherheit, wie man sie bislang nur aus den Selbstzeugnissen professioneller Ideologie-Autisten der ersten und zweiten deutschen Diktatur kannte, alle diesbezüglichen Absichten zu Protokoll gaben.

Ein Typus, der Deutschland gerade flächendeckend erobert: in Medien, Politik und Wirtschaft. Jung genug, um nicht alt auszusehen. Kalt genug, um nicht sentimental zu sein. Intelligent genug, um nicht doof dazustehen: glattgesichtig, korrektsprachig,

teflonpolitisch. Das heißt auch: Der Blockwart ist wieder da. Vielleicht war er ja nie ganz weg. Auf jeden Fall spricht er heute so: "Wir haben übrigens genau aufgepaßt, wo wir in Dresden drehen, wer da wohnt und daß sich nicht irgendwelche Neonazis unter die Statisten mischen, wie es beim ‚Untergang' leider passiert ist."

Was an dieser feuilletonistischen Denunziation, phänomenologisch gesehen, am eindrucksvollsten gelungen ist, ist das heuchlerische "Leider": Der Denunziant bedauert den Denunzierten und empfiehlt sich im selben Atemzug als der Zuverlässigere. Der Mann, der so spricht, auch über Kollegen, heißt Roland Suso Richter und ist der Regisseur des TV-Streifens, dem der Kritiker der "Neuen Zürcher Zeitung" mit ebenso unterkühlter wie tödlicher Präzision attestierte: Sein Film sei "ein Machwerk ohne sittlichen Ernst".

Der Mann hinter Richter heißt Nico Hofmann. Der 46jährige ist der Produzent des bei der seriösen Kritik fast komplett verrissenen "Produkts". Auch Hofmann denunziert, wie sein ehemaliger WG-Kompagnon Richter, offenbar gerne und ungeniert. Sein Block-wart-Gerede trifft zur Abwechslung einen Historiker: "Es gibt ja bereits seit Jahren eine polarisierte Debatte über ‚Dresden', etwa in der Literatur durch Jörg Friedrichs Buch ‚Der Brand'. Das zeigte mir an, was ich nicht wollte: einen Film über die Opfer von Dresden, der in nationalistisches Pathos abrutscht. Das wäre mit dem ZDF auch gar nicht gegangen." Mit (Staats-)Sicherheit nicht.

Die "Süddeutsche" hat Hofmann im Rahmen der Berichterstattung über "Dresden" in der Rubrik "Profil" noch umfassender kenntlich werden lassen: "Der erste Spielfilm über die Zerstörung Dresdens im Februar 1945 markiert für Hofmann einen beruflichen Höhepunkt. Er sagt jedenfalls, daß ‚Dresden' sein wichtigster Film geworden sei, was allein des mächtigsten Themas wegen einleuchtet. Außerdem rundet ‚Dresden' einen zeitgeschichtlichen Zyklus ab, den Hofmann als Geschäftsführer der in Berlin ansässigen Produktionsfirma

"Teamworx" mit seinen Partnern entworfen hat: Beim Privatkanal Sat 1 durchlebte man vor Weih-nachten das Wunder der Berliner Luftbrücke 1948/49 und bei RTL vor zwei Wochen den Schicksalstag der Hamburger Sturmflut 1962. ‚Dresden', 1945 der Punkt ‚Null', wie Hofmann sagt, wurde natürlich als öffentlich-rechtlicher Kulturauftrag fabriziert."

Natürlich. Denn bei diesem Thema blinkten absolut alle Warnlampen der bundesdeutschen "political correctness" auf. In der "Süddeutschen Zeitung" lesen wir dazu: "Hans Jahnke, der als ZDF-Fernsehspielchef Verantwortung trägt und daher die programmliche Deutungshoheit besitzt, sagt: Dresden soll die ‚nazideutsche Ursprungsschuld am Zweiten Weltkrieg, am Tod von 50 Millionen Menschen' nicht dadurch relativieren, daß der britische Angriff als das gekennzeichnet sei, was er war: ‚eine fürchterliche Verheerung'. Für das ZDF ist Dresden Prestige und gesellschaftspolitischer Auftrag."

Indem dem Fernsehspielchef das Wort "Verbrechen" nicht über die Lippen kommt, aber durchaus die Formel vom "gesellschaftspolitischen Auftrag", werden wir daran erinnert, daß die DDR zwar verschwunden ist, nicht aber ihre ebenso verlogene wie manipulative Antifa-Sprache.

Darüber hinaus kann man aus solchen Informationen auch noch ablesen, daß es im Prinzip keinerlei Differenz mehr zwischen den Filmprodukten des öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehens gibt, allenfalls eine gewisse Arbeitsteilung auf mittlerweile bewährt unterstem Niveau: das Prinzip Telenovela als Edelformat.

Das wußten wir zwar schon; aber schön, wenn einer der damit so erfolgreich Beschäftigten es auch öffentlich verlautbart: In der DDR hieß das einmal "Meine Hand für mein Produkt." Wieder ein Stück Wiedervereinigung gelungen.

Ach ja, Altkanzler Kohl hat laut "Welt" das Richter/Hofmann-Produkt "Dresden" "zu einem der besten Filme der Nachkriegszeit erklärt". Wenn das nicht tröstet.

Kohls Kunstverstand ist mittlerweile sogar weltbekannt. Wer vor der von ihm inspirierten Innenausstattung der Neuen Wache "Unter den Linden" in Berlin, die einmal ein Tessenow gestaltet hat, noch nicht das Weinen wiedererlernt hat, möge zum neuen Kanzleramt weiterziehen und eine Palme pflanzen: Es paßt in jede Oase zwischen dem Sinai und Abu Dhabi. Auch das hat er zu verantworten. Der Rest ist Wüste.

Antifa-Sprache der DDR ist nicht verschwunden

Der heuchlerische Blockwart der Gegenwart ist da


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