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15.04.06 / Lektor des Königs / Dieudonné Thiébault über seinen Gedankenaustausch mit Friedrich II.

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. April 2006

Lektor des Königs
Dieudonné Thiébault über seinen Gedankenaustausch mit Friedrich II.

Diese Art zu urteilen', sagte ihm der König ,ist gut für Sie, der Sie eine Schlamm- und Dreckseele haben. Aber begreifen Sie, wenn Sie überhaupt dazu imstande sind, begreifen Sie, daß Menschen mit einer edlen und hohen Seele, Menschen, die für die Reize der Tugenden empfänglich sind, sich auf Erörterungen über so erbärmlich und schmähliche Grundsätze nicht einlassen! Begreifen Sie, mein Herr, daß ein Ehrenmann immer das Gute thut, wenn er kann und einzig und allein deshalb, weil es das Gute ist ohne Rücksicht darauf, ob daraus auch Vorteile entspringen.'"

Dieudonné Thiébault (1733- 1807), der im Jahr 1765 als Professor für französische Grammatik nach Berlin berufen wurde, um die Schriften Friedrich II. zu korrigieren, hat in "Friedrich der Große und sein Hof" zahlreiche eigene Erlebnisse - wie das zitierte zwischen Friedrich II. und einem Höfling - aus Begegnungen mit dem Preußenkönig festgehalten. Aber auch von überlieferten Anekdoten über Friedrich den Großen und seine Familie berichtet der Franzose, der Friedrich II. versprechen mußte, kein Deutsch zu lernen, um sein reines Französisch nicht zu verwässern. 20 Jahre blieb er am Hof und veröffentlichte 1804 in Paris seine Erinnerungen, die hier vollständig und kommentiert - Thiébault hat sich manchmal zu sehr auf den Hoftratsch verlassen - nachgedruckt sind.

Thiébault lernte am Hofe des Preußenkönigs zahlreiche Prinzessinnen und Prinzen, die Gesandten aus Frankreich, Österreich, England und Rußland sowie die Mitglieder der Akademie der Wissenschaft kennen. Vor allem aber traf er mit Friedrich II. zusammen, immer wieder und immer in intensivem Gedankenaustausch. Als Wissenschaftler analysierte Thiébault den Aufbau von Staat, Verwaltung, Auswärtigem, von Post, Transport und Polizei. Und als Literat charakterisierte er treffend, einfühlsam, aber auch keine Frivolität auslassend die höfische Gesellschaft in Berlin und Europa.

Friedrich II. wird von dem Franzosen als Wissensdurstiger dargestellt, der immer versucht, gerecht zu sein, dem es aber nicht immer gelingt. "Ich diktierte ihn dem König so, wie ich ihn in meinen Bemerkungen vorgeschlagen hatte, und er schrieb ihn ohne Widerrede nach ... Ich habe immer gedacht, daß Friedrichs Benehmen in diesem Augenblick ihm die größte Ehre machte. Wohl war sein Charakter fest, aber er litt eben auch an der Krankheit der Könige: keinen Widerspruch ertragen können, worin ihre Eigenliebe meist nur Unehrbietigkeit und Mangel an Achtung sieht. Daß er selbst im heftigsten Zorn die Sprache der Wahrheit und der Vernunft anzuhören wußte, das war groß." Bel

Dieudonné Thiébault: "Friedrich der Große und sein Hof", Berlin Story Verlag, Berlin 2005, 491 Seiten, 29,80 Euro


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