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15.04.06 / Ein Fest der Künste / Eine Ausstellung in Berlin würdigt den Kunsthändler und Verleger Paul Cassirer

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. April 2006

Ein Fest der Künste
Eine Ausstellung in Berlin würdigt den Kunsthändler und Verleger Paul Cassirer

Wenn man nach Berlin kommt, gleich links" beschrieb der Maler Max Liebermann den Standort seines Hauses am Pariser Platz 7, gleich neben dem Brandenburger Tor gelegen. Dort hat seit dem Jahr 2000 die Stiftung "Brandenburger Tor" ihren Sitz, und dort wird derzeit eine Ausstellung mit dem Titel "Ein Fest der Künste - Paul Cassirer, der Kunsthändler als Verleger" gezeigt. Gewidmet ist diese Ausstellung einem Mann, der zu Liebermanns Zeiten in dem Haus ein- und ausging, hatte er doch den anerkannten Maler für seine Geschäfte sowohl als Kunsthändler wie auch als Verleger gewinnen können. Liebermann veröffentlichte bei Cassirer einen kleinen, sehr schön bebilderten Band über Degas, der viele Neuauflagen erlebte.

Paul Cassirer, der engagierte Verleger und Kämpfer für die Moderne, stammte aus Breslau, wo er 1871 geboren wurde. Um 1886 zog die Familie nach Berlin. Bis 1898 führte der junge Paul ein relativ unstetes Leben, hielt sich in München, Meran, Spa und Brüssel auf. 1898 aber gründete er gemeinsam mit seinem Vetter Bruno in Berlin eine Kunst- und Verlagsanstalt und legte so den Grundstein für eine beispiellose Karriere. Das Konzept der beiden, Kunstwerke und Bücher oder Graphik derselben Künstler zu vermarkten, ging auf. Die Geschäftsräume in der Berliner Victoriastraße besuchten bald junge aufstrebende, aber auch etablierte Künstler. In der ersten Ausstellung sah man Werke von Max Liebermann, Edgar Degas und Constantin Meunier, einem belgischen Bildhauer. Gleichzeitig präsentierte der Verlag entsprechende Neuerscheinungen. Nach drei Jahren trennten sich die Vettern, Bruno übernahm den Buchverlag, während Paul sich der Kunstanstalt und dem Kunstverlag widmete. Im Ersten Weltkrieg erlebte Cassirer, der sich 1914 freiwillig gemeldet hatte, einen gesundheitlichen Zusammenbruch und konnte sich 1917 in der Schweiz niederlassen. 1918 kehrte er nach Berlin zurück, wo er schwere Schicksalsschläge erleben sollte, 1919 nahm sich Sohn Peter aus seiner ersten Ehe das Leben, 1926 wollte er sich von seiner zweiten Frau, der Schauspielerin Tilla Durieux, scheiden lassen, doch noch vor Unterzeichnung der Urkunde verletzte er sich durch einen Schuß. Am 7. Januar 1926 starb Paul Cassirer an den Folgen der Verletzung.

Das Paar Cassirer-Durieux war beeindruckend, so die Zeitgenossne. "Große Galerie und ,Literaturhaus', um heutige Begriffe einzuführen, dazu ein privater Salon, alles mit Dynamik mäzenatisch organisiert und finanziert. Nicht wegzudenken aus jener Zeit des Aufbruchs in die Moderne im Berlin der Jahrhundertwende", skizziert Rahel E. Feilchenfeldt, Kuratorin der Ausstellung, im Begleitbuch die Situation (Ein Fest der Künste! Paul Cassirer - Der Kunsthändler als Verleger, Verlag C.H. Beck, München, 424 Seiten mit 156 Abb., davon 50 in Farbe, sowie 27 Farbminiaturen in der Klappe, Klappbroschur, 29,90 Euro). Die Ausstellung im Max Liebermann Haus präsentiert auch heute wieder die Künstler mit all ihren Begabungen und zeigt ihre Ölbilder, Plastik, Zeichnungen, Graphik und Bücher zusammen. Alle sind sie vertreten, die heute zu den ganz Großen des frühen 20. Jahrhunderts zählen: Max Liebermann, Lovis Corinth, Max Slevogt, August Gaul, Marc Chagall, Oskar Kokoschka, Max Beckmann, Georg Kolbe, Max Pechstein, Ludwig Meidner, Ernst Barlach, Franz Marc, Else Lasker-Schüler. "Es sind keine gleichgültigen Bilder und keine belanglosen Bücher, die mit dem Namen Paul Cassirer verbunden werden", schreibt Feilchenfeldt. So sieht man neben dem "Geblendeten Samson" von Lovis Corinth auch seine farbig lithographierten Drucke von 1910 ("Judith") und 1911 ("Das Hohe Lied) zur Bibel. Man sieht Beckmanns erste Buch-illustrationen und seine erste Monographie. Ausgestellt wird auch Hermann Strucks "Kunst des Radierens" (1909), ein Bestseller bei Cassirer, der zeigt, daß es ihm nicht nur ums Geschäft, sondern auch um die Vermittlung von Ideen ging, Ideen, an die er glaubte. Silke Osman

Die Ausstellung im Max Liebermann Haus, Pariser Platz 7, ist montags, mittwochs, freitags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags von 10 bis 20 Uhr, am Wochenende von 11 bis 18 Uhr geöffnet, bis 21. Mai.

Lovis Corinth: Tilla Durieux als spanische Tänzerin (Öl, 1908; Kunsthandel Saarbrücken) Foto: C.H. Beck Verlag


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