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15.07.06 / Vom Glück verstoßen / Schwungvoll Lebenserinnrungen der Rauthgundis Baronin von Eberstein

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. Juli 2006

Vom Glück verstoßen
Schwungvoll Lebenserinnrungen der Rauthgundis Baronin von Eberstein

"Erstens möchte ich darauf hinweisen, daß andere Leute in meinem Alter längst pensioniert sind, während ich mich jetzt mit 95 Jahren immer noch mit der Formulierung meiner Memoiren amüsieren darf, nachdem ich nun vor drei Jahren endlich damit angefangen habe ... Diese Mühe nehme ich auch nur auf mich, um das Versprechen meines Sohnes gegenüber einzulösen, das ich ihm erstmals vor 50 Jahren gab." Die schon in dem Vorwort zu ihrem Buch "Ein Leben in zwei Jahrhunderten in zwei Kontinenten - Von Genshagen nach San Francisco" ziemlich bärbeißig erscheinende Rauthgundis Baronin von Eberstein blickt auf gut hundert Jahre selbst erlebte deutsche Geschichte zurück. Die 2002 im Alter von fast 101 Jahren verstorbene Baronin hat zwar die Veröffentlichung ihrer Autobiographie selbst nicht mehr miterlebt, aber ihre Aufzeichnungen hat sie weitgehend vollenden können. Das Engagement ihr drei Kinder hat es möglich gemacht, daß die Niederschrift über das bewegte Leben der im von den Sowjets enteigneten Schloß Genshagen Aufgewachsenen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

Lebendig beschreibt die Autorin ihre Kinderzeit im ländlichen Idyll sowie ihre Jugendjahre im strengen Internat. Auch von der durch Lieblosigkeit gekennzeichneten Beziehung zu ihrer Mutter berichtet Rauthgundis Baronin von Eberstein. Als die adlige junge Dame auch noch einen Bürgerlichen ehelichte, ging ein nie mehr zu kittender Riß durch das Mutter-Tochter-Verhältnis. Dabei hatte doch alles so schön angefangen. "Hier haben wir als Eltern also alles, was schön und gut ist: Eine junge Dame aus der preußischen Gesellschaft, deren Vater temporär zweiter Mann im Staate ist und einen jungen Mann aus deutschem Uradel, preußischer Offizier und späterer Großgrundbesitzer. Es wurden also mitgebracht: Adelsnamen bester Qualität, Beziehungen, Bildung und Benimm und finanzielle Sicherheit." Dieser Linie durchbrach die junge Rauthgundis nun. Später zeigte sich bedauerlicherweise, daß der Angetraute den Bruch mit der Familie nicht wert gewesen war. Auch mit ihrem zweiten Mann hatte die inzwischen mit drei Kindern gesegnete Mutter wenig Glück.

Mit leichter Feder erzählt die Autorin von mißglückter Ehe, Zweitem Weltkrieg, Hunger, Enteignung, Armut im Westen, Auswanderung in die USA, der dortigen Armut, dem finanziellen Aufstieg in den Mittelstand und ihren letzten Lebensjahren.

Aufgrund der unterhaltsamen Anekdoten stört es nicht weiter, daß die betagte Autobiographin manchmal in der Zeit springt, ihre Formulierungen verbesserungsfähig wären und sie an manchen Stellen zu persönlich wird. R. Bellano

Rauthgundis Baronin von Eberstein: "Ein Leben in zwei Jahrhunderten in zwei Kontinenten - Von Genshagen nach San Francisco", bod, Norderstedt 2006, broschiert, 307 Seiten, 19,90 Euro, Best.-Nr. 5617


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