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29.07.06 / Manipulierte Todesengel / Europäische Einsatztruppe im Kongo soll auch auf Kindersoldaten schießen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 29. Juli 2006

Manipulierte Todesengel
Europäische Einsatztruppe im Kongo soll auch auf Kindersoldaten schießen

Es mutet an wie ein Karneval des Todes, wenn sie in ihren Phantasieuniformen, wild um sich schießend, durch die Straßen rennen. Sie töten, vergewaltigen, verstümmeln ihre Opfer - und teilweise, das hat ein UN-Bericht bestätigt, essen sie auch deren Fleisch.

Ehe sie in die Schlacht ziehen, lernen sie das Einmaleins der Gewalt, sie werden gedrillt und geschunden, erniedrigt und ausgepeitscht. Alkohol, Rauschgift oder Schnüffelstoffe dämpfen ihren Hunger, ihre Angst, ihre Skrupel. Der Gipfel des Psychoterrors ist der Zwang, Freunde, Verwandte oder Dorfnachbarn umzubringen. Manche dieser Kämpfer und Kämpferinnen haben gerade einmal das Schulalter erreicht. Sie führen einen Krieg der Kinder. Die kleinen Soldaten haben ein Stadium der Verrohung erreicht, das sich ein europäischer Kinderpsychologe nicht vorstellen kann. Sie sind das Ergebnis eines archaisch anmutenden Bürgerkrieges im Kongo.

Kindersoldaten sind willige und billige Jungkrieger, im Budget der Militärs oder Aufständischen stellen sie nur einen geringen Kostenfaktor dar. Man muß nicht viel investieren, um sie zu gefügigen Mordinstrumenten zu machen. Sie essen weniger als die Alten. Sie fordern in der Regel keinen Sold. Sie haben noch keine ausgeprägten Moralvorstellungen, sie sind leicht zu manipulieren. Die Identitätskrisen während der Pubertät lassen sich wirksam instrumentalisieren. Und moderne Waffen sind außerdem so klein und leicht zu bedienen, daß schon Sechsjährige damit umgehen können.

"Wenn es zu einer Duell-Situation kommt, machen meine Soldaten hoffentlich keinen Unterschied zwischen Kindersoldaten und Soldaten", sagt Drei-Sterne-General Karlheinz Viereck, der den Einsatz leitet. Das sähen auch die internationalen Regeln vor. Sobald eine lebensgefährliche Lage für die EU-Soldaten gebannt sei, würden Kindersoldaten wieder als Kinder mit Waffen behandelt und größtmöglichen Schutz bekommen, sagt Viereck. Kindersoldaten seien ein Thema. Alle Einsatzkräfte seien darauf gesondert vorbereitet worden.

Seit dem Beginn des kongolesischen Bürgerkriegs im August 1998 entlädt sich immer wieder der Haß zwischen den zwölf ethnischen Hauptgruppen des Landes. Sie lieferten sich einen Stellvertreterkrieg, bei dem insbesondere die verfeindeten Kongo-Besatzer Uganda und Ruanda Regie führten und teilweise immer noch führen. Die beiden Nachbarstaaten kämpfen um die Vorherrschaft, weil der Kongo reich ist an Gold, Diamanten, Edelhölzern, seltenen Mineralien und vermutlich an Öl.

Mit dem Kongo-Einsatz führt die EU erstmals von Beginn an eine solche Mission. Und es ist das erste Mal, daß ein deutscher General eine EU-Mission leitet. Viereck zufolge werden 800 Soldaten im Raum Kinshasa eingesetzt und 1200 im benachbarten Gabun stationiert. Von diesen insgesamt 2000 Soldaten stellt Deutschland 780.

Mit einem letzten großen Soldaten-Transport hatte die Bundeswehr am Dienstag vergangener Woche die Verlegung ihres Hauptkontingents für den Kongo-Einsatz abgeschlossen. Die 780 Soldaten, die in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa sowie im Nachbarstaat Gabun stationiert werden, seien so gut wie vollzählig, teilte das Einsatzführungskommando in Geltow bei Potsdam mit.

Aber bei den deutschen Soldaten greift langsam die Ansicht um sich, daß der auf vier Monate begrenzte Einsatz kein Spaziergang werden dürfte: "Es ist schwer nachzuvollziehen, wie man mit den paar Leuten eine Wahl absichern kann", zitierte die Nachrichtenagentur Reuters jüngst einen Soldaten, der ungenannt bleiben wollte. "Wir sollen eine Streitmacht darstellen, die nicht vor Ort ist. Das ist ein Pulverfaß hier, und die Mentalität ist nur schwer verständlich." Vorgesehen ist tatsächlich, daß die Deutschen nicht in Kinshasa Patrouille fahren. Mit Hubschraubern wolle man die Kongolesen beeindrucken, heißt es bei der Bundeswehr.

Auch ein eher kurioses Problem könnte auf die Deutschen im Kongo zukommen: Viele Einheimische verwechseln die deutsche Fahne mit der recht ähnlichen der früheren belgischen Kolonialherren, die wegen ihrer Brutalität noch immer in unguter Erinnerung sind.


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