20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
26.08.06 / Geschäftstüchtig / Michael Willmann als Zeichner und Chef einer Werkstatt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. August 2006

Geschäftstüchtig
Michael Willmann als Zeichner und Chef einer Werkstatt

Als Maler ist er allgemein bekannt: Michael Willmann aus Königsberg, der im schlesischen Leubus wirkte. Seine Werke sind heute in vielen europäischen Museen zu finden. Gemeinsam mit Schülern und Helfern schuf er immerhin im Laufe seines Lebens Hunderte von Gemälden und Fresken. Daß der Königsberger auch ein hervorragender Zeichner war, ist allerdings meist nur Eingeweihten bekannt. Nicht zuletzt ist es schließlich auch seinen Mitarbeitern, darunter Johann Eybelwieser, sein Stiefsohn Johann Liska, sein Sohn Michael Leopold Willmann d. J. und sein Enkel Georg Wilhelm Neunhertz, zu verdanken, daß Willmann mit seiner Werkstatt zeitweise große Erfolge feiern konnte.

Auch schon im 17. Jahrhundert gehörte zum Erfolg ein wenig Werbung. Willmann mußte seine Werke schließlich unters Volk bringen, und so schuf er immer wieder Entwürfe für Grafiken, die von anderen Kupferstechern ausgeführt wurden. Auf diese Weise demonstrierte er seine schöpferische Erfindungsgabe und machte potentielle Kunden auf sich aufmerksam. Auch besaß seine Werkstatt eine große Sammlung von sogenannten „Prototypen“, also Zeichnungen von Händen, Füßen, Köpfen und anderen Körperteilen, die immer wieder in eine andere Arbeit „eingebaut“ werden konnten.

Andrzej Koziel, der seine Dissertation zum zeichnerischen Werk Willmanns an der Universität von Breslau vorlegte und der auch den Umkreis des Meisters berücksichtigte, erläuterte in einem Katalog zu einer Ausstellung in Salzburg und Stuttgart 2001 die Vorgehensweise des Künstlers: „Die in dieser Werkstattsammlung enthaltenen Musterzeichnungen sicherten die kompositorische Grundlage für die Arbeit des Meisters, und auf ihrer Anwendung fußte gewiß auch das Modell der Übermittlung fundamentaler Entwurfsinformationen an die Mitarbeiter, welche erst die gemeinsame Bearbeitung eines Gemäldes ermöglichten.“

Koziel nennt die beachtliche Zahl von mindestens 418 Bildern, die Willmann gemeinsam mit seiner Werkstatt in den Jahren 1660 bis zu seinem Tode 1706 schuf - „zum überwiegenden Teil Staffeleigemälde von ansehnlicher Größe - sowie 54 Fresken. Die bemalte Fläche allein jener Werke, die in Leubus nach der Aufhebung des Klosters verblieben, belief sich auf 300 Quadratmeter bei den auf Leinwand ausgeführten Gemälden und 620 Quadratmeter bei den Fresken.“

„... es verging wohl kaum ein Tag in seinem Leben, an dem er nicht gezeichnet hat“, schrieb Hubertus Lossow in seiner vorzüglichen Monographie „Michael Willmann 1630-1706, Meister der Barock-malerei“ (Bergstadtverlag Wilhelm Gottlieb Korn, Würzburg, 1994). Koziel hält dem entgegen und schreibt, daß Willmann kaum ein leidenschaftlicher Zeichner war.

„Die Zahl der Zeichnungen ... können wir lediglich auf ein paar hundert schätzen ... Wenngleich das Zeichnen höchstwahrscheinlich keine alltägliche Form der Beschäftigung Willmanns war, heißt das jedoch nicht, daß die Zeichnung eine unwesentliche Rolle in seinem Schaffen spielte. Im Gegenteil - ohne die Anfertigung von Zeichnungen wäre es für Willmann schwieriger gewesen, die Grundlagen für seine künstlerische Ausbildung zu bekommen, seine an Mitarbeitern reiche Malerwerkstatt hätte nicht funktionieren können, er selbst wiederum hätte mit Gewißheit den überregionalen Ruhm eines ‚schlesischen Apelles‘ nicht erlangt.“ (Man)


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren