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24.06.06 / Erst saß hier ein Komtur später Gefangene / Die etwa 35 Kilometer östlich Königsberg liegende Burg Tapiau wird seit 1879 als Strafvollzugsanstalt genutzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24. Juni 2006

Erst saß hier ein Komtur später Gefangene
Die etwa 35 Kilometer östlich von Königsberg liegende Burg Tapiau wird seit 1879 als Strafvollzugsanstalt genutzt
von Christofer Herrmann

Tapiau gehört zu den Anlagen des entwickelten Kastelltyps der späten Ordenszeit. Die Burg wurde über annähernd quadratischem Grundriß errichtet (46 x 48 Meter). Man verzichtetet auf Bergfried und Ecktürme, so daß nach außen hin der blockhafte reine Kubus der vier aneinander gefügten Häuser dominiert. Es handelt sich um einen frühen Großbau des „reduzierten“ Typs, dessen Entwicklungsreihe mit Ragnit (1397–1408) endete. Bemerkenswert sind die beträchtlichen Ausmaße der Burg und die Verwendung des vierflügeligen Kastelltypus, der eigentlich die klassischen Konventsburgen auszeichnete. Tapiau war im 14. Jahrhundert jedoch nur noch Pflegersitz in einem abgelegenen Randbereich des Ordensstaates. Der aufwendige Ausbau nach 1351 erklärt sich vermutlich aus der Funktion als Etappenort der Litauerfahrten. Den zahlreichen vornehmen Teilnehmern dieser Kriegszüge wollte man Zwischenstationen mit standesgemäßer Ausstattung und herrschaftlicher Architektur bieten. Bei einem Teil der eleganten Räume im erhaltenen Nordwestflügel dürfte es sich um Gastzimmer gehandelt haben.

Der Chronist Peter von Dusburgs berichtet, daß die Burg 1265 gegründet wurde. Der Name eines Komturs (Ulrich Bauwarus) ist erstmals 1280 überliefert. Nach einer im 16. Jahrhundert erwähnten Bauinschrift soll die Burg 1351 unter dem Obersten Marschall Siegfried von Dahenfeld (1347–59) an ihren heutigen Platz verlegt und neu errichtet worden sein. 1390/91 hielt sich Heinrich von Derby, der spätere englische König, während seiner Preußenreise einige Tage in Tapiau auf. Nach 157 verwahrte man hier Teile des aus der Marienburg überführten Ordensarchivs. Nach dem Ende der Ordenszeit war Tapiau ein häufiger Aufenthaltsort von Herzog Albrecht, der 1568 auf der Burg starb. Zischen 1787 und 1797 erfolgte der Abbruch von drei Flügeln und der Ausbau des nordwestlichen Flügels zur Landesarmenanstalt. 1879 richtete der preußische Staat ein Gefängnis in Tapiau ein. Dabei stockte man den erhaltenen Burgflügel auf und erstellte neue Gebäude anstelle der abgebrochenen Flügel. 1945 blieb der Bau unversehrt, und bis heute wird er als Gefängnis genutzt. Aufgrund dieser Funktion ist die Burg seit dem 19. Jahrhundert für Forscher und Besucher fast unzugänglich.

Tapiau liegt etwa 35 Kilometer östlich von Königsberg an der Hauptstraße nach Insterburg. Die Burg befindet sich am Südrand der Stadt.

Aus: „Burgen im Ordensland – Deutschordens- und Bischofsburgen in Ost- und Westpreußen“, Bergstadtverlag, Würzburg 2006, 160 Abb., 288 Seiten, 24,90 Euro, Bestell-Nr.: 5489

Ordensburg Tapiau: Ansicht aus dem Jahre 1895, als die Burg bereits in ein preußisches Staatsgefängnis umgewandelt war Foto: Herrmann


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