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08.04.06 / Der Auftrag

© Preußische Allgemeine Zeitung / 08. April 2006

Der Auftrag

"Gehet hin", das ist verständlich,

"lehret" ist genauso klar,

"alle Völker" schluß- und endlich

macht den Auftrag offenbar.

Aber leicht wird's mißverstanden:

Nimmt man Wörter wörtlich bloß,

kommt des Wortes Sinn abhanden -

leere Formel wird Verstoß.

Wie sich zeigte, folgten viele

rechten Glaubens dem Gebot,

weihten sich dem hohen Ziele,

scheuten nicht vor Pein und Not.

Manche gingen zwar und lehrten,

doch im Dienste der Gewalt -

sie verschafften den Bekehrten

eher Leid als Trost und Halt.

Andrerseits wird übersehen

- weil dem seichten Blick verdeckt -

daß im Aufruf hinzugehen

weise Weltenordnung steckt:

Völker sollen Völker bleiben

und am besten, wo sie sind! -

Müßte man ins Stammbuch schreiben,

es verstünde selbst ein Kind.

Hinzugehen ist indessen

gar nicht zwingend, denn vielleicht

wird der Endzweck angemessen

auch auf andre Art erreicht.

Ja, es mag nicht minder frommen,

wird der Auftrag so erfaßt:

Lehret alle, die da kommen!

Sinn entscheidet - und der paßt.

Bot sich je in diesen Landen

mehr der Möglichkeiten an?

Zur Genüge sind vorhanden

solche, die man lehren kann.

Frei ist obendrein die Lehre,

wenigst steht es im Gesetz -

trotzdem scheint es, grad als wehre

gegen Fische sich das Netz!

Zweifel herrschen im Getriebe

über richtig und verkehrt:

Ist das Schweigen Nächstenliebe?

Wär' es besser, daß man lehrt?

Wie erklärt sich, daß das Trachten

nicht mit Vorrang denen gilt,

die sich hier zu Nächsten machten?

Ist man nicht dazu gewillt?

Knüpfen Fischer ihre Maschen

etwa mit Bedacht zu weit,

um statt dessen zu erhaschen

feiles Lob vom Geist der Zeit?

Dann verkennen die Vernarrten,

daß die Duldsamkeit am Schluß

zur Beliebigkeit entarten

und zum Abfall führen muß!

Fremde nicht zu überzeugen

heißt in Folge schicksalhaft,

fremder Lehre sich zu beugen,

fremdem Wesen, fremder Kraft.

So verschuldet falsches Deuten,

daß der Auftrag untergeht -

wo die Glocken nimmer läuten,

kam die Einsicht wohl zu spät ...

Pannonicus

Liebe PAZ-Leser, diese Woche kommt der Pannonicus gleich zweimal zu Wort, siehe auch Seite 24.


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