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29.04.06 / Knochenjob / Trubel im Pflegeheim

© Preußische Allgemeine Zeitung / 29. April 2006

Knochenjob
Trubel im Pflegeheim

Lotta, Mitte 20, hat gerade eine gescheiterte Beziehung hinter sich, da sie aber nicht zurück zu ihren Eltern und sich Weisheiten wie "Das haben wir doch gewußt" anhören möchte, nimmt sie den erstbesten Job an, den sie finden kann, um sich selbst durchzubringen. Und so landet die junge Frau, die bisher keine Ausbildung zu Ende gebracht hat, im Pflegeheim "Abendrot" als Aushilfskraft. Essen bringen, Betten machen und bei allem noch ein nettes Zimmer unter dem Dach des Hauses, das scheint ein gutes Geschäft zu sein, doch schnell merkt Lotta, daß die Arbeit im Pflegeheim die reinste Knochenarbeit ist. Hinzu kommt, daß von den wenigen Mitarbeitern noch einige krank werden und sie einspringen muß.

In "Die letzten Dinge" schildert Annegret Held nachvollziehbar die Zustände in einem deutschen Pflegeheim. Fast alle Arbeitskräfte sind Ausländer und nur Lotta und die Stationsleiterin Rosalind sind Deutsche. Aber nicht nur der Angestellten des Heimes nimmt sich die Autorin an, sie stellt auch die Bewohner vor, die mit ihren jeweiligen Gebrechen, Lebensläufen und Anverwandten die Pflegekräfte auf Trab halten. So beispielsweise die über 90jährige Frau Wissmar, die als Personalchefin von "degussa" nur für ihren Beruf gelebt hat. Selbst im Altenheim ist sie davon getrieben, alle Zettel und Zeitschriften zu ordnen, und hin und wieder fühlt sie sich in die Vergangenheit zurückversetzt. Sie glaubt zum Bewerbungsgespräch zu müssen und entwischt regelmäßig den Pflegern. Auch das demenzkranke Sotzbacher Mädchen sorgt mit ihren Launen für Trubel im Altenheim.

Annegret Held zeichnet ihre Charaktere durchaus liebevoll. Ein wenig überdreht wirkt allerdings der kroatische Pfleger Ivy, auf den Lotta ein Auge geworfen hat. Schnell stellt Lotta jedoch fest, daß Ivy schwul ist. Die Autorin findet dieses Thema jedoch so interessant, daß sie Ivys Besuche in Schwulenkneipen schildert, was nicht wirklich nötig ist. Auch der Angst der italienischen Pflegeschwester Gianna vor Gespenstern ist ein wenig zu viel Platz eingeräumt.

Ansonsten liest sich Annegret Helds Roman jedoch sehr flüssig. ",Die lassen hier alles verkommen', sagt Kevin. ,Hier sieht's bald aus wie in der DDR'", schimpft der junge aus Mitteldeutschland stammende Pfleger, als aufgrund Geldmangel des Heimes keine Windeln mehr vorhanden sind. Anders als in der Realität gibt es am Ende jedoch einen versöhnlichen Schluß. R. Bellano

Annegret Held: "Die letzten Dinge", Eichborn, Frankfurt 2005, 366 Seiten, 22,90 Euro, PMD-Bestellnr. 5468


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