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23.09.06 / Braun, gelb oder weiß / Ob Steinpilze, Pfifferlinge oder Champignons - Pilze sind eine Bereicherung des Speiseplans

© Preußische Allgemeine Zeitung / 23. September 2006

Braun, gelb oder weiß
Ob Steinpilze, Pfifferlinge oder Champignons - Pilze sind eine Bereicherung des Speiseplans
von Ruth Geede

Spät kommen sie, doch sie kommen: Der nasse August machte es möglich, daß nach der langen Dürreperiode jetzt doch noch leidenschaftliche Pilzsammler ihrem einbringenden Hobby frönen können. Für diejenigen, die mangels natürlicher Pilzgründe oder absoluter Unkenntnis nicht auf die Suche gehen können, sind die Märkte reich gedeckt, wo gelbe Pfifferlinge und braune Steinpilzköpfe die Kunden anlachen. "Litauische Pfifferlinge" steht auf den Körben zu lesen oder "Pilze aus Masuren". Die ostpreußischen Wälder decken auch hier den Tisch für alle, die diese begehrten Gewächse lieben.

Wenn es auch das Jahr über Zuchtchampignons gibt - jetzt würzen die Wildpilze, nach Wald und Wiese duftend, mit ihrem unverwechselbaren Eigengeschmack den spätsommerlichen Speisezettel.

Wer schon als Kind durch die heimischen Wälder gezogen ist und Körbe voller "Gelböhrchen" und "Birkenpilze" mit berechtigtem Sammlerstolz heimtrug, wird ein Leben lang Pilzkenner bleiben und eßbare von ungenießbaren und giftigen Schwämmen unterscheiden können.

Unerfahrenen Pilzsuchern sei zur Vorsicht geraten, sie sollten auf jeden Fall einen versierten Pilzkenner hinzuziehen. Pilzberatungsstellen gibt es in allen wald-reichen Gebieten, und ihre Überprüfung ist sicherer als ein mitgenommenes Pilzbuch, das zwar Grundkenntnisse vermitteln kann, aber letztendlich doch nicht davor schützt, daß man in freier Wildbahn einen Satanspilz mit einem Steinpilz verwechselt.

Das ist natürlich bei der im Handel angebotenen Ware nicht der Fall. Hier ist vor allem auf die Frische zu achten, auf Festigkeit und guten Geruch. Pilze verderben aufgrund ihres hohen Wassergehaltes und ihrer zarten Struktur rasch. Deshalb darf man sie nicht in einem Plastikbeutel nach Hause tragen und auch nicht darin aufbewahren, sondern sie luftig und locker bis zum baldigen Verbrauch im Kühlschrank lagern.

Das sind Grundkenntnisse, die allgemein bekannt sein dürften, aber in unserer Zeit kommt noch ein anderes Problem hinzu, das uns seit dem Reaktorunglück von Tschernobyl im Jahr 1986 beschäftigt und noch immer für viele Verbraucher ein Unsicherheitsfaktor ist: die Strahlenbelastung in Wildpilzen. In der Tat sind die Folgen auch jetzt noch meßbar, denn das radioaktive Cäsium 137 ist langlebig.

Während es in Obst, Gemüse und Getreide kaum noch festzustellen ist, weil die in Wiesen - und Ackerböden enthaltenen Tonmineralien die radioaktiven Substanzen binden, wird es im Waldboden gespeichert und über die Wurzeln an die Pflanzen weitergegeben. Aber keine Panik: Es besteht durchaus keine Gefahr für die Gesundheit bei kontrolliertem Pilzgenuß, auch da, wo vor 20 Jahren heftige Regenfälle das Cäsium aus der Tschernobylwolke wuschen und damit die Böden speisten. Das war vor allem in Südbayern, im Bayrischen Wald und in Südwürttemberg der Fall, so daß auch noch heute dort die Meßwerte höher als im Norden Deutschlands liegen. Wie gering sie trotzdem sind, beweist ein Vergleich: Selbst wer ein 200-Gramm-Gericht mit Maronenröhrlingen ißt, den erwartet eine ähnliche Belastung wie ein Flug von Frankfurt nach Gran Canaria. So das Bundesamt für Strahlenschutz!

Die beliebten Maronen gehören zu den "Cäsiumsammlern" wie auch Birkenpilze und der Semmelstoppelpilz, während Steinpilze und Pfifferlinge geringe Werte aufweisen. Nahezu unbelastet sind Parasolpilze und Waldchampignons. Trotzdem sollten Wildpilze nicht in großen Mengen verzehrt werden, raten die Spezialisten des SGS Instituts Fresenius, Taunusstein, und begrenzen den wöchentlichen Verbrauch mit höchstens 250 Gramm pro Person.

Es gibt aber auch noch einen anderen Grund für eine maßvolle Verwendung selber gesammelter Pilze: der Artenschutz. Leider ist es viel zu wenig bekannt, daß einige Pilze aufgrund der Bundesartenschutzverordnung nur in geringen Mengen und für den Eigenbedarf gesammelt werden dürfen. Unter Schutz gestellt sind Steinpilz, Pfifferling, Schweinsohr, Brätling, Birkenpilz, Rotkappe und Morchel.

Wie steht es aber mit den Pilzen aus dem Supermarkt wie den von uns so geliebten Gelböhrchen, den Pfifferlingen aus den masurischen Wäldern? Wer diese Handelsware kauft, den schützt auch das Gesetz. Für wild wachsende Pilze, die in EU-Ländern auf den Markt kommen, gilt ein Höchstwert von 600 Becquerel pro Kilogramm. Importware, die diese Grenze überschreitet, darf bei uns nicht in den Handel gelangen. Der Importeur muß ein Nachweiszertifikat über die Unbedenklichkeit der Ware erbringen.

Die Kontrolle ist sicher und schnell, innerhalb weniger Minuten läßt sich die Radioaktivität in computergestützten Anlagen exakt überprüfen. Mengenmäßig und im Labor kontrolliert können Pilzliebhaber Steinpilz, Pfifferling & Co. unbesorgt genießen! So richtig mit Schmand, Speck und Zwiebeln geschmort - na ja, mit Joghurt und paar Schinkenwürfeln geht es auch! Zum Huckenbleiben!

Noch ein Tip: Pilzgerichte können entgegen der bisherigen Meinung ohne weiteres aufgewärmt werden, wenn sie vorher zügig abgekühlt und im Kühlschrank bei zwei bis vier Grad aufgehoben werden. Vor dem Servieren nochmals auf mindestens 70 Grad erhitzen.

Foto: Pilzsammler im Wald: Nur die bekannten Sorten kommen in den Korb. (Archiv)


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