26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
08.04.06 / Ideale teuer bezahlt / Leidenswege SED-kritischer Studenten in Mitteldeutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / 08. April 2006

Ideale teuer bezahlt
Leidenswege SED-kritischer Studenten in Mitteldeutschland

In einem bewegenden Geleitwort zu dem Buch "Studentischer Widerstand an den mitteldeutschen Universitäten, 1945 bis 1955" schreibt der frühere Bundesaußenminister Genscher, nach 1945 sei in der sowjetischen Besatzungszone eine ganze Generation mit großen Idealen an die wieder geöffneten Universitäten gekommen - dankbar, den Krieg überlebt zu haben. Der Versuch der Besatzungsmacht und der SED aber, diese unter kommunistische Kontrolle zu bringen, stieß auf den Widerstand vieler freiheitlicher Studenten. "Sie haben ein wichtiges Kapitel deutscher Freiheitsgeschichte geschrieben", resümiert Genscher abschließend. Viele indes haben für ihre Ideale einen sehr hohen Preis zahlen müssen.

Das Buch beinhaltet dann auch Lebensberichte solcher Betroffener; es sieht sich in der moralischen Pflicht, an diese zu erinnern. Allein von der Universität Leipzig wurden zwischen 1945 und 1955 16 Studenten zum Tode verurteilt und hingerichtet beziehungsweise verstarben während ihrer langen Zuchthausstrafen. Weitere 102 wurden verhaftet, zumeist wegen illegalen Widerstandes und Insiderwissen. Noch heute liegt manches Schicksal im Dunkeln.

Der Leser erfährt in etlichen Fällen über die Hölle im sibirischen Workuta. Von mehreren Seiten liest man bisher Unbekanntes über die Widerstandsgruppe um Herbert Belter, der 1951 in Moskau hingerichtet wurde - erst nach 43 Jahren erhielten die Angehörigen Gewißheit!

Von dem einzig Überlebenden wird erstmals über die Tätigkeit einer anderen, sehr aktiven Gruppe berichtet, deren zwei weitere Angehörige zu je zwei Mal 25 Jahren verurteilt wurden. Ihr Mitglied Ingolf Klein wurde 1954 in Bautzen vom Bewachungspersonal absichtlich zu Tode getreten. Der Anführer Horst Leißring, der vor 1945 ohnehin eine sehr harte Jugend verbracht hatte, beging 1955 infolge Depressionen Selbstmord. "Was hat er von seinem Leben gehabt?" fragen die Autoren. "Es war stets nur ein Kampf gegen eine Diktatur und für ein besseres, ein freiheitliches Deutschland"... F.-W. Schlomann

Jens Blecher u. Gerald Wiemers: "Studentischer Widerstand an den mitteldeutschen Universitäten, 1945 bis 1955", Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2005, 333 Seiten, 22 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren