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27.05.06 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / 27. Mai 2006

Zartbraun / Die Verekelung des Deutschlandbildes mit Blick auf die Fußballweltmeisterschaft macht ermutigende Fortschritte
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Nach dem öden Abschneiden der aus Deutschland zum europäischen Sängerwettstreit angereisten Gruppe "Texas Lightning" kriechen lächerliche Verschwörungstheorien durchs bundesrepublikanische Unterholz. "Die anderen mögen uns nicht und haben sich hinter unserem Rücken verschworen." Auf diesen paranoiden Kernsatz lassen sich die düsteren Andeutungen zusammenstutzen, die durch Leserbriefspalten und Internet-Foren geistern.

Was für ein Schwachsinn: Umfragen belegen, daß die Deutschen zu den weitaus beliebtesten Völkern des europäischen Kontinents zählen. Der internationale Internet-Reisedienst "expedia.com" erklärte nach einer Umfrage in anderthalb Dutzend Urlaubsregionen auf der ganzen Welt die Deutschen gar zu den beliebtesten Touristen unter der Sonne. Das Fiasko von Athen hat einen anderen, ja entgegengesetzten Grund: Von Sehnsucht zerfressen erwartete das europäische Publikum den deutschen Beitrag, es fand ihn aber nicht! Woher hätten unsere Nachbarn denn wissen sollen, daß die englisch singenden Glitzercowboys mit der Saloonschönheit vorneweg aus Germanien angereist waren? Ja gut, die Ansage hätte es verraten. Doch wenn das Fernsehen in den übrigen europäischen Ländern von der gleichen Qualität ist wie das deutsche, haben die Leute sich dort ebenfalls längst angewöhnt, beim Auftritt sogenannter "Moderatoren" die Ohren zuzuklappen, umzuschalten oder mal kurz zu verschwinden.

Diese Finnen hingegen sahen wirklich so aus wie welche, die bereits seit mehreren Generationen in einem der tausend Seen des skandinavischen Landes vor sich hinmodern. Die konnten nur aus einem wasser- und sumpfreichen Gebiet stammen.

So ist es wieder mal nichts geworden mit dem deutschen Triumph, und wenn es nach den Deutschen selbst geht, wird sich die Reihe der Mißerfolge fortsetzen. Gefragt, wer wohl Fußball-Weltmeister wird, geben sie dem fernen Brasilien die größte Chancen! Klinsis Mannen landen beim eigenen Fanvolk abgeschlagen auf Platz zwei. Es sieht schlecht aus, weshalb Millionen von Fußballfachleuten voraussagen, daß die deutsche Elf nicht über die Vorrunde hinauskommt.

Das beunruhigt die Politik, die nun mit allen Mitteln vermeiden will, daß die ganze Welt bei der Blamage zugegen ist. Man ist zum Äußersten entschlossen: Um die Fremden von WM-Deutschland fernzuhalten, gibt ein ehemaliger Regierungssprecher Reisewarnungen heraus, andere Politiker entfachen Debatten, die wenigstens wie eine solche Warnung wirken. Berlins Bürgermeister Wowereit will sogar einen richtigen "Aufstand" inszenieren. Wer denkt da nicht an brennende Barrikaden oder Autobomben und schleppt seine Deutschlandbuchung umgehend zurück zum Schalter? Vielleicht sollte Wowereit seinem Kollegen in Bagdad die Städtepartnerschaft anbieten, um aller Welt zu zeigen, in welcher Liga die deutsche Metropole wirklich spielt.

Hinweise darauf, daß es sich bei vordergründig politisch motivierten Übergriffen in Wahrheit um Auswüchse eines "allgemeinen Gewaltproblems" handelt, dessen Exponenten sich mal so und mal anders kostümieren, nehmen wir übrigens dankbar entgegen. Ebenso Analysen, die zeigen, daß die "Glatzen" (ebenso wie ihr "linkes" Gegenstück, die sogenannten "Zecken") mit Ideologie weit weniger anfangen können als mit der unterirdischen Freude am Fäusteschwingen.

Nach solchen Zwischenrufen geraten wir erst richtig in Fahrt und entdecken im Handumdrehen eine "unerträgliche Verharmlosung". Verharmlosung ist dem eingeführten Sprachgebrauch folgend ja nicht weit entfernt von "Verherrlichung", also im Grunde dasselbe - schwupp hätten wir wieder ein paar neue Nazi-Sympathisanten am Wickel, die wir potentiellen Deutschlandbesuchern vorführen können.

Selbstredend kann die Verekelung von Deutschlands Ruf draußen in der Welt nur funktionieren, wenn sie auf ein bereitwilliges Publikum stößt, das zuvor gründlich präpariert worden ist. Zumindest die angelsächsischen Medien haben da gut vorgearbeitet, indem sie ihr Deutschlandbild seit Jahrzehnten mit einem zarten Braunfilm überziehen, in den Wowereits Revolutionsappell oder die Reisewarnung des Herrn Heye nun kleckerfrei hineinfließen. Wer will da von Zufall faseln, wenn ausgerechnet jetzt noch ein "Braunbär" von den bayerischen Alpen hinabsteigt?

Die Rohstoffe für Kampagnen jedweder Art beziehen wir in der globalisierten Welt übrigens aus aller Herren Länder. Da berichtet ein großes deutsches Magazin unter der reißerischen Überschrift "Riskante Verbindung", daß das Risiko für "Burschenschaftler", sich oder andere zu verletzen, "erheblich über dem anderer Studenten" liege. Daneben ein großes Bild von drei Chargierten in Schwarz-Rot-Gold. Der böse Befund rühre aber nicht vom Fechten her sondern von den Folgen exzessiver Sauferei. Im Rausch komme es auch zu überdurchnittlich vielen sexuellen Übergriffen auf "Burschenschaftlerinnen". Sodom und Gomorrha in der rechten akademischen Gewaltküche! Womit bewiesen wäre, daß die "rechte Gewalt" kein Unterschichtenphänomen ist, sondern sozusagen alle sozialen Ebenen des nichtlinken Bevölkerungssegments zutiefst prägt.

Warum nun das Mensurfechten bei den untersuchten Studenten sowenig Kratzer hinterläßt, erhellt das Magazin erst im zweiten Absatz. Den alarmierenden Erkenntnissen liegt eine Studie über 10635 Hochschüler im US-Bundesstaat North Carolina zugrunde. Sie hat mit den abgebildeten Burschenschaftern (oder mit Burschenschaftern überhaupt) nicht das Geringste zu tun. Die US-Verbindungen fechten gar nicht nach deutscher Manier und haben auch sonst mit Burschenschaften praktisch nichts gemein. Ist Globalisierung nicht wunderbar? Früher, im national beschränkten Pressezeitalter, hätten die armen Journalisten anstrengende Recherchen in deutschen Verbindungshäusern anstellen müssen, um am Ende womöglich gar nichts Würziges zu finden. Heute holt man sich einfach alle schmackhaften Zutaten vom Weltmarkt, verrührt sie mit ein paar heimischen Gewächsen und fertig ist der Brei!

Daß man in der Ferne oft viel schneller vorankommt als daheim, hat Angela Merkel nun schon mehrfach in ihrer kurzen Amtszeit erleben dürfen. Der China-Besuch war wieder so ein voller Erfolg, alle sind zufrieden mit der Kanzlerin.

Verdächtig zufrieden. Wie war das damals beim EU-Gipfel, als ganz Europa auf die "Führungsstärke" der deutschen Regierungschefin anstieß, weil sie das festgefahrene Spitzentreffen gerettet habe? Später erfuhren wir, was passiert war. Als nichts mehr ging, hat die Kanzlerin den Finger gehoben und "Okay, ich übernehm die Rechnung!" gerufen. Da ließen sie alle die Angela hochleben. War China etwa wieder so ein "Durchbruch" von der EU-Sorte? Bislang ist glücklicherweise nichts Derartiges ans Licht gekommen, doch die Deutschen ließen die Umfragewerte der Union vorsichtshalber schon mal leicht absacken.

An der Basis von CDU und CSU macht sich Kümmernis breit. Ist keine Freude, von den eigenen Hausnachbarn täglich mit den Wahlkampfbroschüren verprügelt zu werden, die man ihnen vergangenen Herbst selbst in die Hand gedrückt hatte. Oder, noch schmerzhafter: Laut daraus vorgelesen zu bekommen!

Nun ist eine CDU-Frau an die Stelle der stellvertretenden DGB-Vorsitzenden Ursula Engelen-Kefer getreten. Ingrid Sehrbrock feierte ihre Wahl als "moderne Interpretation von Einheitsgewerkschaft". Sie hält das sicher für einen gewaltigen Sprung nach vorn. Die Unionswähler dürften nach der "modernen Interpretation" der CDU/CSU-Wahlversprechen seit der Regierungsbildung bestenfalls gespannt sein, was das nun wieder zu bedeuten hat.

Warum kam Merkel in China so gut an? Hat sie wieder irgendeine Rechnung übernommen?

"Da drüben läge dann das Geld auf der Straße, Frau Merkel!" Zeichnung: Götz Wiedenroth


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