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23.09.06 / Worüber Irans "Atatürk" stürzte / Vor 60 Jahren verzichtete Schah Reza Pahlavi auf den Pfauenthron

© Preußische Allgemeine Zeitung / 23. September 2006

Worüber Irans "Atatürk" stürzte
Vor 60 Jahren verzichtete Schah Reza Pahlavi auf den Pfauenthron
von Manuel Ruoff

Die Begriffe "neuer Naher Osten", "Krieg gegen den Terrorismus" und Regimewechsel" sind neu, doch den Wunsch, den Nahen und Mittleren Osten nach ihren Interessen und Vorstellungen zu ordnen, hatten die Angelsachsen auch schon vor dem 11. September 2001.

Das Schicksal Schah Reza Pahlavis zeigt sehr anschaulich, daß eine unabhängige Regierung des Iran nicht islamisch und theokratisch sein muß, um Opfer angelsächsischer Regimewechselbestrebungen zu werden. Das Vorbild des Schahs war nämlich nicht irgendein Ayatollah, sondern der Vater der modernen Türkei, "Atatürk", der wie er aus dem Militär in die Politik wechselte.

Reza kam in Sevad Kuh, einem Dorf nordöstlich von Teheran, 1878 zur Welt und damit zu Zeiten der Kadscharen-Dynastie, einer Phase tiefster nationaler Erniedrigung. Rezas Zeitgenosse Lord George Nathaniel Curzon (1859-1925), der als britischer Außenminister der Curzon-Linie seinen Namen gab, sprach vielsagend von der "vollständigste[n] und außerordentlichste[n] Überlassung der gesamten Wirtschaftsquellen eines Königreichs an Ausländer, die man sich vorstellen konnte", wobei es sich bei den angesprochen Ausländern neben den Russen vor allem um Curzons Landsleute handelte.

Reza wünschte als Nationalist diesem Zustand ein Ende zu bereiten. Nach einer glänzenden Karriere im Militär unternahm er 1921 den "Marsch auf Teheran". Als Ergebnis dieses Staatsstreichs wurde er noch im selben Jahr Kriegsminister und Oberbefehlshaber der Armee, 1923 Ministerpräsident sowie 1925 Schah. Der von ihm begründeten neuen Dynastie gab er den Namen "Pahlavi", was soviel wie "heldenhaft" bedeutet.

Entsprechend dem erklärten Vorbild "Atatürk" versuchte er, aus seinem Land einen unabhängigen, laizistischen, westlichen, modernen Nationalstaat zu machen. Kaum daß er an der Macht war, erklärte er den Protektoratsvertrag, in dem Persien 1919 britische Militär-, Verwaltungs- und Finanzhilfe akzeptiert hatte, für ungültig; 1928 schaffte er mit den sogenannten Kapitulationen die rechtliche Sonderstellung der Ausländer ab; und 1932 widerrief er die Ölkonzessionen von Anglo-Persian Oil. Aus Militär und Wirtschaft entließ er britische und russische Berater. Wo sich Ersatz nicht im eigenen Land finden ließ, griff er auf Deutsche zurück, die gut ausgebildet waren, von denen er aber keine imperialistische Gefahr fürchtete.

Verständlicherweise mißfiel dieses den Briten, um so mehr, als Deutschland 1939 ihr Kriegsgegner wurde. Für einen Regimewechsel fehlten ihnen jedoch vorerst die Möglichkeiten. Das änderte sich, als 1941 auch die Sowjetunion Kriegsgegner Deutschlands wurde. Nun waren auch die Russen gegen die Deutschen im Iran. Zudem verband jetzt Angelsachsen und Russen, die beiden traditionellen großen Gefahren iranischer Unabhängigkeit, der Wunsch, die Transiranische Eisenbahn für den angelsächsischen Nachschub für die Sowjetunion nutzen zu können. Da der Schah es als Bruch der iranischen Neutralität ablehnte, der anglo-russischen Forderung nach Ausweisung der Deutschen und Überlassung der Eisenbahn nachzukommen, überfielen Briten und Russen im August 1941 den Iran und nahmen einen Regimewechsel vor. Reza mußte im September jenes Jahres zugunsten seines Sohnes Mohammad Reza abtreten und wurde deportiert.

Der neue Schah war jung, unerfahren und politisch weniger talentiert als sein Vater und verhielt sich so willfährig, wie von den Invasoren erhofft. Er erfüllte deren Forderungen, ging mit ihnen ein Bündnis ein und erklärte deren Gegner Deutschland den Krieg.


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