26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
18.03.06 / Couragiert gegenüber Kaiser wie König / Vor 175 Jahren starb Friedrich Ferdinand Alexander Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten

© Preußische Allgemeine Zeitung / 18. März 2006

Couragiert gegenüber Kaiser wie König
Vor 175 Jahren starb Friedrich Ferdinand Alexander Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten
von Manuel Ruoff

Gerne wird den Deutschen vorgeworfen, zwar als Soldaten tapfer, aber als Zivilisten uncouragiert zu sein. Vor 175 Jahren starb mit Friedrich Ferdinand Alexander Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten ein Gegenbeispiel. Es kam am 29. März 1771 im westpreußischen Finckenstein zur Welt. Der junge Mann studierte Kameralistik, sprich Finanzwissenschaften, in Frankfurt an der Oder und Göttingen und besuchte dann die Büsch'sche Handelsschule in Hamburg, wo er sich mit Alexander von Humboldt anfreundete. 1790 trat er in die Kriegs- und Domänenkammer in Berlin ein und wurde bereits ein gutes Jahrzehnt später Direktor der Kriegs- und Domänenkammer in Marienwerder.

In dieser Stellung befand sich Dohna-Schlobitten, als Preußen im Oktober 1806 seine katastrophale Doppelniederlage von Jena und Auerstedt erlebte. Er reagierte ohne Zeitverzug und versetzte Danzig und Graudenz in den Verteidigungszustand. Während die anderen besetzten Provinzen Napoleon den Huldigungseid leisteten, setzte er für Westpreußen durch, daß dort die Behörden sich lediglich verpflichteten, nichts gegen die Besatzer zu unternehmen, solange diese die Provinz in ihrer Gewalt hatten. Als die Franzosen hierfür eine Geisel als Pfand forderten, meldete sich Dohna-Schlobitten als Freiwilliger, um einem von den Eroberern hierfür ausgewählten Älteren dieses Schicksal zu ersparen. So erlebte er einige Wochen französische Geiselhaft.

Eine besondere Ironie des Schicksals blieb Dohna-Schlobitten auch nicht erspart. Er war in seines eigenen Vaters Schloß Gast des Landesfeinds. Hierzu kam es, indem Bonaparte Schloß Finckenstein zu seinem Hauptquartier machte und Dohna-Schlobitten im April 1807 zu einer Audienz dorthin befahl. Der Usurpator hoffte über den Sohn auf den Vater dahingehend Einfluß nehmen zu können, daß dieser bei seinem König Friedrich Wilhelm III., dem er nach Memel gefolgt war, für einen französisch-preußischen Separatfrieden und damit einen Austritt Preußens aus der Anti-Napoleon-Koalition eintrat. Dem jungen Dohna-Schlobitten gelang es während der Audienz jedoch nicht nur, sich der Zumutung zu entziehen, auf seinen Vater im französischen Sinne Einfluß zu nehmen, sondern er brachte seinen Gesprächspartner sogar so weit, daß dieser gegenüber Westpreußen auf eine Kriegskontribution verzichtete.

In Anerkennung dieses Erfolges wurde er am 4. August 1807 von Friedrich Wilhelm III. zum Präsidenten der Kriegs- und Domänenkammer ernannt. In dieser Funktion kam auf ihn als eine der ersten die undankbare Aufgabe zu, mit seinem französischen Gegenspieler Marschall Nicolas-Jean de Dieu Soult den Tilsiter Frieden vom 7. Juli 1807 umzusetzen.

Der große preußische Reformer Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein wurde auf den damals Ende Dreißigjährigen aufmerksam und hielt von ihm immerhin so viel, daß er ihn zu seinem Nachfolger als Innenminister vorschlug, als er selber auf Druck des Franzosenkaisers 1808 entlassen wurde. Als Innenminister unterstützte Dohna-Schlobitten seinen Freund Wilhelm von Humboldt bei der Gründung der Berliner Universität, die 1810 erfolgte. Als er sich jedoch in eben diesem Jahr daran machte, den Plan seines Vorgängers einer Zusammenfassung der obersten Staats- und Verwaltungsbehörden im Staatsrat zu verwirklichen, kam es zum Konflikt mit seinem Kabinettschef Karl August Fürst von Hardenberg. Daran änderte auch nichts die Tatsache, daß Hardenberg seinerzeit selber Dohna-Schlobitten gut zugeredet hatte, das Innenministerium zu übernehmen. Der leitende Minister interpretierte die Schaffung einer über ihm stehenden Zentralbehörde nämlich als einen Angriff auf seine Stellung. Als dieser dann auch noch Staatskanzler wurde, nahm Dohna-Schlobitten im November 1810 aus Protest gegen dessen autoritären Führungsstil seinen Abschied.

So von der Kabinettsdisziplin befreit, konnte Dohna-Schlobitten bei der Erhebung Ostpreußens gegen die napoleonische Fremdherrschaft eine führende Rolle spielen. Gemeinsam mit Stein trug er nach dem Brand von Moskau zum Zustandekommen der Zusammenkunft der ostpreußischen Stände am 5. Februar 1813 in Königsberg bei. Und zusammen mit Johann David Ludwig Graf Yorck von Wartenburg lenkte und leitete er die Verhandlungen des Ständetages, von dem es immerhin heißt: "Er ist wichtiger als der Brand von Moskau und die 26 Grad Kälte!"

Mit seinem Bruder und dem damals ebenso wie Stein in russischen Diensten stehenden Carl Philipp Gottfried von Clausewitz arbeitete er einen Landwehrordnungs-Entwurf aus und sorgte durch eine geschickte Leitung der Beratungen für dessen Annahme. Er wurde zum Vorsitzenden der Generalkommission für die Volksbewaffnung gewählt und begann ohne Verzug mit der Organisation der Landwehr. Er tat dieses gegen den Widerstand der Behörden - so viel zur Behauptung, Preußen wären obrigkeitshörig.

Erst nachträglich legitimierte der preußische König dieses selbständige Vorgehen der Ostpreußen. Am 17. März 1813 genehmigte er den Plan zur Errichtung der Landwehr. Zwei Tage später beauftragte er den auf dem Ständetag zum Vorsitzenden der Generalkommission für die Volksbewaffnung Ernannten mit eben dieser Volksbewaffnung und ernannte ihn darüber hinaus zum Zivilgouverneur für Preußen östlich der Weichsel. Trotz dieser Gunstbezeugungen kam eine Rückkehr in das preußische Ministerium wegen seines Gegensatzes zu Hardenberg nicht in Frage. Als nach dem Ende der napoleonischen Kriege am 3. Juni 1814 mit den anderen auch seine Zivilgouverneurstelle aufgehoben wurde, zog sich der 43jährige Dohna-Schlobitten aus der aktiven Politik nach Schlobitten zurück. Er sollte nie mehr ein Staatsamt bekleiden.

Als Generallandschaftsdirektor, wozu er bereits am 28. September 1813 gewählt worden war, und - nach der Einführung der provinzialständischen Verfassung 1824 - als Abgeordneter des Mohrungischen Kreises hat er jedoch auch ohne Staatsamt im öffentlichen Leben der Provinz starken Einfluß ausgeübt. Er nutzte ihn zur Unterstützung der liberalen Opposition seines Freundes Theodor von Schön. Wie Jahre zuvor in den napoleonischen Kriegen gegen-

über dem aus der Französischen Revolution hervorgegangenen Kaiser zeigte er auch in der anschließenden Zeit der Restauration und Reaktion Zivilcourage. So veranlaßte er 1820 einen Protest gegen die von seinem eigenen König mitgetragenen Karlsbader Beschlüsse. Der couragierte Deutsche und Preuße starb am 21. März 1831 in Ostpreußens Hauptstadt Königsberg.

Friedrich Ferdinand Alexander Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten Foto: Archiv


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren