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16.09.06 / Schwarz und Weiß und Rot / Wie der Dreifarb des Norddeutschen Bundes und des deutschen Kaiserreichs entstand

© Preußische Allgemeine Zeitung / 16. September 2006

Schwarz und Weiß und Rot
Wie der Dreifarb des Norddeutschen Bundes und des deutschen Kaiserreichs entstand
von Manuel Ruoff

Der Sieg über die andere deutsche Großmacht im Bruderkrieg von 1866 versetzte Preußen in die Lage, den Norden Deutschlands unter seiner Führung im Norddeutschen Bund zu einen. In einen Verfassungsentwurf für diesen Bund fügte der preußische Ministerpräsident Graf Otto von Bismarck am 9. Dezember 1866 handschriftlich den Passus ein: "Die Kauffahrteischiffe sämtlicher Bundesstaaten führen dieselbe Flagge: Schwarz-Weiß-Rot."

Dieser Dreifarb hatte bis dahin keine Tradition in der Geschichte der deutschen Nationalsymbolik, und so drängt sich die Frage nach den Gründen für die Wahl gerade dieser Farbkombination auf. Wir wissen von dem Realpolitiker, daß ihm "das Farbenspiel ganz einerlei" war: "Meinethalben grün und gelb und Tanzvergnügen oder auch die Fahne von Mecklenburg-Strelitz. Nur will der preußische Troupier nichts von Schwarz-Rot-Gold wissen." "Farbenfragen" waren für ihn "untergeordnete Dinge". Er hatte "mehr zu tun, und wer über solche Fragen stutzt, ist nicht reif". Angesichts dieses Desinteresses liegt der Schluß nahe, daß Bismarck in der Flaggenfrage für Anregungen von außen empfänglich war.

Eine derartige Anregung lieferte der Sekretär der Handelskammer zu Hamburg Adolf Soetbeer. Am 22. September 1866 schrieb der Norddeutsche im "Bremer Handelsblatt": "Da wir Norddeutschen dem Schwarzrotgold nicht so nahe stehen wie unsere Brüder im süddeutschen Raum, wäre es angebracht, nun, da wir Hansestädte uns mit den Preußen vereint haben, schwarzrotweiß statt schwarzrotgold zu wählen. Weil aber schwarzrotweiß nicht gar so schön aussieht, ist es vielleicht tunlich, daß Weiß in die Mitte zwischen den beiden anderen Farben zu setzen, wie weiland die Franzosen ja das Weiß des königlichen Lilienbanners auch zwischen die Pariser Stadtfarben blaurot gesetzt haben. Also unsere Hansefarben und das Schwarzweiß unseres königlichen Präsidenten wäre wohl, was uns gut anstünde."

Zweieinhalb Monate später entstand Bismarcks handschriftlicher Zusatz, der die Frage der Handelsflagge klärte. Er fand seinen Niederschlag im Artikel 55 der am 1. Juli 1867 in Kraft getretenen Bundesverfassung: "Die Flagge der Kriegs- und Handelsmarine ist schwarz-weiß-roth." Außer der Handels- basierte nun auch die Kriegsflagge auf den Farben Schwarz, Weiß und Rot. Das deutsche Kaiserreich übernahm diese Flaggenregelung. 1892 wurde Schwarz-Weiß-Rot auch noch Nationalflagge.

Ein halbes Jahrzehnt später, ein Jahr vor seinem Tod, berichtete Bismarck rückblickend in den "Hamburger Nachrichten": "Der Bundeskanzler ... befürwortete bei Seiner Majestät dem König die jetzige Zusammenstellung, weil in derselben nicht nur das preußische Schwarz-Weiß, sondern auch das Weiß-Rot der Hanseaten und Holsteiner, also der stärksten außerpreußischen Schiffszahl, vertreten war. Und in der Tat ergab es sich, daß diese Einfügung der heimischen Flagge in die Bundesflagge in den Hansestädten und in Holstein Beifall fand. - Dem Könige gegenüber machte der Bundeskanzler für diese Zusammenstellung noch das Motiv geltend, daß Weiß-Rot die alten brandenburgischen Farben seien, wie sie bis zur Zeit des Großen Kurfürsten geführt wurden, und diese Erwägung trug nicht wenig dazu bei, den König mit der Hinzufügung der roten Farbe in die Flagge zu befreunden."

Allerdings scheint der König Bismarck die ihm gebotene Erklärung nicht wirklich abgenommen zu haben. So pflegte er, wenn ihm im Beisein seines Regierungschefs die schwarz-weiß-roten Farben zu Gesicht kamen, zu scherzen: "Da haben Sie Ihre brandenburgischen Fahnen." In der Tat ist es kaum eingängig, daß eine Kombination aus Symbolen Preußens und Brandenburgs Norddeutschland symbolisieren soll.


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