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24.06.06 / Jeanne d’Arc der Praktikanten

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24. Juni 2006

Jeanne d’Arc der Praktikanten
von Rebecca Bellano

Reden ist ja gut und schön, aber manchmal muß man auch handeln. Das hat die 29jährige Berlinerin Désirée Grebel getan und Anfang April eine Online-Petition beim Bundestag eingereicht. „Der Deutsche Bundestag möge beschließen, daß Praktika von Hochschulabsolventen, die länger als drei Monate dauern und in dem Berufsbild abgeleistet werden, für das der Hochschulabsolvent ausgebildet wurde, in ein reguläres Arbeitsverhältnis umgewandelt werden.“

Mit dieser Petition hat die Journalistik- und Geschichts-Absolventin offenbar einen Nerv getroffen, denn nicht nur, daß sie innerhalb der Unterzeichnungsfrist 48000 Unterstützer für ihren Antrag gefunden hat, auch die Medien zeigten großes Interesse an dem Thema. Ob „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Tagesschau“ oder „Spiegel-Online“; mehrere überregionale Medien machten das Anliegen publik. Dabei ist Grebel nicht selbst betroffen. Zwar hat sie acht Praktika absolviert, doch die meisten waren während des Studiums und nicht danach. Und um dieses „danach“ geht es letztendlich. Es könne nicht sein, daß hochqualifizierte Universitätsabgänger für eine Vollzeitstelle nur ein Taschengeld erhalten, so Grebel. Als sie hörte, daß einem Bekannten ein Drei-Jahres-Praktikum angeboten wurde, war für sie eindeutig klar, daß es sich nur um Ausbeutung handeln könne. Im Alleingang reichte sie die Petition ein, die so viel Zulauf erhielt, daß die entsprechende Internetseite beim Bundestag zusammenbrach.

Egal wie der Ausgang der Petition ist – der Bundestag muß sich nur mit dem Vorschlag beschäftigen, ihm aber nicht Folge leisten –, Désirée Grebel läßt so manche Arbeitnehmerverbände blaß aussehen. Beispielsweise den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Zwar hatte der DGB kürzlich eine oberflächliche Studie herausgegeben, die besagte, daß immer mehr Hochschulabsolventen für einige hundert Euro ausgebeutet würden, auch hatte man Diskussionsrunden mit Bundestagsabgeordneten geführt und europaweit zum Praktikantenstreik gerufen, doch das Ergebnis war dürftig. Grebel hat hingegen die Medien auf das Thema gestoßen und hofft, daß nun auch der Bundestag entsprechend auf ihre Petition reagiert.

Allerdings sind nicht alle Reaktionen auf ihren Vorschlag positiv. Einige Studenten befürchten, daß, sollte er umgesetzt werden, viele Firmen keine Praktika mehr anbieten würden und sie somit die notwendige Praxiserfahrung nicht erlangen könnten. Doch hier winkt die inzwischen Festangestellte ab. Wer die Petition genau liest, erkennt, daß hier nur die Rede von „Absolventen“ und nicht von „Studenten“ ist. Ihr geht es darum, daß junge Menschen mit Diplom, Magister oder Master nicht unter Wert beschäftigt werden. Sie haben schließlich ihre Ausbildung beendet und haben im Rahmen des Studiums Praxissemester absolviert. Diese Gruppe soll gesetzlich davor geschützt werden, für 400 Euro sozialversicherungsfrei ausgebeutet zu werden.

„Generation Praktikum“ – Seit einigen Jahren zeichnet sich ab, daß immer mehr Hochschulabsolventen nach ihrem Abschluß nicht mehr gleich in eine Festanstellung übernommen werden, sondern sich von einem mehrmonatigen, schlechtbezahlten Praktikum zum nächsten hangeln. Deshalb spricht man von „Generation Praktikum“.


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