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23.09.06 / "Einenvon uns" gewählt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 23. September 2006

"Einen von uns" gewählt
von Bernhard Knapstein

Von 2,37 Millionen wahlberechtigten Berlinern haben keine 300000 ihre Zweitstimme Pflügers CDU überantwortet. Eine historische Schlappe!

Berlin hat Pflüger nicht abgestraft. Nein, es kam weit schlimmer: Berlin hat den Unionskandidaten schlichtweg ignoriert. Ihn, den ehedem hoffnungsvollsten Senkrechtstarter der CDU, den an der renommierten Harvard-Universität promovierten Politologen sowie verteidigungs- und außenpolitischen Experten. Pflüger genießt in außenpolitischen Fragen international Anerkennung, aber die - wie überhaupt politische Kompetenz - ist im Land Berlin derzeit wenig gefragt. Der Mann hat keine Ecke, keine Kante und wirkt auch sonst aalglatt. Friedbert Pflüger zeigt sich stets liberal und polarisiert nicht gegen Multikulti, politische Gegner oder sonst etwas. Als er am Vorabend des Wahltages dann doch gegen Klaus Wowereit polemisierte, Berlin brauche "endlich wieder eine First Lady", wirkte das unbeholfen, ja peinlich.

Und Berlinbezüge? Da fällt einem bei Pflüger wenig ein. Halt, da war anno 1991 sein emotionaler Beitrag im Bundestag zur Umzugsfrage der Regierung nach Berlin, - er war dagegen! Wowereit mußte nicht viel tun, um "seine" Berliner für sich einzunehmen. Auch er hat nur 30,8 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten. Die waren ihm aber von vornherein gewiß. Wowereit kennt die Berliner "Szene" mit all ihren Nachtschattengewächsen, und sie kennen ihn. Der ewige Strahlemann hat im Wahlkampf kein Finanzloch geleugnet und kein Problem wegdiskutiert. Er vertritt aber auch kein politisches Programm zum Schuldenabbau, zur Wirtschaftsförderung oder zur Bewältigung multiethnischer Konflikt-Eskalationen wie an der Rütli-Schule. "Unsere Probleme sind nicht klein, aber Berlins Chancen sind groß!" Mit solch schlichten Sätzen wurde der Regierende zum Mitfühlenden, der den Berlinern wieder Hoffnung und Lebensfreude einhauchte.

"Wowi" ist selbst Programm. Er wurde als "Einer von uns" gewählt. Der Berliner braucht einen Regierenden mit Ecken, Kanten und ein bißchen Berliner Schnauze. Das schafft Vertrauen. In Zeiten der Großen Koalition und im Dunste der Münteferingschen Offenbarung, Politiker sollten nicht an Wahlversprechen gemessen werden, ist Vertrauen in Politik und Politiker rar geworden, - sehr rar.

Die Wahlergebnisse haben es deutlich gemacht: Pflüger ist in Berlin nichts und Wowereit ist Berlin. Der CDU-Mann hat jetzt fünf Jahre Zeit, echte Berliner Luft zu schnuppern, sich in der Oppositionspolitik eine ordentliche Reibungsfläche ausscharten zu lassen und "Einer von uns" zu werden.


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