25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
05.08.06 / Leserforum

© Preußische Allgemeine Zeitung / 05. August 2006

Leserforum

Königsberg: Die Stadt hat ihr deutsches Gesicht verloren
Betr.: "Los von Moskau, hin zur EU" (Nr. 21)

Erst kürzlich von einer Reise durch das Königsberger Gebiet zurückgekehrt, möchte ich mir einige Bemerkungen beziehungsweise Ergänzungen zu obigem Artikel erlauben.

Im Gegensatz zu den Eindrücken des Autors bezüglich der Abfertigung an dem Grenzübergang Pr. Eylau ist die Abfertigung dort mehr als schleppend. Für einen Reisebus mit 30 Personen ist eine Abfertigungszeit von zwei Stunden sicherlich keine Glanzleistung. Weniger Bürokratie wäre besser.

Dem Urteil über die Landschaft, den Straßenzustand und die Verfassung der Dörfer, oder das, was von ihnen noch übriggeblieben ist, kann ich mich nur anschließen. Hier herrscht Natur pur! Eigentlich müßte das doch der Traum eines jeden Grünen sein, zu erleben, wie die Natur altes Kulturland zurückgewinnt. Meiner Erfahrung nach werden im Laufe der Zeit noch mehr Dörfer vom Erdboden verschwinden. Viele der nicht genutzten Gebäude werden abgerissen und als Baumaterialquelle benutzt. In meinem Heimatort standen im Sommer 1992 noch sämtliche Wirtschaftsgebäude, die sich zum größten Teil noch in einem einigermaßen guten Zustand befanden. Heute nach 14 Jahren gibt es dort nur noch eine mit Unkraut bewachsene Fläche.

Doch nun zu dem frisch aufgeputzten Königsberg, das durchaus einen lebendigen Eindruck macht und heute mehr Einwohner als zur deutschen Zeit zählt. Wenn man von den wenigen restaurierten Gebäuden absieht, kann man nur feststellen, daß die Stadt ihr deutsches Gesicht verloren hat. Nicht nur die russisch-orthodoxe Kirche wirkt protzig. Übrigens, hier werden Kirchen gebaut, in Deutschland stehen sie zum Verkauf! Auch die Halle des renovierten Hauptbahnhofs mit seinen goldenen Lüstern und seinem Marmorfußboden ist überwältigend!

Über die Zukunft des Königsberger Gebietes bin ich gegenteiliger Meinung. Aus politischen und strategischen Gründen wird Rußland in absehbarer Zeit dieses Gebiet, auch wenn es Moskau jedes Jahr Millionen von Rubeln an wirtschaftlicher Unterstützung kostet, nicht aufgeben. Außerdem sollte man nicht vergessen, daß südöstlich von Königsberg weitere Öl- und Gasvorkommen gefunden worden sind. Ein "Prussija" ist ein Traum weitab jeder politischen Realität, wenn man bedenkt, daß Rußland die EU und die Nato vor der eigenen Haustür hat. In Pillau steht heute das Denkmal von Peter dem Großen an der Stelle, wo einst der Große Kurfürst stand, und Zarin Elisabeth, hoch zu Roß, hält an der Außenmole Wacht. Beide haben den Blick gen Westen gewandt. Für mich ist das eine klare Demonstration, die die russische Haltung zum Ausdruck bringt: "Bis hierher sind wir gekommen, und hier bleiben wir!"

Abschließend noch eine Bemerkung zu Germau: Bei der Ruine von Germau handelt es sich nicht um die Reste der einstigen Ordensburg, sondern es ist die Ruine der Germauer Kirche, die durch Kriegseinwirkungen zerstört wurde und in Verbindung mit dem Soldatenfriedhof zu einem eindrucksvollen Mahnmal umgestaltet wurde. Meines Wissens sind in Germau nur Gefallene, die bei den schweren Kämpfen im Samland ums Leben kamen, beigesetzt worden. Im Ersten Weltkrieg hat es im Samland keine Kämpfe gegeben.

Theodor Preuss, Immenstaad

 

Nicht Vertrag, sondern Diktat
Betr.: Versailler Vertrag

Werden gelegentlich in einer Unterhaltung zeitgeschichtliche Themen angeschnitten und dabei der Versailler Vertrag erwähnt, stellt man fest, daß bei manchen Gesprächspartnern diesbezüglich Wissensdefizite vorhanden sind.

Deshalb ist es zu begrüßen, wenn der weitgehend in Vergessenheit geratene, für Deutschland so folgenschwere Pariser Vorortsvertrag von 1919 unserer heutigen Gesellschaft ins Bewußtsein gerufen beziehungsweise in Erinnerung gebracht wird, wie das mit der Veröffentlichung der ausgezeichneten Arbeit von Herrn Mathias Schickel in der PAZ Nr. 3 vom 21. Januar 2006 geschehen ist.

Die vom Autor dieses Artikels gewählte Überschrift "... den Frieden diktieren" besagt, daß es sich bei dem für ganz Europa schicksalhaften Geschehen nicht um einen Vertrag, sondern um ein Diktat gehandelt hat.

Das damalige Vertragswerk mit seinen harten Bedingungen, das die Siegermächte des Ersten Weltkriegs die deutsche Delegation zu unterzeichnen gezwungen hatten, nannte der ehemalige tschechoslowakische Berufsoffizier Ferdinand Otto Miksche ein Friedensverbrechen.

Frankreichs Marschall Fochs Urteil lautete: "Das ist kein Frieden, das ist ein Waffenstillstand für 20 Jahre." Damit hatte er recht!

Die Auswirkungen des dem Deutschen Reich aufgezwungenen Schandvertrages, unterzeichnet am 28. Juni 1919, verursachten über zwei Jahrzehnte hinweg verhängnisvolle Spannungen in Europa, die auch zur Auslösung des deutsch-polnischen Waffengangs am 1. September 1939 führten.

Hermann Langer, Pappenheim

 

Menschlichkeit
Betr.: "Lagerleiter von Lamsdorf tot" (Nr. 28)

Dieser Lagerleiter von Lamsdorf ist nur einer von vielen, die deutsche Menschen geschunden, gequält, geschändet oder ermordet haben. Und Polen ist auch nur ein Staat, in dem derartige Verbrecher für ihre Untaten nie zur Rechenschaft gezogen worden sind.

Das ist diesen Staaten mit Verachtung und Abscheu anzulasten, was deutsche Bundesregierungen aber einschließt, die es nie für nötig befunden haben, neben den andauernden eigenen Schuldbekenntnissen auch von anderen zu fordern, was Recht und Menschlichkeit gebieten, ja ich finde ihr Verhalten noch schlimmer, zu den an den eigenen Staatsbürgern begangenen oft furchtbarsten Verbrechen geschwiegen und nicht die Bestrafung der Täter verlangt zu haben. Hierhin gehört auch der Skandal, daß in Tschechien noch immer die Überreste gefallener deutscher Soldaten in Pappkartons - inzwischen auf einem Militärgelände - herumliegen. Das ist nicht dem Volksbund mit seinen geringen Mitteln anzulasten, sondern vorrangig den Bundesregierungen.

Hubert Michel, Hamburg

 

Wie Landsknechte
Betr.: "Annan: ,Ihr müßt im Kongo bleiben'" (Nr. 29)

Herr Annan sollte die Kirche im Dorf lassen und unsere Soldaten zu Hause. Über unsere Soldaten darf nur das deutsche Parlament entscheiden, und das in Vertretung für das Volk der Bundesrepublik. Die reichlich durchlöcherte allgemeine Wehrpflicht beruht auf der Landesverteidigung, mit ihr revanchiert sich der Bürger sozusagen für all das, was ihm sein Staat gewährt. Afghanistan und der Kongo erfordern nach Hilferuf an die UN Truppen der UN, die etwa wie die französische Fremdenlegion aufzubauen wären. Sie wären von allen UN-Mitgliedern zu finanzieren. Es kann nicht sein, daß nationale Armeen wie Landsknechte behandelt werden.

Sebastian Holler, Aschaffenburg

 

"Was waren das für Ungeheuer in Menschengestalt"
Betr.: Leserbrief ",Ohne die Hilfe der Dänen wäre ich tot!'" (Nr. 28)

Seit längerer Zeit lese ich in Ihrer Zeitung immer wieder Berichte über das Flüchtlingsschicksal der Vertriebenen in Dänemark in der Zeit von 1945 bis 1947/48. Heute möchte ich mich auch einmal als Betroffene dazu äußern.

Wir (meine Eltern, meine Tante und ich) mußten unser Heimatdorf Balga, Kreis Heiligenbeil, am 18. Februar 1945 verlassen. Ich war im sechsten Monat schwanger. Ende März 1945 kamen wir nach wochenlangem Herumirren in Gotenhafen auf das Schiff "Eberhard Essberger", welches uns nach Kopenhagen brachte. In Güterzügen wurden wir bis nach Nordjütland (Agerstedt) transportiert, wo die Wehrmacht für uns sorgte, soweit es aus Platzgründen möglich war. Wir vier Personen wurden im Haus einer dänischen Familie einquartiert, die sich angeboten hatte, uns gegen Entgelt zu beherbergen.

Diese Familie hat sich uns gegenüber loyal verhalten, wir waren völlig abgesondert und, was besonders erwähnenswert ist, wir mußten unsere Notdurft hinten im Garten in einem roten Schrank verrichten. Am Tage der Kapitulation ließ man uns hungern. Kurz darauf wurden wir in ein ehemaliges Marine-Barackenlager nach Söra gebracht und von dänischen Freiheitskämpfern bewacht. In dem Lager befanden sich etwa 700 Personen. Es würde zu weit führen, wenn ich mich nun in Einzelheiten über das teilweise trostlose Lagerleben verlieren würde, aber einige Begebenheiten erscheinen mir doch erwähnenswert.

Der Verfasser des Leserbriefes "Ohne die Hilfe der Dänen wäre ich tot!" erlebte als zehnjähriger Junge die Internierung. Ein Kind in dem Alter kann nicht die Tragik nachempfinden wie die vielen Mütter, deren Kinder einfach so wegstarben. Ich gehöre auch zu ihnen.

Vielleicht wären diese Kinder noch am Leben, wenn wir nach Deutschland gekommen wären. Vielleicht hätten uns da Ärzte helfen können, obwohl auch da ein Chaos herrschte. In Dänemark aber hatte der dänische Ärzteverband im März 1945 beschlossen, den Deutschen keinerlei Hilfe zu leisten. Im selben Monat lehnte auch das "Rote Kreuz" jedes Engagement ab, weil die Stimmung gegen die Deutschen sei. Das Ergebnis: 80 Prozent der Kleinkinder, die das Schicksal nach Dänemark spülte, überlebten die nächsten Monate nicht.

Die dänische Ärztin und Historikerin Dr. Kirsten Lyloff hat eine aufsehenerregende Dokumentation über den Leidensweg der deutschen Flüchtlinge geschrieben, insbesondere der Kinder, und sie schreibt wörtlich: "Was waren das eigentlich für Ungeheuer in Menschengestalt, diese dänischen Ärzte von 1945." Allein 1945 starben 13000 Menschen, darunter 7000 Kinder unter fünf Jahren. Damit kamen mehr deutsche Flüchtlinge in dänischen Lagern ums Leben, stellte Dr. Lyloff fest, als Dänen während des ganzen Krieges.

Man kann Dänemark zugute halten, daß die deutsche Besetzung große Probleme aufgeworfen hat, aber eine Einschränkung der Lebensmittelversorgung hat es zu dem Zeitpunkt, als wir noch nicht interniert waren, bei den Dänen nicht gegeben.

Es hat mit Sicherheit in Dänemark Lager gegeben, deren Lagerleitung human mit den Insassen umgegangen ist, aber das war nicht die Regel.

Es gab auch deutschfreundliche Dänen, und manchmal flog heimlich eine Tube Zahnpasta über den Zaun, das war eine Kostbarkeit, aber viel mehr haben wir Papier vermißt, denn wir hatten für unsere Notdurft nicht einmal ein Stückchen Zeitungspapier!

Nach nun mehr als 60 Jahren sieht man alles etwas gelassener und versucht, auch Verständnis für die Dänen aufzubringen, aber diese Erlebnisse vergißt man nicht.

 Eva Droese, Kiel

 

Lagerleben: Deutsche Kinder, die nach der Flucht ihrer Eltern in Dänemark geboren wurden. Foto: pa

 

Soldaten als Retter
Betr.: Leserbrief "Ohne die Hilfe der Dänen wäre ich tot" (Nr. 28)

Der PAZ-Leser scheint vergessen zu haben, daß es wir, die Soldaten der Deutschen Wehrmacht, waren, die ihn zu seinem "Eindringen" nach Dänemark verholfen haben. Ohne uns wäre er in Königsberg elendiglich verreckt und hätte heute keine Möglichkeit, den Dänen überbordend zu danken. Mir sind da Erlebnisberichte von in Scharen in Dänemark "eingedrungenen" ostpreußischen Flüchtlingen in Erinnerung, die anders klingen als die des damals zehnjährigen Leserbriefschreibers.

Wir waren es doch, die ihre Knochen hingehalten haben, damit der Knabe mit Mutter, Oma und Tante an Bord des Lazarettschiffes gehen konnte. Auch unseren Kameraden der Marine hätte er dafür danken müssen, denn sie haben Übermenschliches geleistet. Hätten wir den Hafen Pillau nicht freigehalten, dann wären noch mehr unserer Landsleute in die Mörderhände der von Ilja Ehrenburg aufgebrachten roten Soldaten gefallen und elendiglich zugrunde gegangen. Durch unseren Einsatz konnten noch einen Tag nach der bedingungslosen Kapitulation Schiffe mit Flüchtlingen aus Pillau auslaufen und sie in Sicherheit bringen. Das sind die Fakten! Wem also wäre zu danken?

Friedrich Kurreck, Offenbach a. M.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren