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01.07.06 / Preußen - aktueller denn je! / Erlebnisbericht vom XXV. osteuropäischen Seminar in Wustrau bei Neuruppin

© Preußische Allgemeine Zeitung / 01. Juli 2006

Preußen - aktueller denn je!
Erlebnisbericht vom XXV. osteuropäischen Seminar in Wustrau bei Neuruppin

Die Ost- und Westpreußen machten anläßlich des osteuropäischen Seminars vom 25.-28. Mai eine Fahrt nach Potsdam und Berlin. Die Reise wurde konzipiert und vorbereitet von Peter Bansleben, Gerhard Liessau und seiner Frau Sigrid. Es war eine gelungene Reise. Eine Reisegruppe aus Süddeutschland startete mit dem Bus in Freiburg, in Rastatt und Stuttgart stiegen weitere Teilnehmer zu. Die Fahrt ging nach Potsdam, wo wir um 18 Uhr eintrafen. Die Unterbringung erfolgte in einem Jugendgästehaus und einer kleinen Pension. Abendessen und Frühstück gab es im Jugendgästehaus.

Am 26. Mai fuhren wir um 8.30 Uhr nach Wustrau. Wir fanden dort eine brandenburg-preußische Gutslandschaft mit einer alten Kirche aus Feldsteinen. Ein Pfarrhaus und Gesindehäuser waren auch noch vorhanden. Hier baute sich der ehemalige Berliner Privatbankier Ehrhard Bödecker sein Brandenburg-Preußen-Museurn. Es war seine Liebe zu Preußen, die ihn zwang, sein Projekt zu verwirklichen. Er hat weder Geld noch Arbeit gescheut, um mit seinem Museum etwas Licht in das Dunkel der verlöschenden Erinnerung zu bringen. Er will "Wissenslücken über Preußen, diesen erstaunlichen Staat" schließen helfen. Er will versuchen, das offizielle, sehr negative Preußenbild, das die alliierten Siegermächte 1947 propagiert haben, um den Staat Preußen aufzulösen, zu relativieren. 500 Jahre Hohenzollernherrschaft darf nicht durch zwölf Jahre Nationalsozialismus vergessen gemacht werden. Auf 350 Quadratmetern Ausstellungsfläche hat Erhard Bödecker zirka 200 Exponate ausgestellt, die er jahrelang auf Sammlerbörsen und Auktionen zusammengekauft hat. Die Begleittexte, Statistiken und den 120seitigen Katalog hat er selbst geschrieben. Eine derartige Geschichtsdarstellung ist beispiellos. Er konnte sich den Aufbau dieses Museums in relativ kurzer Zeit leisten, weil er den Bau selbst finanziert hat und keine staatlichen Bevormundungen berücksichtigen mußte. In einem interessanten Vortrag erläuterte Erhard Bödecker die teils richtungweisenden Gesetze in Preußen und brachte Vergleiche zu heutigen Zuständen.

Beispielsweise wurde 1717 die allgemeine Schulpflicht für Knaben und Mädchen eingeführt. Ab 1750 gab es in jedem Ort eine Schule und einen Lehrer. Das führte dazu, daß es in Preußen nur 0,9 Prozent Analphabeten gab. Das war die geringste Quote der Welt, Preußen stand an der Spitze der Bildung. Bereits 1879 wurde ein Gesetz zur Handhabung und dem Genuß von Lebensmitteln verabschiedet. Darin heißt es: "Tiere die an Krankheiten leiden, dürfen nicht geschlachtet und verzehrt werden. Stoffe und Tapeten dürfen nur mit Farben und Klebemitteln behandelt werden, die gesundheitlich unbedenklich sind". Die Gesundheit der Menschen stand an erster Stelle. Preußen war ein Rechtsstaat. Der Staat durfte nicht mehr ausgeben als er einnahm. Die Steuerquote lag bei sechs bis acht Prozent, die nied-rigste in Europa. In Preußen gab es zirka 600000 Beamte. Heute sind es zirka fünf Millionen. In Berlin waren 1912 um die 30 000 Beamte bei 2,2 Millionen Einwohnern - heute sind es 160 000 Beamte bei 3,5 Millionen Einwohnern. Dieser Zustand müßte dringend verbessert werden.

Die Museums-Exponate lassen 500 Jahre Preußen Revue passieren. Besondere Ereignisse waren der Dreißigjährige Krieg, die Gründung der Universität Halle, die Gründung der Halleschen Anstalten, die Abschaffung von Folter und Hexenverfolgung 1714, das Verbot des Sklavenhandels (im Gegensatz zu Europa), das allgemeine Landrecht von 1794 (gleiche Rechte für jederman), die Gründung des Deutschen Bundes 1815, des Deutschen Zollvereins 1834, des Norddeutschen Bundes 1867 sowie die Kriegserklärung Frankreichs an Preußen 1870 und die Proklamation des Kaiserreichs 1871. Preußen-Deutschland war ein Bildungs- und Wissenschaftsstaat. Von 1901-1920 bekamen 20 Deutsche den Nobelpreis. (England 8, Frankreich 7, USA 2). Deutsche Produkte erreichten Weltgeltung. Das Kaiserreich war der erste moderne Sozialstaat. Der Erste Weltkrieg war bis zu jenem Zeitpunkt die größte Katastrophe für Europa. Die vorhandenen Dokumente und Unterlagen dokumentieren, daß Deutschland nicht allein Schuld ist am Kriegsausbruch. Von 1800-1940 war Deutschland an 23 Kriegen beteiligt, Frankreich an 75, England an 80.

Im Seminar "Ist das Preußentum noch zeitgemäß" trug Ehrhardt Bödecker vor: "Wer die Vergangenheit nicht kennt, weiß nicht, was wir falsch machen. Wir machen vieles falsch." So begann der Vortrag. Kernpunkte waren Arbeitslosigkeit und Rückgang des Bildungs- und Ausbildungsstandes. Die Gewerbeordnung von 1869 schaffte für Unternehmer und Mitarbeiter Verhältnisse zur freien Übereinkunft ihrer Arbeitsbedingungen und Entlohnung. Heute werden Unternehmer durch eine Vielzahl von Gesetzen gegängelt. Die Staatsverschuldung im Kaiserreich war null. Heute beträgt sie zirka 1,5 Billionen Euro.

In seinem Vortrag wies Prof. Dr. Wolfgang Stribrny, Präsident des Preußeninstituts, auf den Weitblick der preußischen Herrscher und der in dieser Zeit entstandenen Gesetze hin, wie das allgemeine Landrecht von 1701, Religionsfreiheit, allgemeine Schulpflicht, demokratisches Wahlrecht und Sozialgesetze. Diese Gesetze brachten Preußen nach vorn. Preußen und Deutschland waren richtungsweisend für Europa. Die anderen europäischen Großmächte, die sich vorwiegend auf ihre Kolonien und nicht auf eigene Arbeit verließen, kamen durch die Vorteile, die die deutschen Arbeiter hatten, in Schwierigkeiten. Die negative Propaganda trug auch zum Entstehen des Ersten Weltkrieges bei. Bei einer möglichen Neugliederung der Bundesländer könnten Brandenburg und Berlin wieder Preußen heißen, so Stribrny. Auch wir könnten auf unsere Vorfahren stolz sein, schloß er. Peter Bansleben erläuterte in seinem Vortrag Richtlinien, die in der Zukunft beherzigt werden sollten. Bei uns ist es notwendig, die ideellen Werte Preußens wieder zur Richtschnur für das Leben zu machen. Freiheit verlangt Opfer und Pflichten von uns - Kapitalismus und Sozialismus sind kontraproduktiv und keine tragfähigen Alternativen. Der Materialismus müsse überwunden werden. Ohne Preußen sei in Deutschland kein Staat zu machen!

In diesem Seminar wurden wir an Taten und Begebenheiten erinnert, die unsere Vorfahren unter ungleich schwierigeren Voraussetzungen vollbracht haben. Sie haben weitsichtig und vorausschauend Wege geebnet, die leider in späteren Zeiten wieder verlassen wurden. Dadurch wurde vielen Menschen großes Leid zugefügt. Wir müssen aufpassen, daß sich die Vorgänge des letzten Jahrhunderts nicht wiederholen. Anschließend an die geistige Belastung machte die Gruppe einen Spaziergang durch Wustrau. Es ist ein sehr schöner Ort mit hübschen Häusern und schönen Blumen. Nach einem gemeinsamen Abendessen machten wir auf der Rückfahrt einen Abstecher nach Fehrbellin, wo der Große Kurfürst mit Hilfe der einheimischen Bauern die eingedrungenen Schweden wieder aus Brandenburg vertreiben konnte.

Am Sonnabend waren Besichtigungen in Potsdam und Berlin vorgesehen. In Potsdam erwartete uns der "Leibkutscher Friedrichs des Großen", Georg Pfund, in seiner alten Uniform am Kutschpferdestall. Am Neuen Markt wohnten früher die Handwerker des Königs. Die Häuser sind alle renoviert. Am Alten Markt kann man sich die totale Zerstörung Potsdams durch alliierte Bomber in den letzten Kriegstagen am 15. April 1945 vorstellen. Die Gebäude wurden alle zerstört. Die Nikolaikirche wurde wieder aufgebaut. Das Stadtschloß wurde beschädigt und später von den kommunistischen Machthabern gesprengt. Es soll im alten Stil wieder aufgebaut werden und als Sitz des Brandenburgischen Landtags Verwendung finden. Auch die Garnisonkirche soll im alten Stil wiedererbaut werden. Der Bus fuhr uns durch das Holländische Viertel und durchs Nauener Tor nach Sanssouci. Wir machten einen Besuch am Grab Friedrichs des Großen. Auf der Grabplatte werden immer frische Blumen und Kartoffeln abgelegt. Anschließend besichtigten wir noch die neuen Kammern. Die Führung übernahm Herr Bansleben. Nach dem Mittagessen fuhren wir nach Berlin zum Schloß Charlottenburg, besichtigten mit einem Führer die Repräsentations- und Wohnräume von König Friedrich I. Die Räume wurden im barocken Stil mit den alten Möbeln wieder aufgebaut. Unser Busfahrer machte anschließend mit uns noch eine kleine Stadtrundfahrt durch Berlin.

Am Sonntag war unser letzter Programmpunkt: Spaziergang unter den Linden in Berlin. Am Brandenburger Tor erwartete uns der "Alte Fritz" (Dr. Olaf Kappelt) in voller Uniform. Er machte mit uns eine Zeitreise ins preußische Rokoko. Er erzählte uns fast zu jedem Haus eine Geschichte. Wir erfuhren auch viele Anekdoten über ihn und seine Familie. Unser königlicher Spaziergang war am Dom beendet. Es war ein Vergnügen, diesem Mann mit seinem großen Wissen der Preußischen Geschichte zuhören zu dürfen. Wir mußten jetzt schnell zur S-Bahn, denn unser Bus erwartete uns schon am Bahnhof Potsdam. Nach einer angenehmen Fahrt waren wir um 22 Uhr in Stuttgart und um 24 Uhr in Freiburg.

Diese Exkursion in preußische und deutsche Geschichte mit zirka 500 Jahren Hohenzollernherrschaft hat uns viel Wissen vermittelt, das in den letzten Jahrzehnten unterdrückt wurde. Es war ein Geschichtsunterricht der besonderen Art. Er trug dazu bei, daß man als Deutscher auf die Wurzeln der Preußischen Geschichte stolz sein kann. Das Museum des Herrn Bödecker in Wustrau enthält so viel Informationen über Preußen, daß man jedem Besucher in Potsdam oder Berlin einen Besuch unbedingt empfehlen kann. Ist Preußen noch zeitgemäß? Aus unserer Sicht ist Preußen noch zeitgemäß - mehr denn je ! M. Schulze

Preußen war ein Rechtsstaat, lange vor anderen

Kartoffeln am Grab des "Alten Fritz"

Gastgeschenk: Erhard Bödecker (r.) empfängt den Dank der Seminarteilnehmer Foto: privat


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