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30.09.06 / Ohne Bildung keine Leser / Frankfurter Buchmesse widmet sich dem Kampf gegen Analphabetismus und begrüßt Gastland Indien

© Preußische Allgemeine Zeitung / 30. September 2006

Ohne Bildung keine Leser
Frankfurter Buchmesse widmet sich dem Kampf gegen Analphabetismus und begrüßt Gastland Indien
von Rebecca Bellano

Bildung ist der "zentrale Prüfstein für die Zukunftsfähigkeit" verkündete Bundespräsident Horst Köhler in einer "Berliner Rede" vergangene Woche. Bildungschancen seien Lebenschancen, so Köhler. Doch während der Bundespräsident die Deutschen noch ermahnte und für den Mut plädierte, "anderes zugunsten der Bildung zurückzustellen", waren die Vorbereitungen für die Frankfurter Buchmesse mit ihrem diesjährigen Schwerpunkt "Bildung" schon abgeschlossen.

Vom 4. bis 8. Oktober sind die Buchhändler aus aller Welt wieder in der hessischen Finanzmetropole, um sich über die neuesten Trends auf dem inzwischen längst globalisierten Buchmarkt zu informieren. Und während die Verlage und Händler vier Tage - Privatbesucher dürfen nur am Wochenende für 9,50 Euro Eintritt auf das Gelände - auf 13 Hallenebenen bei den 3000 deutschen und 4000 ausländischen Ausstellern noch Besonderheiten suchen, wird der Schwerpunkt Bildung immer wieder angesprochen werden, zumal 1200 der Aussteller Fachverlage für Schule, Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung sind.

Jürgen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, bezeichnet Bildung gerade für die Buchbranche als extrem wichtig. Schließlich handele sie "mit Ideen und Geschichten, mit Inhalten aus Wissenschaft, Politik, Philosophie, Medizin und Kunst". Nur gebildete Menschen zählten zu ihren Kunden. Daher auch das diesjährige Engagement gegen Analphabetismus. Die Tatsache, daß allein in Deutschland vier Millionen Menschen nicht lesen können - weltweit sollen es sogar 700 Millionen sein - schreckt natürlich Verlage wie Buchhändler gleichermaßen. "Für die Buchbranche ist das Thema Bildung gerade auch unter ökonomischen Aspekten von elementarer Bedeutung, beruht ihre unternehmerische Tätigkeit doch darauf, daß es Leser gibt - daß ihre Produkte genutzt werden können und nachgefragt sind", so Boos. "Je wichtiger Bildung genommen wird, um so größer auch die Wachstumschancen." Und so tummeln sich in diesem Jahr zahlreiche internationale Experten aus dem Bildungsbereich auf der Frankfurter Buchmesse, aber auch Menschenrechtler werden anwesend sein, denn auch für sie ist das Thema von großer Wichtigkeit: Das Recht auf Bildung ist schließlich in der UN-Menschenrechtscharta verankert. Alphabetisierung ist der Schlüssel zur Entfaltung eines jeden Menschen, so die Devise.

Was man mit Bildung erreichen kann, führt auch das diesjährige Gastland Indien (siehe Kasten links) vor. Nicht nur, daß es seine Literatur und Kultur vorstellt, auch über die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in dem asiatischen Land wird im Rahmen der Buchmesse diskutiert werden. Und hier fällt der Blick wieder auf die Bildung zurück, denn gerade die im Bereich Bildung zuvor getätigten Anstrengungen hatten den derzeitigen Wirtschaftsboom überhaupt möglich gemacht. Und so ist Indien in Frankfurt auch mit einer seiner seit Jahren weltweit bekannten Stärken vertreten: dem Können in Sachen Computer, hier speziell Digitalisierung von Texten fürs Internet, CD-Rom und DVD.

Betrachtet man die Ausstellerstatistik nach Produkten, wird schnell offenbar, daß nur 43,1 Prozent von ihnen sich dem gebundenen Buch widmen, 8,7 Prozent vertreiben Zeitschriften, Zeitungen und Journale, 8,5 Prozent CD-Roms, 6,1 Prozent Kalender, Poster und Postkarten, 5,2 Prozent Hörbücher, 4,5 Prozent DVD, der Rest verteilt sich auf Buchkunst, Gemälde, Landkarten, Software und ähnliches. Wenn auch das altehrwürdige Buch in Frankfurt nur eines unter vielen begehrten Objekten ist, so gehört ihm auf der der Buchmesse angeschlossenen 2. Antiquariatsmesse die Bühne ganz allein. Mehr als 100 Sammler und Liebhaber antiquarischer Bücher bieten hier begehrte Ausgaben aus fünf Jahr-hunderten an. Unter den Auslagen befindet sich beispielsweise das erste gedruckte Kochbuch aus dem Jahr 1480, das den stattlichen Preis von 40000 Euro hat, oder ein 1949 in Japan erschienenes Kinderbuch, das die Geschichte von Bambi erzählt, Kostenpunkt 250 Euro.

Im ganzen wird die Frankfurter Buchmesse wieder ein gesellschaftliches Großerlebnis sein, bei dem sich über 1000 Autoren und Stars aus Theater und Fernsehen die Klinke in die Hand geben. Prominente wie Frank Schätzing, Donna Leon, Günter Grass, Wolf von Lojewski, Roger Willemsen, Alfred Biolek, Rufus Beck, Cordula Stratmann, Hape Kerkeling und Dieter Hildebrandt haben sich schon angesagt.

Doch die Frankfurter Buchmesse ist nicht nur Fachmesse und Literaturfest, sondern auch eine Plattform für die Debatte kultureller und gesellschaftlicher Themen, wie es sich bisher immer wieder gezeigt hat. Und so steht die Messe, wie ihr Direktor Boos kurz vor Beginn betonte, auf drei Säulen: "auf der wirtschaftlichen, die von allen dreien die tragfähigste sein muß, auf der kulturellen, natürlich, und auf der politischen, genauer gesagt der gesellschaftspolitischen".

Von jenen drei Säulen inspiriert werden die zahlreichen Verleihungen, die im Rahmen der Buchmesse in Frankfurt stattfinden. So wird schon zwei Tage vor Beginn der Messe der Deutsche Buchpreis vergeben. Danach werden im "Comic-Zentrum" Nachwuchstalente ausgezeichnet, der schönste Comic-Laden erhält einen Publikumspreis und die Filmbranche veranstaltet am Messe-Freitag eine Gala in der Oper Frankfurt zur Verleihung des "Hessischen Film- und Kinopreises". Auch der Deutsche Jugendliteraturpreis wird vergeben, die beste Kindersoftware wird mit dem "Tommi" ausgezeichnet und am letzten Messetag findet der Preisregen in der Frankfurter Paulskirche seinen Höhepunkt. Hier wird am Sonntag der 1941 im ostpreußischen Deuthen geborene Soziologieprofessor Dr. Dr. h.c. Wolf Lepenies mit dem mit 25000 Euro dotierten Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.


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