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15.04.06 / Erster Kriminalroman / Mit Neuauflage von "Die Frau in Weiß" ein Stück Weltliteratur entdecken

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. April 2006

Erster Kriminalroman
Mit Neuauflage von "Die Frau in Weiß" ein Stück Weltliteratur entdecken

Als sich der junge Zeichenlehrer Walter Hartright eines Abends auf den Weg nach London zu seiner neuen Schülerin Laura Fairlie in Limmeridge House macht, begegnet er in der Dunkelheit einer jungen Frau. Ihr äußerst merkwürdiges Verhalten und die Tatsache, daß sie Limmeridge House und seine Bewohner aus vergangenen Tagen sehr gut zu kennen scheint, verwirren den jungen Mann zutiefst.

Der Umstand, daß das vor ihm stehende und so gehetzt wirkende Geschöpf komplett in einem blendenden Weiß gekleidet ist und auf der Flucht vor einem mysteriösen Baronet zu sein scheint, unterstreicht noch ihre bizarre nächtliche Erscheinung.

Fast erleichtert verhilft er der jungen Frau, welche sich als Anne Catherick vorstellt, zu einer Droschke und setzt seinen Weg alleine fort.

"Ich befand mich gerade auf der dunklen Seite der Straße, im Schatten von Bäumen, als ich stehen blieb und mich umsah. Auf der gegenüberliegenden Seite der Straße schritt nicht weit von mir ein Polizist langsam in Richtung Regent's Park. Der Wagen überholte mich - es war eine offene Chaise, gelenkt von zwei Männern. ,Constabler!' rief der eine. ,Haben Sie in dieser Straße eine Frau gesehen?' ... Sie ist aus meiner Irrenanstalt entflohen.'"

Am nächsten Tag lernt Mr. Hartright sämtliche Bewohner von Limmeridge House kennen.

Schon kurz nach seiner Ankunft ist sich Walter Hartright der Tatsache bewußt, daß er Laura liebt. Nach und nach wird immer deutlicher, daß sie ebenso für ihn empfindet. Doch wie es nun mal so ist, steht etwas zwischen ihnen und ihrem Glück, und zwar jenes Versprechen, das Laura ihrem Vater auf dem Sterbebett gab, nämlich den charmanten, aber hoch verschuldeten Sir Percival zu ehelichen. Zugleich trifft den Zeichenlehrer die Erkenntnis, daß seine Angebetete der weißen Dame von der Straße wie aus dem Gesicht geschnitten zu sein scheint.

Der schwer verliebte Mr. Hartright ist zunächst gezwungen, das Feld für den imposanten Sir Percival zu räumen. Seltsam erscheint ihm jedoch, daß Sir Percival ein gesteigertes Interesse daran zu haben scheint, das zwar verwirrte, doch harmlose Fräulein Catherick möglichst schnell wieder hinter Schloß und Riegel zu bringen ...

Die seltsamen Ereignisse beginnen sich zu häufen, die Lage spitzt sich unerbittlich zu, und alle Beteiligten stehen vor den selben Fragen: "Wer verbirgt sich hinter Anne Catherick?" und "Welches Geheimnis trägt sie in sich, das Sir Percival zu verbergen sucht?"

"Die Frau in Weiß" gilt als der erste Detektivroman der Weltliteratur, und es wird dem heutigen Leser mehr als Freude bereiten, sich in die Reihe der Leser dieses Buches seit 1860 einzureihen.

Aufgrund der zahlreichen miteinander verflochtenen Handlungsstränge und der Erzählweise aus verschiedenen Perspektiven der Beteiligten gelingt es Wilkie Collins, den Leser mehrfach auf eine falsche Fährte zu locken.

Daß der Leser die Handlung mal aus der Perspektive des Zeichenlehrers, von Miss Fairlies Schwester oder des Anwaltes Mr. Gilmore verfolgt, sorgt für Abwechslung und wirkt spannungssteigernd. A. Ney

Wilkie Collins: "Die Frau in Weiß", dtv, München 2006, 656 Seiten, 9,90 Euro


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