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20.05.06 / Ein Universalgenie aus Preußen / Sehenswerte Ausstellungen im Schinkel-Jahr ehren einen großen Baumeister

© Preußische Allgemeine Zeitung / 20. Mai 2006

Ein Universalgenie aus Preußen
Sehenswerte Ausstellungen im Schinkel-Jahr ehren einen großen Baumeister
von Silke Osman

Zu den bekanntesten Bauwerken Brandenburgs zählen zweifellos die Schlösser der preußischen Könige, aber auch die Klöster der Zisterzienser. Doch das Land hat im Bereich Architektur und Baukultur wesentlich mehr zu bieten, davon kann man sich in diesem Themenjahr unter dem Motto "Horizonte. Kulturland Brandenburg 2006 / Baukultur" überzeugen. Aus Anlaß des 225. Geburtstages von Karl Friedrich Schinkel, der am 13. März 1781 in Neuruppin das Licht der Welt erblickte, steht in diesem Jahr die brandenburgische Baukultur im Mittelpunkt.

Ausgehend vom reichen Bestand an Baudenkmalen und historischen städtebaulichen Anlagen wird in zahlreichen Veranstaltungen und Ausstellungen der Bogen geschlagen über Architektur, Städtebau und Landschaftsarchitektur der Vor- und Nachkriegsmoderne bis zur Gegenwartsarchitektur. Thematisiert werden auch die Probleme und Perspektiven, die sich aus den ökonomischen, demographischen und gesellschaftlichen Wandlungsprozessen in den Städten, den Gemeinden und in der Landschaft ergeben. Ein exemplarischer Ort dafür ist Eisenhüttenstadt, wo am 6. Mai das Kulturlandjahr feierlich eröffnet wurde.

Im Mittelpunkt des Interesses wird aber zweifellos das Schaffen des einstmals obersten Baubeamten stehen, der über drei Jahrzehnte das gesamte Bauwesen des Staates Preußen geprägt hat: Karl Friedrich Schinkel. Ihm ist eine Ausstellung im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte gewidmet, die in Kooperation mit dem Berliner Kupferstichkabinett, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg sowie dem Hans Otto Theater Potsdam entstand.

Im ehemaligen Kutschstall am Neuen Markt zu Potsdam wird das Leben Schinkels und sein vielfältiges Werk in 13 Kapiteln vorgestellt: Image, Kindheit und Ausbildung, Reisen und Anregungen, Preußischer Baubeamter, Denkmalpflege, Familie - Freunde - Auftraggeber, Bildwelten, Bühnen- und Festausstattung, Stadtbaukunst, Landbaukunst, Raumkunst, Kunstgewerbe, Erbe und Nachklang sind die Titel der einzelnen Kapitel.

Besondere Schätze der Ausstellung - ausgewählte Originalexponate aus Ost und West - sind zum ersten Mal seit der deutschen Wiedervereinigung hier gemeinsam zu sehen. So zum Beispiel über 30 erhaltene Zeichnungen und Skizzen Schinkels, die das Berliner Kupferstichkabinett zur Verfügung stellt. Sie zeigen Landschaften, Architektur und Menschen, die Schinkel auf seinen Reisen beeindruckten, aber auch Entwürfe von Bühnenbildern und Interieurs. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg leiht der Ausstellung unter anderem einen Armlehnstuhl von 1825 / 26 aus dem Berliner Schloß, den Karl Wanschaff nach einem Entwurf von Schinkel ausführte, Schinkels Gemälde "Landschaft mit Motiven aus dem Salzburgischen" (um 1812) und eine Vase, deren Form bis heute als sogenannte Schinkelvase berühmt ist.

Dem Menschen Schinkel begegnet man nicht zuletzt auch in seinen Porträts. Zu den zuverlässigsten zählen Kunsthistoriker das 1826 von Carl Begas geschaffene. Agnes Rauch, die Tochter des Bildhauers Christian Daniel Rauch, schrieb 1826 an ihren Vater nach einem Besuch bei Schinkel: "Bei meinem Eintritt in das Wohnzimmer überraschte mich Schinkels Porträt von Begas auf das aller angenehmste, in einem so hohen Grad hatte ich mir die Ähnlichkeit gar nicht gedacht, welcher Ausdruck in Auge und Mund, je länger man es ansieht, je mehr macht man die Bemerkung, wie richtig und wahr jeder Zug aufgefaßt ist. Mad. Schinkel nennt es auch ihr bijou, von dem sie sich nicht trennen will, auf der Reise nach Stettin wird es ihr Begleiter sein."

Eine originelle Ausstellungsarchitektur mit Multimediastationen macht die Fülle der biographischen, historischen und kunstgeschichtlichen Fakten und Zusammenhänge auf neue Art erlebbar. So wird die Schau zu einem "Informationszentrum" über Karl Friedrich Schinkel und sein Lebenswerk. Hinweise zu Museen, Sammlungen und Veranstaltungen in Berlin und Brandenburg, die sich 2006 dem Thema Architektur und Schinkel widmen, beschließen die Ausstellung. Die Besucher sind eingeladen, Schinkel kennenzulernen oder neu zu entdecken und sich anregen zu lassen, seinen Spuren weiter zu folgen - sei es gleich nebenan, sei es in Aachen, Zittau oder Kurnik.

Zu den meistbesuchten Museen in Polen gehört das zwischen 1845 und 1860 nach den Plänen von Karl Friedrich Schinkel im Stil der englischen Neogotik umgebaute Schloß Kurnik bei Posen, seit dem 17. Jahrhundert Stammsitz des Adelsgeschlechts Dzialynski. Ausgewählte Fotografien zur Baugeschichte und Ausstattung des Schlosses präsentiert die Polnische Akademie der Wissenschaften, unter deren Verwaltung das Gebäude steht, gemeinsam mit den Graphischen Sammlungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg in einer Ausstellung, die in der Turmgalerie des Orangerieschlosses in Sanssouci zu sehen sein wird.

Fotografien stehen auch im Mittelpunkt einer weiteren Ausstellung zum Schinkel-Jahr. Der Potsdamer Fotograf Hillert Ibbeken begab sich in der Republik Polen auf die Spuren Schinkels und lichtete zahlreiche Bauwerke ab, die Schinkel für die preußischen Provinzen schuf. Aus den über 350 Aufnahmen, die zwischen 1998 und 2000 entstanden, zeigt die Ausstellung des Kulturforums Schwielowsee e. V. in Schloß Caputh eine stattliche Auswahl. Die Vielseitigkeit Schinkels wird nicht zuletzt auch deutlich, besichtigt man das Schloß Charlottenburg und seinen Garten. Der Neue Pavillon, ein Meisterwerk des Architekten für König Friedrich Wilhelm III., entstand nach italienischem Vorbild, um die Erinnerungen des Monarchen an seine Neapelreise 1822 wachzuhalten.

Heute beherbergt der Neue Pavillon eine hochrangige Kunstsammlung der Schinkelzeit, darunter Werke von Caspar David Friedrich, Carl Blechen, Eduard Gaertner und Schinkel, aber auch Skulpturen von Schadow und Rauch. Nach Schinkels Zeichnungen gefertigtes Mobiliar sowie Beispiele des Berliner Eisenkunstgusses und Porzellan der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM) vervollständigen die Ausstattung.

Kenner entdecken bereits im Vestibül zwei von Schinkel entworfene Kandelaber aus gebranntem Ton sowie im Grünen Zimmer einen um 1830 gefertigten Mahagoni-Salontisch mit hochklappbarer Platte. Auf dem Tisch stehen Teile eines Speiseservices aus der Berliner Porzellan-Manufaktur, geschmückt mit dem von Schinkel entworfenen Eisernen Kreuz.

Gemälde und Graphiken Schinkels zeigen das Allroundtalent des obersten Baumeisters in Preußen, der nicht nur Schlösser und Wohnhäuser, Kirchen und Grabmäler, Schul- und Industriebauten entwarf, sondern auch dem Gewerbeschaffen in Preußen seinen Stempel aufdrückte. Ein Universalgenie, das seinesgleichen sucht.

Die Ausstellung "Schinkel - Künstler. Preuße. Brandenburger" ist bis zum 9. Oktober im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Kutschstall am Neuen Markt, Potsdam, dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr, am Wochenende von 10 bis 18 Uhr, geöffnet, Eintritt 5 / 4 Euro, öffentliche Führungen an jedem ersten Sonnabend im Monat, 15 Uhr, 3 Euro plus ermäßigter Eintritt zur Ausstellung. Ein Führer zu den Schinkel-Bauten kostet im Buchhandel 29,90 Euro, im Museum 24 Euro.

Die Ausstellung "Kórnik - Ein Schinkelschloß in Polen" wird in der Turmgalerie der Orangerie, Park Sanssouci, vom 27. Mai bis 23. Juli gezeigt, dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, Eintritt 3 / 2,50 Euro.

Die Ausstellung "Schinkel in Polen - Architekturfotografie von Hillert Ibbeken" wird im Schloß Caputh vom 2. bis 23 Juli gezeigt, dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, Eintritt 4 / 3 Euro.

In 13 Kapiteln Leben und Werk vorgestellt

Er drückte dem Gewerbeschaffen seinen Stempel auf

Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte: Der alte Kutschstall am Neuen Markt in Potsdam beherbergt das Museum, in dem jetzt eine Ausstellung über Karl Friedrich Schinkel gezeigt wird. Auf dem kleinen Foto links ist das von Carl Begas geschaffene Porträt des Baumeisters zu sehen. Fotos: J. P. Anders, Hagen Immel, HBPG


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