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22.07.06 / Nahost außer Kontrolle / Großmächte verfolgen eigene Interessen im Libanon-Konflikt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 22. Juli 2006

Nahost außer Kontrolle
Großmächte verfolgen eigene Interessen im Libanon-Konflikt
von Hans Heckel

Die in Sankt Petersburg versammelten Großmächte zeigten sich dem eskalierenden Nahost-Konflikt gegenüber praktisch handlungsunfähig. Im Falle der europäischen Staaten verwundert dies kaum, da von hier auch bislang kaum mehr als kraftlose Appelle zu vernehmen waren.

Die USA stehen im Irak mit dem Rücken zur Wand und müßten eigentlich alles vermeiden, was ihre prekäre Situation im islamisch-arabischen Raum noch weiter verschlimmert. Insofern sollten die jüngsten Gewaltausbrüche in Nahost Washington ungelegen kommen. Dennoch verzichten die USA augenscheinlich darauf, ihren ganzen Einfluß auf Israel geltend zu machen, um Tel Aviv von einer weiteren Verschärfung des Konflikts abzuhalten.

Dies liegt einerseits daran, daß die US-Regierung Verständnis aufbringt für den unbedingten Willen der Israelis, die Raketennester der Hisbollah auszuräuchern.

Womöglich aber nimmt die weitere Zuspitzung der Lage eine für die USA sogar günstige Wendung: Schon jetzt wird der Iran in der Rolle des Waffenlieferanten für die Hisbollah als Kriegsbeteiligter angesehen. Israel könnte dies zum Anlaß nehmen, seine Operationen auf den Iran auszuweiten Wenn die Frage sich stellen sollte, könnte Israel auch die iranischen Atomanlagen zerstören. Damit würde Tel Aviv den USA eine Arbeit abnehmen, die Washington vor dem Hintergrund der Weltmeinung und ob seiner eigenen Ambitionen als Ordnungsmacht im Orient eher ungern selbst erledigen würde.

Ähnlich schillernd wie die Haltung der USA ist auch die Position Rußlands: Präsident Putin hat die Anschläge der Hisbollah ebenso wie die Reaktion Israels verurteilt. Damit folgt Rußland seiner Linie, sich als verantwortungsvolle Großmacht zu profilieren.

Für Moskau bringt die jüngste Eskalation im Nahen Osten aber ebenfalls nicht nur Probleme mit sich. Als Erdölexporteur profitiert die russische Wirtschaft unmittelbar vom Ölpreisanstieg, der dem Ausbruch der Kämpfe folgte.

Darüber hinaus drängen die harten Maßnahmen Israels im Libanon und in Gaza die fortdauernden russischen Operationen gegen die tschetschenischen

Separatisten in den Hintergrund – oder lassen sie zumindest in einem milderen Licht erscheinen. Nach diversen tschetschenischen Attentaten sogar in Moskau reklamiert Rußland das Recht auf Selbstverteidigung und mithin darauf, die Täter aus ihren Höhlen zu jagen. Die Parallelität zum Vorgehen Israels sollte, so das Moskauer Kalkül, zumindest all jene Rußland-Kritiker zum Schweigen bringen, die (trotz aller Einwände) derzeit ein gewisses Verständnis für das israelische Vorgehen zeigen.

Andererseits erfordern es die geostrategischen Interessen Rußlands im islamisch-arabischen Raum, daß Moskau die Angriffe Israels dennoch als unangemessen zurückweist. Zudem sollen die Millionen Moslems in Rußland selbst nicht vor den Kopf gestoßen werden. So ist die Moskauer Diplomatie bemüht, sich möglichst aus dem brodelnden Konflikt herauszuhalten.


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