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17.06.06 / Als Nolte die Westbindung gefährdete / Vor 20 Jahren begann der Historikerstreit, ob man die Ursachen der Judenvernichtung nur bei den Deutschen suchen darf

© Preußische Allgemeine Zeitung / 17. Juni 2006

Als Nolte die Westbindung gefährdete
Vor 20 Jahren begann der Historikerstreit, ob man die Ursachen der Judenvernichtung nur bei den Deutschen suchen darf

Diese Burschen sind ja so schlau und solche Teufel", meinte der US-Finanzminister Morgenthau über die Deutschen. Sich selber hingegen betrachteten die Siegermächte als derart edel und gut, daß sie in Nürnberg Richter und Ankläger zugleich sein konnten. Die Besetzung ermöglichte den Siegern die Durchsetzung dieser Sichtweise im Land der Besiegten. Wenn dieses Welt- und Geschichtsbild gestört wird, wird das nicht widerstandslos hingenommen und der Störenfried muß mit Sanktionen rechnen.

Ernst Nolte hat sich als ein solcher Störenfried erwiesen. Vor 20 Jahren veröffentlichte er in der "FAZ" das Manuskript einer Rede, von der er behauptete, diese wegen einer Ausladung von den Frankfurter Römerberggesprächen nicht dort habe halten zu können. In diesem Text wagte er die Frage: "Vollbrachten die Nationalsozialisten, vollbrachte Hitler eine ‚asiatische' Tat vielleicht nur deshalb, weil sie sich und ihresgleichen als potentielle oder wirkliche Opfer einer ‚asiatischen' Tat betrachteten? War nicht der ‚Archipel Gulag' ursprünglicher als ‚Auschwitz'? War nicht der ‚Klassenmord der Bolschewiki' das logische und faktische Prius des ‚Rassenmords' der Nationalsozialisten?" Zuvor hatte Nolte bereits an anderer Stelle geschrieben, "daß die sogenannte Judenvernichtung des Dritten Reiches eine Reaktion oder verzerrte Kopie und nicht ein erster Akt oder das Original war".

Das war ein mehrfacher Tabubruch. Zwei seien hier genannt. Zum einen wird von den Bürgern der Bundesrepublik und auch deren Historikern erwartet, daß sie die Denke der Nationalsozialisten verurteilen, aber nicht, daß sie diese erklären oder gar verständlich machen. Hinter diesem Verbot steht der Grundsatz: "Alles verstehen heißt alles verzeihen." Zum anderen hat man die Ursachen der nationalsozialistischen Verbrechen entsprechend der Kollektivschuldthese in Deutschland und dessen sogenanntem Sonderweg zu finden und nicht im Ausland.

Entsprechend heftig waren die Anfeindungen, denen Nolte ausgesetzt war. Aus Angriff, Verteidigung und Gegenangriff entstand ein sogenannter Historikerstreit. Daß in dem Historikerstreit das Lager der Gegner und Kritiker Noltes mit Jürgen Habermas von einem Nicht-Historiker angeführt wurde, ist durchaus symptomatisch, denn was die Kritiker Noltes zum Widerstand trieb, war weniger, daß seine Thesen geschichtswissenschaftlich nicht haltbar gewesen wären, als vielmehr daß ihre geschichtspolitischen Folgen volkspädagogisch nicht gewollt waren.

Jürgen Habermas argumentierte, wer den Deutschen "die Schamröte" über Auschwitz "austreiben will, wer" sie "zu einer konventionellen Form ihrer nationalen Identität zurückrufen will, zerstört die einzig verläßliche Basis unserer Bindung an den Westen".

Dieses ist insoweit plausibel, als sich die Frage stellt, wie die Bundesregierung eine die deutschen Interessen hintanstellende Politik durchsetzen könnte, wenn man den Deutschen die Kollektivscham und den Glauben nähme, daß die Ursachen eines einzigartigen Verbrechens einzig und allein in ihrem "Sonderweg", sprich in ihrer Ungebundenheit, lägen. Vor diesem politischen Hintergrund gilt die Frage, ob Noltes Thesen wahr oder unwahr sind, als unerheblich - sie waren politisch inopportun. M. R.


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