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17.06.06 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / 17. Juni 2006

Traumata / Claudia Roth wünscht sich tragbare Hakenkreuze und Javier Solana wünscht Franz Josef Jung alles Gute
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Wo wären wir ohne Claudia Roth? In all dem Fußballtaumel geraten die wirklich wichtigen Fragen völlig aus dem Blick, weshalb die hellen Geister, die uns an sie erinnern, so ungemein wertvoll sind.

Die Grünen-Vorsitzende steht demnächst vor Gericht wegen des Zeigens verfassungsfeindlicher Symbole. Nein, nicht wegen eines roten Sterns! Stalin wußte gar nicht, was "Verfassung" bedeutet, weshalb sein Stern auch nicht verfassungsfeindlich ist. Jetzt kommt's: Claudia Roth steht wegen Herumlaufens mit einem Hakenkreuz vor dem Kadi, wohin sie sich per Selbstanzeige eigenhändig geschleppt hat.

Zu viel gesoffen? Bei Ströbele gewesen, verbotenes Kraut geraucht ("Gebt das Hanf frei!") und danach ein klein wenig balla balla? Würde die doch nie machen. Oder haben wir endlich die "wahre Roth" gesehen, die nur mal vorübergehend Grüne wurde aus Rache an ihrem Nazi-Freund, der sie verstoßen hatte, weil sie ihm zu moppelig geworden war? Ach was - nichts von dem Unsinn, Frau Roth hat ein rot durchgestrichenes Hakenkreuz getragen und will nun wissen, ob das auch verboten sei oder als Zeichen antinazistischer Gesinnung durchgehe. Sie findet es "wichtig, daß Ermittlungen gegen mich aufgenommen werden können". Das hat etwas vom heroischen Gestus kühner Forscher vergangener Tage, die ihre brandgefährlichen Entwicklungen zuerst an sich selbst ausprobiert und damit sich und ihrer Laufbahn nicht selten ein jähes Ende gesetzt hatten.

Die Richter hatten in einem gleichartigen Fall bloß das verfemte Kreuz gesehen und für egal erklärt, ob da ein Strich hindurchgehe oder nicht. Es sei wurst, in welcher Absicht oder Verzierung man die Swastika zur Schau stelle, verboten sei verboten, basta.

Irgendwie kann man die Juristen verstehen: Nehmen wir an, da klebt jemand einen roten Streifen über das Kreuz zum Zeichen dafür, daß auch er im Widerstand gegen Hitler steht. Damit geht der erkärte Feind von Nazismus und heilen Schaufensterscheiben auf Demo und es fängt an zu regnen. So sehr, daß der widerstandskämpferische Streifen langsam vom Kreuz rutscht. Ab wann ist aus dem Antifaschisten ein Faschist geworden? Muß der Streifen nur ein wenig verschoben sein oder halb weg oder dürfen ihn seine Mitmarschierer erst krankenhausreif schlagen, wenn das Klebeband im Hosenbund verschwunden ist? Und wie breit muß der Strich sein? Roth hat recht, ein Gesetz müßte her, das das genau klärt, sonst treibt noch einer Schabernack mit unserer Korrektheit: "Ab neun Millimeter: Auszeichnung für Zivilcourage. Bei weniger als neun: Drei Jahre ohne Bewährung." Die Einzelheiten bringt Claudia Roth als Gesetzesvorlage in den Bundestag ein. Dann hätten die Journalisten fürs Sommerloch nach der WM wenigstens was zu schreiben.

Wie immer werden die Spötter der Roth feixen und ihre Selbstanzeige als Folge von zuviel Sonneneinstrahlung veräppeln. Na ja, es war ja auch ganz schön heiß Anfang der Woche und die Grünen-Chefin ist ja eher so ein heller Typ.

Zudem hat sie uns vor Deutschland immer gewarnt und muß nun seit einer Woche durch die schwarz-rot-goldene Vorhölle waten. Da entstehen leicht Traumata, die dermaßen am seelischen Gleichgewicht rütteln, daß man schon mal komisch wird. Dann kommt es manchmal zu Ersatz- oder Überbrückungshandlungen, wie die Psychologen das nennen. Da sie mit dem eigentlichen Problem völlig überfordert sind, beginnen die Patienten plötzlich ziellos herumzuwirbeln und wirres Zeug zu rufen. Weil sie das allerdings immer tut, bemerkten wir die akute Seelenkrise bei der armen Roth zunächst gar nicht.

Was alles noch viel schrecklicher macht ist, daß sie sich entsetzlich allein fühlen muß. Alle salbadern sie von Patriotismus und wie herrlich alles gelungen sei. Die redlichen Bemühungen, Deutschland als "No-go-area" zu inszenieren bis hin zur "Ausländer raus!"-Kampagne des Berliner "Afrikarats" sind am Tage der WM-Eröffnung zusammengefallen wie eine faule Morchel. Was waren das früher noch für Zeiten, als es mahnende Zurechtweisungen auf die Deutschen hagelte wie: "Der nationale Virus hat Europa angesteckt, erst den Osten und jetzt den Westen. Ich warne davor, das Nationalgefühl zu einer politischen Klammer zu machen." Das haben nicht einmal Roth oder Ströbele sagen müssen. Der Satz stammt von - na? - genau: von Friedbert Pflüger, dem derzeitigen Spitzenkandidaten der Berliner CDU, der ihn der "Berliner Zeitung" am 20. August 1994 in den Block diktiert hat. Damals wußte er noch, warum er 1989 so tapfer gegen die deutsche Einheit gekämpft hatte. Dieser Tage will er die Stadt, die nach seinen Plänen für Deutschland doch niemals hätte Hauptstadt werden dürfen, als Bürgermeister regieren und hat womöglich auch so eine kleine Fahne am Auto kleben.

Claudia Roth dürfte spüren, was die Stunde geschlagen hat: Wenn erst die Opportunisten zum Feind überlaufen, wird es ernst. Die Fahne im Wind, merken die meist als erste, daß sich was dreht. Unter diesem psychischen Druck fing sie an, antifaschistische Hakenkreuze zu ersinnen. Roth hätte sich auch entkleiden und "Nie wieder Deutschland!" kreischend über den Pariser Platz flitzen können. Also seien wir nachsichtig.

Sie wäre nicht einmal der einzige, der diesen Frühsommer hysterisch geworden ist. EU-Außenpolitiker Javier Solana und Verteidigungsminister Franz Josef Jung sollen sich heftig angekeift haben am Telefon, als der Deutsche dem Spanier vorhielt, die EU-Kongo-Expedition schlampig, ja eigentlich gar nicht vorbereitet zu haben. Jung wird sich aber vor allem über seine eigene Regierung und sich selbst geärgert haben, was ja stets am häßlichsten piekst. Berlin hatte sich vor aller Welt so aufreizend in seiner "internationalen Verantwortung" gesuhlt, daß die lieben Partner in der EU die Gelegenheit beim blonden Schopfe packten und den verantwortungsgeilen Deutschen die Führungsrolle bei der unpopulären Dschungeltour ans Bein banden. Über Nacht streckte Solana alle viere von sich und ließ die Sache schluren - sollen die Deutschen doch ... Nun liegt der Schwarze Peter auf der Fußmatte der Bundeswehrplaner in Potsdam, die schon ohne den Kongo bis zum Hals im afghanischen, balkanischen und sonst welchem Verantwortungsdreck stecken, in den sie der Bundestag hineingeschwafelt hat. Ei, was werden die Generäle ihrem Verteidigungsminister Schönes erzählt haben, als er sich bei ihnen über den Stand der Dinge erkundigen wollte! Wird wohl so in die Richtung "Oberkante-Unterlippe" gegangen sein mit einem gewissen Unterton von: "Was hast du Hans Wurst dir eigentlich dabei gedacht?"

Das macht natürlich schlechte Laune, noch dazu, wenn der vertrauensvolle Partner das Europäische-Solidaritäts-Gesülze ganz ungerührt für einen Moment beiseite schiebt und einem mediterran-gelassen zunuschelt: Dein Problem!

Dabei haben Bundesregierung und Verteidigungsminister ja recht, wenn sie sagen, daß wir uns einfach engagieren müssen, weil sonst die Bürgerkriegskonflikte dieser Welt unweigerlich auch auf unser Land übergriffen. Zumindest bürgerkriegstypische Lösungsstategien für Meinungsverschiedenheiten haben bereits Einzug gehalten. An der Berliner Leistikow-Hauptschule hat sich ein Vater im Büro des Sozialarbeiters mit einigen Schülern eifirg geprügelt. Wieder mal was Neues. Schlägereien unter Schülern und Kampfhandlungen gegen Lehrer sind ja längst allgemeiner Usus in Deutschland. Nun also mischen auch die Eltern mit.

Der Gedanke an Bundeswehreinsätze im Innern bekommt zunehmend Charme. Alles was die Jungs am Kongo zu sehen kriegen - Stammesfehden, ein unverständliches Sprachengewirr und grassierender Analphabetismus - ist in der Heimat massiv auf dem Vormarsch. Und die Polizei hat keine Zeit zum Vorbeischauen, die ist beim Vermessen von Claudia Roths Hakenkreuzen.

Die Hitze, die vielen Fahnen und die politische Einsamkeit zerren am Gemüt der Grünen-Chefin

"Geben Sie's auf - das haben Sie schon in Klasse fünf nicht geschafft!" Zeichnung: Götz Wiedenroth


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