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27.05.06 / Hauen und Stechen am linken Rand / Streit bei der WASG eskaliert: Muß September-Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus später wiederholt werden?

© Preußische Allgemeine Zeitung / 27. Mai 2006

Hauen und Stechen am linken Rand
Streit bei der WASG eskaliert: Muß September-Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus später wiederholt werden?
von Markus Schleusener

Vergangene Woche hat Berlins Landeswahlleiter bekanntgegeben, wer alles zur Abgeordnetenhauswahl im September antreten möchte. 39 Parteien haben die grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, darunter einige skurrile Formationen.

So kämpft eine Partei namens "Die Couragierten" gegen das, was sie als "scheindemokratische Beamten-Diktatur" erkannt haben will. Oder ein "Bündnis der ehrlichen Deutschen" - niemand weiß, was sich hinter diesem Namen für eine Gruppe verbirgt.

Gleich drei Parteien tragen den Namen "Wahlalternative", nämlich: "Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative" (WASG), die "Wahlalternative Soziales Berlin" (WASB) und die wohl als Lachnummer erdachte "Wahlalternative für Arbeitsplätze und soziale Gerechtigkeit Berlin" (kurz: "Berlin WAS Geht!")

Hinter der Lafontaine-Partei WASG prangt ein Sternchen. Eine Fußnote nur, die aber Sprengstoff birgt: "Es liegen Erklärungen vor, daß die Beteiligungsanzeige zurückgenommen ist." Damit steht die Teilnahme der Partei schon jetzt auf Messers Schneide und wird wohl von Juristen entschieden werden.

Vorangegangen war ein bundesweit beachteter Streit zwischen der WASG-Bundesspitze und dem Landesverband Berlin. Der Landesvorstand um Lucy Redler (Spitzname "die Rote Luzie") wollte partout gegen die "Linkspartei" zur Wahl antreten. Für den WASG-Vorstand gehören die SED-Nachfolger in Berlin zum "neoliberalen Mainstream", den es auszumerzen gilt. Die Parteibasis stützte mehrfach diesen Kurs.

Deswegen setzte der auf Fusion mit der alten PDS gepolte Bundesvorstand den Berliner Landesvorstand kurzerhand ab. Das gleiche Verfahren wurde dem WASG-Landesvorstand von Mecklenburg-Vorpommern zuteil. Auch will die örtliche WASG gegen SPD und Linkspartei gleichermaßen antreten.

Die Bundesspitze der WASG wirft ihrem Berliner Landesvorstand "schweres parteischädigendes Verhalten und ein(en) erhebliche(n) Verstoß gegen Grundsätze der Partei" vor. Die Parteirebellen aus der Hauptstadt ließ das kalt. Vielmehr hielten sie an der eigenständigen Kandidatur fest, diese sei angesichts der "unsozialen Politik des SPD/Linkspartei.PDS-Senats eine traurige Notwendigkeit", so Redler, die die notwendigen Unterschriften bereits gesammelt haben will.

Der WASG-Bundesvorstand hat für Berlin den Beauftragten Hüseyin Aydin eingesetzt, der die Wahlbeteiligungsanzeige der Rebellen wieder zurückgezogen hat.

Parallel trat jedoch ein außerordentlicher Landesparteitag zusammen. Auf dieser Versammlung wurde dem aufmüpfigen Landesvorstand bei nur einer Gegenstimme das Vertrauen ausgesprochen.

Der WASG-Landesvorstand glaubt: Unsere Absetzung ist satzungs- und gesetzeswidrig. Werde ihre Partei aufgrund rechtswidriger Schritte an der Wahlteilnahme gehindert, dann fechten sie die gesamte Wahl an, betont Redler trotzig.

Ordentliche Gerichte mischen sich äußerst ungern in solche parteiinternen Querelen ein. Tun sie es doch, dann entscheiden sie meistens im Sinne der Machthaber, in diesem Fall wären dies die WASG-Oberen auf Bundesebene.

Sollten beide Seiten auf ihren jeweiligen Positionen beharren, dann käme es zunächst zu einer Entscheidung der innerparteilichen Justiz, eines WASG-Schiedsgericht. Danach könnte die unterlegene Seite ein ordentliches Gericht anrufen. Da der Wahl-Terminkalender mit Fristen reichlich gesät ist, würden die meisten Entscheidungen im Eilverfahren gefällt. Setzen sich Lafontaine und seine Leute durch, würde die Linkspartei allein antreten. Lucy Redler und Co. könnten dann nur mit ihrer Ersatzpartei WASB (bereits angemeldet) ins Rennen gehen. Diese Spaltung der Spalter dürfte indes im Nirwana der Bedeutungslosigkeit verschwinden.

Erhalten die Abtrünnigen aber doch noch Recht, dann könnten sie mit einem Achtungserfolg sogar die SPD/Linkspartei-Koalition sprengen. Dazu reichte es - aktuellen Umfragen zufolge - wenn die WASG der Linkspartei auch nur einen Prozentpunkt abjagte.

Erhielten die Abtrünnigen erst nach der Wahl Recht, müßte womöglich der gesamte Urnengang wiederholt werden. So wie 1993 in Hamburg, wo die Richter entschieden hatten, daß die Kandidaten auf der CDU-Liste zur Landtagswahl 1991 nicht ordnungsgemäß gewählt worden waren. Egal, wie es ausgeht: Der WASG-Alleingang liegt den Linksparteilern schon jetzt schwer im Magen.


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