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01.04.06 / "Die Scharia ist unser Gesetz" / Westliche Einmischung im Fall des afghanischen Konvertiten Rahman schwächt Karzai

© Preußische Allgemeine Zeitung / 01. April 2006

"Die Scharia ist unser Gesetz"
Westliche Einmischung im Fall des afghanischen Konvertiten Rahman schwächt Karzai
von Dietrich Zeitel

Der Fall des in Deutschland zum Christentum übergetretenen Abdul Rahman, der wegen seines Religionswechsels derzeit in Afghanistan mit der Todesstrafe bedroht ist, bewegt nun schon seit einigen Tagen die mediale Öffentlichkeit im Westen. Ende letzter Woche intervenierte US-Außenministerin Condoleezza Rice beim afghanischen Präsidenten Hamid Karzai, um ihm deutlich zu machen, daß die Religionsfreiheit zum Kern der amerikanischen Vorstellung von Freiheit und Menschenrechten gehöre. Vorher wandte sich bereits die deutsche Kanzlerin Angela Merkel an Karzai. Diese Interventionen zeigten offensichtlich Wirkung. Der zuständige Richter in der afghanischen Hauptstadt Kabul, Ansarullah Maulavi Zada, hat am vergangenen Sonntag den Fall an die Staatsanwaltschaft zurückverwiesen. Grund für diese Entscheidung sollen rechtliche Fehler im bisherigen Verfahren sein. Die Staatsanwaltschaft teilte daraufhin mit, den Beschuldigten am Montag auf seinen Geisteszustand hin untersuchen zu wollen. Nur dann, wenn der Konvertit im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sei, drohe diesem die Todesstrafe. Tags darauf verkündete die Staatsanwaltschaft ohne Angabe näherer Gründe, daß Rahman aus dem Gefängnis entlassen worden sei.

Eine Hinrichtung Rahmans hätte für Afghanistan möglicherweise das Ende der wirtschaftlichen und militärischen Unterstützung des Westens bedeutet. Daß in einem derartigen Fall die wiedererstarkten Taliban über kurz oder lang wieder die Macht übernehmen könnten, steht für eine Reihe von Beobachtern fest. Aus Sicht der USA käme eine derartige Entwicklung einem Debakel gleich, wird doch Afghanistan gerne als Erfolgsbeispiel der Demokratisierung hingestellt. Die Wirklichkeit sieht aber offensichtlich ganz anders aus.

Karzais Lage hat sich nach den neuesten Entwicklungen im Fall Rahman keineswegs verbessert. Die Afghanen pochen auf ihre Selbstbestimmung und könnten eine Freilassung Rahmans als Kotau vor dem Westen deuten. Karzai erschiene dann einmal mehr als Handlanger der Regierung Bush und ihrer Alliierten. Radikalislamische Geistliche in Afghanistan haben in den vergangenen Tagen keinen Zweifel daran gelassen, daß sie die Hinrichtung von Rahman wollen. Iman Inyatullah Baligh unterstrich laut "Spiegel-Online" vom 25. März in einer Predigt, daß wenn Karzai die Hinrichtung verhindere, "20 Millionen Muslime in Afghanistan den Willen des Korans" ausführen würden. Die Verfassung sei von den Afghanen bestätigt worden, also müßten "wir ihr nun auch folgen und Rahman nach der Scharia hinrichten", forderte der Geistliche. Auch Richter Ansarullah Maulawi Zada hob noch am 23. März gegenüber der Nachrichtenagentur "Reuters" hervor, daß keine andere Vorgehensweise geduldet werde, als die von den islamischen Regeln und der Verfassung vorgeschriebene. Hiermit meinte er zweifelsohne die Scharia, die integraler Bestandteil des afghanischen Rechtssystems ist.

Die Scharia und deren Durchsetzung ist in den letzten Jahren so etwas wie das Erkennungszeichen für den steigenden Einfluß radikalislamischer Kreise geworden. Übersetzt bedeutet "Scharia" etwa so viel wie "religiöses Gesetz" oder "Ritus". Dieses "Gesetz" erhebt den Anspruch, alle Bereiche des menschlichen Daseins zu regeln. Als religiöse Pflichtenlehre bestimmt die Scharia die Rechte und Pflichten des Menschen gegenüber Gott. Allerdings ist sie bisher nicht kodifiziert (sprich: systematisch erfaßt) worden, so daß es immer wieder zu Streitigkeiten bei der Auslegung kommt.

Die Scharia ist im Islam seit der Kairoer Deklaration der Menschenrechte im Jahre 1990 Basis für die Gesetzgebung in allen islamischen Staaten. Die Menschenrechte, und dies wird im Westen häufig übersehen, stehen allerdings unter dem Generalvorbehalt der Scharia, auch wenn deren Umsetzung in den islamischen Staaten höchst unterschiedlich ausfällt. Während sie zum Beispiel in der Türkei - offiziell - kaum eine nennenswerte Rolle spielt, gilt sie in Saudi-Arabien fast uneingeschränkt. Außer in Saudi-Arabien ist die Scharia geltendes Recht vor allem in einigen Bundesstaaten Nigerias, auf den Malediven, im Iran, in Bangladesh, Afghanistan, Marokko, dem Sudan, in der autonomen indonesischen Provinz Aceh und in Pakistan. Von zunehmender Bedeutung ist die Scharia auch in Schwarzafrika und in der Subsahara, was im Westen aufgrund seiner Fokussierung auf den "arabischen Islam" bisher eher wenig Aufmerksamkeit erregt hat. Die Zahl der Muslime wird in diesen Gebieten auf zirka 200 Millionen geschätzt. Senegal, Mali, Dschibuti und Somalia haben mittlerweile eine nahezu 100prozentige muslimische Bevölkerung. Aber auch in der Republik Guinea, in Niger, dem Sudan, in Sierra Leone und im Tschad gibt es große muslimische Bevölkerungsgruppen, die längst die Mehrheit in diesen Staaten stellen.

Eine besonders radikale Gruppe bilden die islamischen Führer im Norden des Sudans, die ohne Einschränkung als "Wahabisten" (eine puritanisch-fundamentalistische Bewegung des sunnitischen Islams) bezeichnet werden können. Hier hatte Osama bin Laden in den Jahren 1991 bis 1996 wohl nicht ohne Grund seine Basis.

Aber nicht nur in Afrika, auch in Europa gibt es immer mehr Anzeichen dafür, daß radikale Islamisten bestrebt sind, ihr Verständnis der Scharia auch hier durchzusetzen. Augenfällig wird dies in den westlichen Medien immer dann, wenn Mißhandlungen oder gar Tötungen von Frauen, die gegen die Scharia verstoßen haben sollen, bekannt werden. In Spanien wurde zum Beispiel der Fall eines islamischen Religionsführers bekannt, der eine detaillierte Anleitung verfaßt hatte, wie Frauen mit Ruten und dünnen Stocken so gezüchtigt werden können, daß möglichst wenig Spuren auf der Haut zurückbleiben. Er wurde zu einem Jahr und drei Monaten Haft verurteilt. Der Verbreitung seiner Schrift hat dies aber offensichtlich keinen Abbruch getan. Laut Recherchen von "Radio Berlin-Brandenburg" ("RBB") kann diese Schrift nämlich auch auf deutsch erworben werden. Dieses Beispiel steht pars pro toto. Laut "RBB" sind in Deutschland Bücher, die auf der Basis eines radikal ausgelegten Islams zur Gewalt gegen Frauen aufrufen, keine Seltenheit. Eine in Deutschland geborene Türkin, die von ihren Eltern in der Türkei zwangsverheiratet wurde und dort von ihrem Ehemann sechs Jahre mißhandelt wurde, erklärte in einer Reprotage gegenüber dem "RBB": "Ich konnte mich von der Gewalt der Religion und der Tradition befreien. Doch es gibt zahlreiche und unzählige betroffene Frauen und Mädchen, die Opfer im Namen der Religion und Tradition werden und hier in Deutschland leben."

Moslem-Aktivisten wie zum Beispiel der deutsche Konvertit Ayyub Axel Köhler geben offen zu erkennen, daß sie eine "christliche Leitkultur" nicht anerkennen. "Mit diesem Begriff kann ich nichts anfangen", so "das engagierte FDP-Mitglied" Köhler wörtlich gegenüber der Berliner Tageszeitung "Die Welt" (4. März). Köhler geht aber noch weiter. Seiner Ansicht nach müsse der Islam "in die deutsche Staatsordnung integriert werden". Die Scharia ist für Köhler ein Weg, eine "Richtschnur für Muslime". "Wir verlangen nicht", so Köhler, "daß die Scharia in Deutschland eingeführt wird." Noch nicht, muß man hier wohl ergänzen, entpuppt sich doch seit einiger Zeit die insbesondere von Vertretern des "interreligiösen Dialogs" genährte Vorstellung eines "toleranten Islams" mehr und mehr als Mythos, als Selbsttäuschung eines gutgläubigen, naiven Westens, aus der es ein unsanftes Erwachen geben könnte. Das macht der Fall Abdul Rahman einmal wieder in aller Deutlichkeit klar.


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