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12.08.06 / "Wir kolonisieren uns freiwillig" / "Sprachnachrichten" suchen Sprachpanscher des Jahres 2006

© Preußische Allgemeine Zeitung / 12. August 2006

"Wir kolonisieren uns freiwillig"
"Sprachnachrichten" suchen Sprachpanscher des Jahres 2006
von H.-J. von Leesen

Über 26000 Mitglieder hat er inzwischen, der vor wenigen Jahren gegründete "Verein Deutsche Sprache e. V.", eine private Initiative, die mit Witz und Intelligenz gegen die immer noch grassierende Verhunzung der deutschen Sprache durch schlechtes Englisch kämpft. In ihren "Sprachnachrichten", einer professionell gemachten abwechslungsreichen Mitgliederzeitschrift, regt er seine Anhänger zu Initiativen gegen die Gegner unserer Sprache an und unterrichtet über die Vereinsaktivitäten. Und die werden immer phantasiereicher und schlagkräftiger.

In der neuesten Ausgabe prangert der Verein im Leitartikel an, daß unsere Eliten "die deutsche Sprache scheuen". Grund ist die öffentlich geäußerte Meinung des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Oettinger, in Zukunft werde in Deutschland Englisch die Arbeitssprache sein. Das Deutsche bleibe lediglich die Sprache der Familie, der Freizeit, die Sprache, in der man Privates liest. Die "Sprachnachrichten" nennen ihn deswegen einen "Sprachlakaien", der "Deutsch zur Pantoffelsprache erklärt", und schlagen ihn mit vier anderen als Kandidaten für die Wahl zum diesjährigen "Sprachpanscher" vor.

Ein anderer ist Dr. Jörg von Fürstenwerth vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Der "kämpft gegen Drogen, scheint selbst aber benebelt zu sein, indem er jungen Menschen in Deutschland englische Brocken um die Ohren haut", wie das Blatt drastisch schreibt. Die genannten Beispiele seiner Ausdrucksweise lassen einem die Haare zu Berge stehen: "Don't Drug and Drive", "drug test", "drug scout", "your licence to drive", "party people", "No risk - no fun", "chill out", "look out", "after hour".

Ein anderer Kandidat, den die "Sprachnachrichten" einen "rohen Sprachflegel" schimpfen, ist Theophil Graband von der Norisbank, Nürnberg, weil er "das ehrwürdige Nürnberger Frankenstadion" in "easyCredit-Stadion" hat umtaufen lassen. Auch Professor Dr. Klaus Hempfer von der Freien Universität Berlin kommt schlecht weg. "Mit ,Humanities Centers', einer ,Graduate School', ,Think Tanks', ,Workshops' und ,Clusters' führt er die FU hinab zu Mickymaus und Donald Duck."

Und als fünfte der Kandidaten wird die NRW-Ministerin für Schule und Weiterbildung, Barbara Sommer, vorgeschlagen. Sie "versucht die Lesefähigkeiten von Hauptschülern mit dem Projekt ‚Zeitung4you' zu fördern. So geht's nach Pisa", höhnt das Blatt.

Nun können die Mitglieder bis zum 26. August den größten "Sprachpanscher" wählen, der dann öffentlich an den Pranger gestellt wird. Bisher haben fast alle großen deutschen Medien darüber ausführlich berichtet.

"Wir kolonisieren uns freiwillig", wenn wir die deutsche Sprache gering achten und wenn von Staats wegen nichts dagegen unternommen wird. Daher setzt sich der Verein dafür ein, nach dem Vorbild von inzwischen 21 Staaten auch in Deutschland die Muttersprache ins Grundgesetz aufzunehmen. Bisher hüllten sich darüber die zuständigen staatlichen Stellen und auch die großen Parteien in Schweigen. Der VDS hat nun eine Arbeitsgemeinschaft "Deutsch ins Grundgesetz" gebildet, die die Anstrengungen verstärken und bündeln soll.

Gelobt wird die Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach, die ein Gesetz zum Schutz der deutschen Sprache fordert. Wie notwendig das ist, begründet sie mit englischen Brocken, die sich immer mehr breit machen, wie "Carsharing" und "Call a Bike" bei der Deutschen Bahn, "Passenger Check" und "Baggage Claim" beim Frankfurter Flughafen oder "Shaving Foam", "Bath Soap" oder

"Peach" and "Honey Mask" in Kosmetikabteilungen von Warenhäusern, und das, obwohl 30 Prozent der Deutschen kein Wort Englisch sprechen oder verstehen, sich aber schämen, das zuzugeben.

In jeder Ausgabe der Zeitschrift werden "Sprachhunzer" aufgespießt, um die Mitglieder anzuregen, diesen Herrschaften ihre Meinung mitzuteilen. Warum, so fragt man, muß der Hamburger Justizsenator Carsten-Ludwig Lüdemann eine von ihm geplante Neueinrichtung von Schülergerichten nach amerikanischem Muster "Teen Courts" nennen? Gibt es dazu keinen deutschen Namen?, fragen die "Sprachnachrichten". Man sieht auch nicht ein, daß der Optiker Norbert Tönsmann in Bielefeld neuerdings als "Well Seeing-Berater" auftritt, um dazu beizutragen, daß die Leute in Bielefeld "mehr Look" bekommen.

Monatlich schlägt der Verein in der Aktion "Lebendiges Deutsch" für zwei englische Begriffe bessere deutsche Bezeichnungen vor, so zuletzt statt "brainstorming" lieber "Denkrunde", statt "Fast Food" eher "Schnellkost". Das Medienecho auf diese Aktivität ist außerordentlich stark.

Man sieht, daß die Millionen von Deutschen, die sich täglich über die Ruinierung der deutschen Sprache ärgern, nicht allein sind. Inzwischen gibt es eine immer mächtiger werdende Bewegung, an der bald auch die Politiker nicht vorbei kommen.

(Verein Deutsche Sprache e. V., Postfach 104128, 44041 Dortmund)


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