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17.06.06 / Staatsfeind

© Preußische Allgemeine Zeitung / 17. Juni 2006

Staatsfeind
von Harald Fourier

Auf den Rosa-Luxemburg-Tagen vergangenen Januar in der Berliner Humboldt-Uni: Oskar Lafontaine hatte gerade die eigenen Leute lauthals eingeschworen auf den richtigen Kurs. Nun kannte er kein Halten mehr, posierte wie Erich Honecker mit erhobener Faust und wetterte gegen Merkel und Müntefering.

Dann kam das Publikum zu Wort. Es sprach ein schüchterner älterer Herr in trachtenähnlichem Jäckchen, der trotz Mikrofon kaum zu hören war: "Lieber Oskar ...", begann er zu sprechen. Und listete dann einige sachliche Punkte der Kritik - insbesondere an der Politik des Berliner Senats - auf. Der Name des Redners: Peter Grottian.

Vor Peter Grottian muß wirklich niemand Angst haben. Der 64jährige Professor und bekennende Alt-68er ist die bekannteste Figur der globalisierungskritischen Linken in Berlin. Den Sparkurs des rot-roten Senats lehnt er ebenso empört ab wie die Privatisierung von Landeseigentum. Und wenn er die Macht dazu hätte, dann würde er wahrscheinlich auch die Deutsche Bank AG enteignen und die Lufthansa verstaatlichen. Hat er aber nicht.

Zu Grottians Anhängern gehören die absoluten Verlierer: Sozialhilfegruppen und Hartz-IV-Opfer, enttäuschte Gewerkschafter und unglückliche PDS-Abtrünnige auf WASG- Linie. Seine eigene Organisation heißt "Sozialforum". Ihr Bekanntheitsgrad ist niedrig. Weil niemand Grottian wirklich ernstnimmt.

Niemand, außer dem Verfassungsschutz. So ist jetzt herausgekommen, daß der Berliner Geheimdienst Grottian seit Jahren ausspitzelt. An welcher Straßenecke hat er sich mit Verdi-Leuten getroffen? Was schreibt er in seinen Rundschreiben an die "Freundinnen und Freunde"? Mit solchen Fragen hat sich der Verfassungsschutz laut "Spiegel" beschäftigt und sogar V-Leute auf Grottian angesetzt. Mit geheimdienstlichen Maßnahmen gegen Oppositionelle vorgehen - das hat Tradition. Und es ist auch kein Wunder, daß es in Berlin geschieht, wo die Linkspartei/PDS mitregiert. Die SED-Nachfolger stehen unter Druck, seit ihnen mit dem fusionsunwilligen Berliner WASG-Landesverband eine linke Konkurrenz für die Landtagswahlen im September erwachsen ist.

Kritiker könnten in der Causa Grottian eine weitere Bestätigung ihres Verdachts sehen, daß der Verfassungsschutz ein Mittel im Machterhaltungskampf der Parteien geworden ist. Der Fall Grottian ist die peinlichste Geheimdienstaffäre, seit herausgekommen ist, daß auch die NPD mit lauter Leuten des Verfassungsschutzes durchsetzt ist.


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