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29.04.06 / Preußischer Schöngeist im besten Sinne / Erinnerung an den Rittmeister und Schriftsteller Friedrich v. Oppeln-Bronikowski

© Preußische Allgemeine Zeitung / 29. April 2006

Preußischer Schöngeist im besten Sinne
Erinnerung an den Rittmeister und Schriftsteller Friedrich v. Oppeln-Bronikowski
von Friedrich-Wilhelm v. Oppeln-Bronikowski

Fortsetzung aus der Preußischen Zeitung - Jahrgang 9 - Folge 1

Friedrich selbst konnte sich nicht mehr wehren, da er schon 1936 verstarb, und die, die früher für ihn gesprochen hatten oder mit ihm befreundet waren, lebten nicht mehr oder waren emigriert. Es ist ein einseitiges und daher falsches Bild, das hier gezeichnet wurde. Kurt Pinthus, Dr. Julius Brodnitz, Dr. Friedrich Holländer, Dr. Bruno Weil und Dr. Ludwig Lewin haben ein durchaus anderes und positives Bild von ihm gezeichnet. Auch der kürzlich verstorbene Dr. E. G. Lowenthal bespricht in einem Artikel in der "Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung" vom 17. Juli 1964 "Im Schatten des 20. Juli - Zum 100. Geburtstag von Ricarda Huch" ihr kurzes Geleitwort zur "Gerechtigkeit!" in wohlwollender Weise.

Außer diesen spektakulären Bro-schüren hat v. Oppeln eine Viel-zahl von Aktivitäten gegen den Antisemitismus entfaltet. Er trat als Redner auf Veranstaltungen verschiedener jüdischer Organisationen wie des Verbands nationaldeutscher Juden, des Vereins zur Abwehr des Antisemitismues, veröffentlichte mehrere philosemitische Artikel in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften, darunter den persönlichen und handschriftlich unterzeichneten Aufruf "Für deutsches Kulturjudentum" in der C.V.-Zeitung, schrieb mehrere Artikel für das "Politische Handwörterbuch" und führte im Rundfunk ein Streitgespräch mit dem DNVP-Mitglied Eldor Borck.

Auch wenn diese Agitation einen erheblichen Anteil an v. Oppelns Arbeitskraft band, kam sein journalistisches und schriftstellerisches Schaffen nicht zum Erliegen. Generell ist jedoch eine Schwerpunktverlagerung von der Belletristik zu politisch-historischen Stoffen festzustellen. Hier ist in erster Linie die preußische Geschichte zu nennen. Er übersetzte die auf Französisch verfaßten Schriften Friedrichs des Großen in der zehnbändigen Ausgabe seiner Werke (erscheint demnächst als Reprint im Archiv-Verlag) einschließlich seiner Gespräche und Briefe und der Sammlung "Friedrich der Große im Spiegel seiner Zeit", seine "Politischen Testamente", schrieb die "Liebesgeschichten am preußischen Hofe" "Abenteurer am preußischen Hofe", veröffentliche 1922 bei Diederichs den "Fürstenspiegel" von Niccolo Machiavelli zusammen mit dem Antimachiavell Friedrichs des Großen sowie 1934 "Der Baumeister des preußischen Staates - Leben und Wirken des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelms I" ein Werk, das auf jahrzehntelanger Forschungsarbeit beruhte, 1935 bei Seemann in Leipzig "Der große König als erster Diener seines Staates", eine Sammlung der unterschiedlichsten Dokumente, Abbildungen und Anekdoten Friedrichs des Großen, 1936, seinem Todesjahr, "Der Alte Dessauer - Fürst Leopold von Anhalt-Dessau - Eine Studie seines Lebens und Wirkens" "Friedrich der Große und Prinz August Wilhelm - Des großen Königs Briefwechsel mit seinem Bruder", Friedrich der Große und Wilhelmine von Baireuth, Jugendbriefe 1728 - 1740 und Briefe der Königszeit 1740 - 1758 u. v. m. In diese Kategorie kann man auch "David Ferdinand Koreff, Serapionsbruder, Magnetiseur, Geheimrat und Dichter", den "Lebensroman eines Vergessenen" aus Urkunden zusammengestellt und eingeleitet von Friedrich von Oppeln-Bronikowski, erschienen 1928 im Verlag Gebrüder Paetel in Berlin und Leipzig, einordnen. Das Leben des deutschen Juden Koreff hatte viele Facetten. Er war u. a. Leibarzt des Kanzlers Fürst Hardenberg, Freund Varnhagens und Humboldts, Zechgenosse der Tafelrunde von E. T. A. Hoffmann und Serapionsbruder. Das Werk zeugt von der Möglichkeit und Notwendigkeit der Einfügung des Judentums in den deutschen Kulturkreis. In seinen letzten Lebensjahren beschäftigte er sich u. a. noch mit dem "Siedlungswesen der Hohenzollern 1640 bis 1786" und Friedrichs des Großen Lehrgedicht "Die Kriegskunst"; auch verfaßte er ein Gedicht mit dem Titel ‚Altpreußentum'.

Außer mit preußischer hat er sich auch mit europäischer Geschichte befaßt. Hierzu zählt die bereits erwähnte Übersetzung des Fürstenspiegel von Machiavelli, weiterhin "Politische Geschichte der französischen Revolution" von Aulard und seine Mitwirkung an der von Friedrich Meinecke und Hermann Oncken herausgegebenen Reihe "Klassiker der Politik" durch Übersetzung der Werke von Abbé Castel de Saint-Pierre: "Der Traktat vom ewigen Frieden", Niccolo Machia-velli: "Discorsi - Politische Be-trachtungen über die alte und die italienische Geschichte", und Jo-seph de Maistre: "Betrachtungen über Frankreich". In diesem Zu-sammenhang ist auch sein 1929 in Berlin erschienener Roman "Schlüssel und Schwert - Ein Papstleben aus dem Cinquecento" zu nennen, der Leben und Wirken eines der bedeutendsten Päpste, des Papstes Sixtus V., zum Gegenstand hat. Der Roman hält etwa die Mitte zwischen Dichtung und Geschichtsschreibung.

Zeit seines Lebens hat er sich mit Archäologie beschäftigt und über deren Arbeit und Erfolge berichtet. War es bis zum Ersten Weltkrieg die südeuropäische und vorderasiatische Archäologie gewesen, die ihn in ihren Bann schlug, so verlagerte sich sein Interesse danach zunehmend auf die Archäologie der deutschen Frühzeit. Die Summe seiner Bemühungen schlug sich in dem Buch ‚Archäologische Entdekkungen im XX. Jahrhundert", 1931 erschienen im Verlag Heinrich Keller, nieder, ein Buch, das C. W. Ceram in seinem Werk "Götter, Gräber und Gelehrte im Bild" als Fortsetzung der "Archäologischen Entdeckungen des neunzehnten Jahrhunderts" von Adolf Michaelis bezeichnet hat. Sein Fachwissen und seine Propagierung archäologischer Er-kenntnisse haben das Archäologi-sche Institut des Deutschen Rei-ches dazu bewogen, ihn 1926 als ersten Schriftsteller zu seinem korrespondierenden Mitglied zu wählen. Letztlich ist es auch v. Oppelns diesbezüglichen Bemühungen zu danken, daß die Universität Breslau ihm 1932 Würde und Ehre eines Doktors der Philosophie h. c. verliehen hat.

Mit diesen Aufzählungen ist eine vollständige Werkübersicht weder beabsichtigt noch möglich; dies bleibt einer genaueren Darstellung vorbehalten. Etwa 45 eigene Werke einschließlich der Herausgaben sowie über 130 Übersetzungen von 36 Autoren lassen sich nachweisen, ebenso an 300 Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, die er als unverzichtbare Brotarbeit bezeichnet hat.

Gelebt hat er ab etwa 1896 in Berlin in verschiedenen Wohnun-gen, seit 1908 in Charlottenburg. Unterbrochen war diese Zeit nur durch zahlreiche Auslandsaufenthalte. Aus Gesundheitsrücksichten hat er vor dem Ersten Weltkrieg etwa vier Jahre in Italien gelebt, das er geliebt hat. Hinzu kamen Reisen nach Griechenland und Vorderasien sowie Kuraufenthalte in Deutschland, die zur Wiedergewinnung seiner geschwächten Gesundheit dienten. Er hat sich hier in verschiedenen Organisationen engagiert, so z. B. im Verein für die Ge-schichte Berlins, in dessen Mitteilungsblatt er mehrere Aufsätze veröffentlicht hat, im Reichsverband deutscher Offiziere, im Verein für Urheberschutz, im Schutzverband deutscher Schriftsteller. Er war auch Sachverständiger für Fragen des Urheber- und Verlagsrechts und Dozent der Humboldt-Akademie für neufranzösische und neubelgische Literatur. 1933 beging er hier seinen 60. Geburtstag, der trotz den sich verändernden politischen Verhältnissen noch ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit erregte. Rund 30 Zeitungsmeldungen, z. T. mit ausführlichen Würdigungen seines Lebens und Wirkens stehen etwa 90 private Glückwünsche gegenüber, deren Absender überwiegend in biografischen Nachschlagewerken verzeichnet waren. Erwähnenswert sind zahlreiche Glückwünsche jüdischer Deutscher, von Justizrat Dr. Brodnitz, dem Vorsitzenden des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, Dr. Ludwig Holländer, Rechtsanwalt Dr. Bruno Weil, beide Mitglieder des Vorstands des Centralvereins, von seinem Arzt Dr. Diamant, von Dr. Ludwig Lewin, dem Leiter der Lessinghochschule und vom Verband nationaldeutscher Juden. Die Berliner Zeitung "Tempo" brachte eine kurze Meldung mit einem Kopfstenogramm v. Oppelns von Benedikt Dolbin.

Seine letzten Lebensjahre waren überschattet von schweren Erkrankungen und wirtschaftlicher Not. Letztere resultierte aus einer Fokussierung der Literatur auf völkisch orientiertes Schrifttum und damit verbunden dem Zurückdrängen fremdsprachiger und der Unterdrückung deutsch-jüdischer Autoren. Er war daher genötigt, durch verstärkte literarische Anstrengen zu versuchen, die Einnahmeausfälle zu kompensieren. Erschwerend kam hinzu, daß mehrere seiner Arbeiten nicht mehr zur Veröffentlichung angenommen wurden, so z. B: sein Roman "Der Exot", dessen Hintergrund das sogenannte Allensteiner Offiziersdrama von 1907/8 bildete. Dies wiederum hatte negative Auswirkungen auf seine Gesundheit, die ihrerseits seine Schaffenskraft minderten. Dies führte in einen Teufelskreis, aus dem er nicht mehr herauskam. Belastend war weiterhin der Tod seiner ersten Frau im Jahr 1932, die sein Leben über 35 Jahre lang begleitet hatte und ihm eine feste und sichere Stütze gewesen war. Zu diesem schmerzlichen Verlust kamen noch die wirtschaftlichen Belastungen aus der Erbauseinandersetzung mit den drei Töchtern, die seine erste Frau in die Ehe eingebracht hatte. Sein Ende wurde durch einen Aufenthalt in den bayrischen Bergen ausgelöst, die er zwar sein Leben lang geliebt hatte, die aber für sein geschwächtes Herz zur tödlichen Falle wurden. Die Todesdiagnose lautete: "Herzinfarkt bzw. Kranzaderverkalkung". Begraben ist er auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf im Kreis Teltow im Süden Berlins. Das Grab ist in mehreren Veröffentlichungen erwähnt.

Die Aufmerksamkeit, die sein Tod erregte, war in keiner Weise mehr mit der zu vergleichen, die sein 60. Geburtstag drei Jahre zuvor noch hervorgerufen hatte. Nur zwei längere Nachrufe ließen sich ausmachen; einer stammt vom Journalisten und Theaterkritiker Werner Fiedler, der andere vom Schriftsteller Kurt Pinthus, einem jüdischen Deutschen, der später emigrieren mußte; sein Artikel wurde in der Centralvereinszeitung veröffentlicht.

Der verbliebene Rest seines lite-rarischen Nachlasses wurde dem deutschen Literaturarchiv Mar-bach übergeben. Eine Dokumentation von Leben und Wirken Friedrich von Oppeln-Bronikowski in Buchform wird vom Verfasser dieses Artikels im Starke Verlag Limburg vorbereitet.

Ein Vermittler zwischen den Kulturen, Gefangen in einem Teufelskreis


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