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16.09.06 / Rückbesinnung auf Werte / Papst Benedikt XVI. begeistert Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / 16. September 2006

Rückbesinnung auf Werte
Papst Benedikt XVI. begeistert Deutschland
von Felix Menzel

Es waren eindrückliche Botschaften, die Papst Benedikt XVI. den Deutschen bei seinem Besuch vermittelt hat. Fünfeinhalb Tage ist Joseph Ratzinger in die für ihn wichtigsten Orte seiner bayerischen Heimat gereist. Schaulustige säumten die Straßen, ganze Heerscharen von Gläubigen kamen zu den drei großen Messen. In der Landeshauptstadt München, wo man Ratzinger noch als Erzbischof in Erinnerung hat, jubelten ihm 250000 Menschen bei einem Gottesdienst zu, am Wallfahrtsort Altötting nahe seinem Geburtsort Marktl am Inn waren es 60000, und in Regensburg, wo er lange an der dortigen Universität lehrte, strömten gar 350000 auf der "Papstwiese" zusammen. Über allem zeigte sich ein strahlend blauer Himmel, und zahlreichen Gläubigen war die tiefe Freude über die Begegnung mit dem 79 Jahre alten Kirchenoberhaupt anzusehen.

Was bleibt von der Reise Benedikts XVI. nach Deutschland, der zweiten mit dem Weltjugendtag in Köln vergangenes Jahr? Zunächst einmal hat sich die Herzlichkeit eingeprägt, mit der er auf die Menschen zuging, soweit dies die Sicherheitsvorkehrungen erlaubten. Seit seiner Wahl zum Papst im Frühjahr 2004 hat Ratzinger das Zerrbild des reaktionären "Hardliners" oder "Panzerkardinals" korrigieren können, das mißgünstige Medien von ihm in seiner Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation gezeichnet hatten. Einige Journalisten sah man jetzt nervös an ihren Bleistiften kauen angesichts der Begeisterung der Bürger über "ihren Papst", die im traditionell romkritischen Deutschland auch viele Nicht-Katholiken, ja sogar Nicht-Christen erfaßte. Auch vielen skeptischen Geistern nötigt es Respekt ab, wie der Papst - freundlich im Ton, doch fest in der Sache - unbeirrt an einem konservativen christlichen Wertefundament festhält.

In entscheidenden gesellschaftspolitischen Fragen stand und steht die katholische Kirche quer zu einem Zeitgeist, der noch immer von der 68er-Generation bestimmt ist. Der Papst erscheint damit als Vertreter einer Gegenkultur. Seine Kirche predigt ein traditionelles Verständnis der Familie, die sie gegen falsch verstandene Emanzipation, gegen übersteigerten Individualismus und die von Rot-Grün eingeführte "Homo-Ehe" zu verteidigen versucht. Sie predigt die Unantastbarkeit menschlichen Lebens, die angesichts von rund 200000 Abtreibungen jedes Jahr in Deutschland und der Debatten um assistierten Suizid für alte Menschen von brennender Aktualität ist. Die "Überschätzung der Vernunft gegenüber dem Glauben" hat der Papst in seiner Predigt in München gerügt und Grenzen für die wissenschaftliche Forschung, man denke an das Klonen von Menschen, angemahnt. In diesen Fragen wird die katholische Kirche, sofern sie sich als moralische Autorität noch ernst nimmt, nicht von ihren Standpunkten abrücken können.

Natürlich hat die Visite Papst Benedikts XVI. auch die bekannten Kritiker auf den Plan gerufen. Die alten Reizthemen wie Zölibat und Sexualmoral kamen in Pressekommentaren erneut aufs Tapet. Die Forderung, auch die katholische Kirche müsse sich "der gesellschaftlichen Realität stellen", erscheint dabei mehr als zweifelhaft. Die evangelischen Landeskirchen in Deutschland, die viele Verirrungen der Moderne und des relativistischen Zeitgeistes mitgemacht haben, sind damit nicht besser gefahren - im Gegenteil. Die Mitgliederzahl der Evangelischen Kirche in Deutschland sinkt noch weit schneller als die der katholischen Kirche. Sie befindet sich in einer noch tieferen Identitätskrise, ausgelöst durch allzu starke Anpassungsbereitschaft, eine Art "Selbstsäkularisierung". Inzwischen hoffen immer mehr Protestanten, durch eine Rückbesinnung auf traditionelle Werte die weitere Erosion aufhalten zu können.

So mag vom Besuch des Papstes ein Signal zum Aufbruch weit über seine Kirche hinaus gehen. Benedikt XVI. hat in bewegenden Worten verdeutlicht, wie viel ihm Heimat - geistige und geographische Heimat - bedeutet. Er hat betont, daß man Fremdes erst achten und respektieren könne, wenn man sich der eigenen Kultur und des eigenen Standpunkts bewußt ist. Diese Botschaft des "deutschen Papstes" sollte in Deutschland nicht überhört worden.


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