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03.06.06 / "Mieauauo!" / Liesedanks Lies'chen - Abenteuer auf vier Pfoten

© Preußische Allgemeine Zeitung / 03. Juni 2006

"Mieauauo!"
Liesedanks Lies'chen - Abenteuer auf vier Pfoten
von E. Pultke-Sradnick

Mit unnachahmlicher Grazie reckte sich Klein-Lieschen auf der grauseidenen Chaiselongue. Was war das nur wieder für ein langweiliger Tag! Kein Mensch kümmerte sich um sie. Sie beschloß, zu Meta in die Küche zu gehen. Die Haushälterin, die keine Kinder hatte, übertrug ihre Liebe auf Lieschen.

Sie wohnten in Königsberg, in der Hauptstadt Ostpreußens, und da in einer der schönsten Wohngegenden. Villen, Gärten, baumbestandene Straßen wurden von wohlhabenden Menschen, die gediegen lebten, beschaulich mit Leben erfüllt. Täglich machte Lieschen in dem großen Garten ihren Spaziergang, schielte ganz unauffällig zum Nachbarhaus hinüber und strich am Zaun entlang. War jedoch Hannibal in der Nähe, dann ging sie hochnäsig und uninteressiert vorüber.

Lieschen war natürlich eine Katze. Bereits ihre Großmutter war hier Kätzin gewesen und Lieschens Mutter natürlich auch. Liesedank hieß ihre Herrschaft, so stand es auf dem goldenen Messingschild am portalartigen Gartentor. Was hatte nun näher gelegen, als Lieschens Großmutter ‚Lisette' zu rufen. Ihre Mutter hieß daraufhin Lieselotte, erinnernd an die aus der Pfalz. Beide waren dem Leben zum Opfer gefallen und daraufhin wurde das kleine Katzenkind "Lieschen" gerufen.

Lieschens Großvater war natürlich ein etwas älterer Kater gewesen, den alle mit "Eure Lordschaft" ansprachen. Dieses hatte aber seine Tochter, Lieschens Mutter, nicht daran gehindert, neugierig durch die offene Gartentür zu schlüpfen. Dort stieß sie mit einem ungewöhnlich großen Kater zusammen, grau geringelt und außerdem trug er nur ein halbes linkes Ohr. Er sprach sie auf Plattdeutsch an, katzbuckelte und ließ seinen schönen, buschigen Schweif in welligen Bögen auf- und abrollen. "He, Marjellke", sagte er zutraulich, "wo wöllst denn henn? Kömmst e bätke möt op Miesjagd? Öck kann di ower ok wat andret zeige, öck kenn mi got ut önne Stadt. Wie könne ok bött oppe Laak (Handwerkerviertel) renne oder to em Hoaving?"

Lieselotte war von dieser plumpen Aufforderung, denn sie stammte ja aus gutem Haus, etwas überrumpelt. Aber - warum nicht? Sie ließ sich betören, entbrannte in Leidenschaft und folgte neugierig seinen Spuren. Das Ergebnis waren natürlich Lieschen und fünf weitere Geschwister, die fortgegeben wurden. Zum Glück hatte dieses kleine Kätzchen die Grazie und das blauschwarze Fell ihrer Mutter geerbt, vom Vater hatte sie nur das Draufgängerische. Beim Futter war sie so mäklig wie eine Primadonna. War der Goldrandteller einmal nicht so glänzend sauber, dann hob sie ihre kleine Pfote, die leicht erschrocken zitterte, und ging beleidigt davon. Gab es allerdings Fisch, dann war sie gierig wie eine Straßenkatze und schlang alles in sich hinein. Das sei das Erbteil ihres gewöhnlichen Vaters, sagte dann Frau Liesedank.

Lieschens Vater hatte sich nie um seine Tochter gekümmert. An die Mutter erinnerte er sich noch oft und gern. So stromerte er so manche Nacht miauend am Torweg vorbei. Lieselotte hörte es wohl und dachte mit süßem Schauder an ihn, aber so ein folgenschweres Erlebnis durfte sich nicht wiederholen.

Lieschen trieb sich, wenn sie nicht faulenzte, in der Gegend herum. Ganz hinten im Garten hatte sie vor langer Zeit ein Loch entdeckt. Beim ersten Durchschlüpfen blieb noch ein Stück-chen Fell hängen, aber mittlerweile kam sie schon ganz gut hindurch. Neulich wollte doch Hannibal, dieser Wüstling, dieses Schlupfloch benutzen, aber sie hatte ihn mit trommelnden Katzenpfötchen zurückgetrieben. Hoffentlich war er nicht zu beleidigt, denn ehrlich gesagt, dieser Hannibal, er machte schon was her ... Täglich erschien er im Frack mit heißem Hälske! Und einen weißen rechten Tatzfuß hatte er auch, mieauauo!

Fast täglich lief sie auf immer neuen Wegen über die Hufenallee zum Oberteich, sie kannte alles. In Maraunerhof war sie auch schon gewesen, aber das war unfreiwillig. Und alles nur, weil sie sich bei der alten Ludowitzschen ins Tulpenbeet gelegt hatte. Die Blätter waren so herrlich groß und kühl gewesen. Doch fast wäre sie von der Köchin mit dem Besen erschlagen worden, nur wegen ein paar zerlagerter Tulpen! Da hatte sie natürlich Fersengeld gegeben. Wäre ja nicht weiter schlimm, aber als sie auf die Straße rannte, stand doch da eine große sabbernde Bulldogge. Natürlich konnte Lieschen schneller laufen, das war vielleicht eine Hetz!

Ja, so kommt man unfreiwillig herum, so ist das Leben. Aber sie war dabei sehr weit abgekommen. Einen ganzen Tag lang und eine ganze Nacht hatte sie suchen müssen, bis ihr die Gegend wieder vertraut wurde. Und das bei ihren Stadtkenntnissen! Auch dieser Spürsinn war das gute Erbe ihres graugeringelten Vaters. Denn zugegeben, ein Leben ohne Liesedanks wär ihr schon schwer gefallen.

Beim Maler Gönnerhahn allerdings, da hätte sie auch wohnen können, den konnte sie auch gut leiden. Er wohnte nur ein paar Gärten weiter. Und wenn sie dann unter seinem Apfelbaum so still vor sich hinträumte, dann kam es schon vor, daß er sie malte, heimlich, in Öl! Das muß man sich mal vorstellen! Sie, Lieschen, tat dann so, als merke sie nichts.

Was war das Leben doch für ein schönes Geschenk. Jedes Geschöpf ist ein besonderer Gedanke Gottes, simulierte sie dabei. Es wurde schummrig und sie entschied sich zu einem Spaziergang. Eine Schloßbesichtigung könnte auch mal wieder interessant sein, vielleicht könnte sie ein paar Mäuse zum Spielen überreden. Sie lächelte in Vorfreude, zum Fressen gern hatte sie sie schon lange nicht mehr. Sie lief geschwind durch den Garten, wollte durch das Loch schlüpfen - aber Erbarmung, da saß doch diese große sabbernde Bulldogge! Sie machte vor Schreck einen Kratzfuß zum Dank dafür, daß das Loch wirklich nur ein Katzenschlupfloch war.

Mäklig und wählerisch

Jedes Geschöpf ist ein besonderer Gedanke Gottes


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