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07.10.06 / "Er war groß, schön wie Apollo" / Vor 200 Jahren fiel Prinz Louis Ferdinand - Er war nicht nur ein Frauenschwarm, sondern auch ein geschätzter Komponist

© Preußische Allgemeine Zeitung / 07. Oktober 2006

"Er war groß, schön wie Apollo"
Vor 200 Jahren fiel Prinz Louis Ferdinand - Er war nicht nur ein Frauenschwarm, sondern auch ein geschätzter Komponist
von Barbara Mussfeldt

Nicht nur die Frauen, darunter auch die spätere Königin Luise und ihre Schwester Charlotte, waren angetan von dem jungen Preußenprinzen, dessen Namen heute kaum noch einer kennt. Auch gestandene Männer wußten Louis Ferdinand von Preußen zu loben, der vor 200 Jahren im Kampf gegen den Feind sein junges Leben lassen mußte. General Friedrich August Ludwig von der Marwitz sprach aus, was viele empfanden: "Er war ein Herr, wie wohl, seit die Welt sich so ganz ins Flache gewandt hat, keiner wieder geboren wird. Er war groß, schön wie Apollo, geschickt in allen Leibesübungen, ein gewandter Reiter, einer der gefürchtetsten Schläger im Fechten, dabei so außerordentlich stark, daß ich gesehen habe, wie er drei Finger in die Läufe von drei Infanteriemusketen steckte und sie so mit einem Male aufhob. Wenn er erschien in der sehr schönen und prächtigen Uniform seines Regimentes, sei es zu Fuß, sei es zu Pferde - und nie auf einem anderen als dem allerschönsten -, so war es nicht anderes, als wenn der vornehmste Herr in der Welt, der schönste und der Kriegsgott selbst sich sehen ließ. Bei allen diesen Eigenschaften war es kein Wunder, daß er der Liebling aller Frauen war, was er gehörig zu benutzen verstand."

Prinz Ludwig Friedrich Christian von Preußen, besser bekannt als Prinz Louis Ferdinand, wurde am 18. November 1772 als Sohn von Markgräfin Anna Elisabeth Luise von Brandenburg-Schwedt und Ferdinand von Preußen, dem jüngsten Bruder Friedrichs des Großen, geboren. Louis Ferdinand verlebte mit seiner Schwester Luise (geb. 1770) und seinem Bruder August (geb. 1779) eine fröhliche und unbeschwerte Kindheit im Schloß Friedrichsfelde. Durch Hauslehrer bekam er eine umfassende Ausbildung in Geschichte, Geographie, Mathematik, deutscher Grammatik, Naturgeschichte und Moral. Außerdem zeigte sich schon früh seine musikalische Begabung und sein großes Interesse am Klavierspiel. Von Friedrich dem Großen wird berichtet, er habe an der Entwick-lung seines Neffen großes Interesse bekundet. So wünschte er sich, eine Persönlichkeit wie Louis Ferdinand würde seine Nachfolge antreten, ein Wunsch, der sich allerdings aufgrund der Erbfolge nicht erfüllen ließ.

1789 trat Louis Ferdinand in die Armee ein, wo er im Infanterie-Regiment Möllendorf diente. In den folgenden Jahren erwarb er sich einen außergewöhnlichen Ruf als heldenhafter und mutiger Offizier und wurde 1792 zum Generalmajor, 1799 schließlich zum Generalleutnant befördert. Seine Kühnheit im Kampf, aber auch sein menschliches Verhalten gegenüber dem Gegner machten ihn beliebt und berühmt.

Als wieder Friede im Land herrschte, konnte Louis Ferdinand sich erneut seiner geliebten Musik widmen. In den adeligen und bürgerlichen Salons von Berlin und Hamburg war er ein gern gesehener Gast. Unter dem Einfluß seines Freundes Johann Ludwig Dussek begann Louis Ferdinand auch ernsthaft zu komponieren. 1803 erschien sein erstes Werk, ein Quintett für Klavier, zwei Violinen, Viola und Violoncello.

Als glänzenden Pianisten und Kompositeur schätzte ihn sogar kein Geringerer als Ludwig van Beethoven. "Er spielt weder königlich noch prinzlich, sondern wahrhaft wie ein tüchtiger Klavierspieler", sagte Ludwig van Beethoven anläßlich eines Berlin-Besuchs 1796, als beide vor dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. spielten. Wiedergesehen haben die beiden sich 1804 in Wien. Beethoven hatte dem Prinzen sein vollendetes Klavierkonzert c-Moll op. 37 gewidmet. Prinz Louis Ferdinand weilte damals in Wien, um Möglichkeiten eines österreichisch-preußischen Militärbündnisses auszuloten. Sehr zum Ärger eines Großteils der Anwesenden ließ er sich Beethovens gerade vollendete Symphonie "Eroica" gleich mehrmals vorspielen. Die meisten Anwesenden wußten mit dieser "neuartigen" Musik nichts anzufangen. Auch der Königsberger Johann Friedrich Reichardt, seines Zeichens Hofkapellmeister dreier Preußenkönige, verehrte den um 20 Jahre jüngeren Prinzen, der ihn des öfteren in Giebichenstein besuchte. Der Komponist und Kapellmeister sah in Louis Ferdinand einen vorbildlichen Fürsten, dem alles, was er will, gelingt.

Die musikalische Schaffensphase des preußischen Prinzen endet jäh 1806 mit dem Ausbruch des Krieges gegen Napoleon. Prinz Louis Ferdinand fiel am 10. Oktober 1806 an der Spitze eines sächsischen Husarenregiments nach tapferer Gegenwehr im Handgemenge nahe Wöhlsdorf bei Saalfeld. Sein früher, tragischer Tod wurde im Volk zutiefst betrauert und löste eine Art Heldenkult aus, der noch das ganze 19. Jahrhundert anhielt. Seine Klavierwerke aber wurden immer weniger gespielt und verschwanden Mitte des 19. Jahrhunderts völlig aus dem Repertoire der Pianisten.

Zunächst wurde der Prinz im Schloß der Herzöge von Sachsen-Coburg zu Saalfeld aufgebahrt und dann beigesetzt. Am 20. März 1811 wurden die sterblichen Überreste in die Gruft der Hohenzollern im Berliner Dom überführt. Carl von Clausewitz schrieb rückblickend im Dezember 1806 über den zwei Monate zuvor gefallenen Prinz Louis Ferdinand von Preußen: "So unangenehm es war, die Kampagne mit einem unglücklichen Gefecht eröffnet zu sehen, so war doch bei weitem der größte Verlust, den wir dabei erlitten, das Leben eines Prinzen, der schon lange die Augen von ganz Europa auf sich gezogen hatte und Eigenschaften besaß, die auf die Erscheinung eines zweiten Condé in der Geschichte die größte Hoffnung machte. Es gibt wenig Menschen, derem ganzen Wesen die Natur den Heldencha-rakter so deutlich aufgeprägt hätte, und selten gehen aus ihrer Hand so reich, ich möchte sagen, so prächtig ausgestattete Menschen hervor."

Auf Initiative seiner Schwester Luise, der Fürstin Radziwill, und des Landesherrn Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg Saalfeld wurde Karl Friedrich Schinkel 1821 beauftragt, ein Denkmal für Louis Ferdinand zu schaffen. Der Baumeister wählte für das Denkmal, das heute am Rande einer modern ausgebauten Straße steht und von einem Relief von August Kiss geziert wird, eine klassische Form, um das "griechische" Wesen des Prinzen hervorzuheben. Durch die dichter werdende Besiedlung hat das Denkmal seine idyllische Lage in freier Natur verloren. Von 1981 bis 1984 mußte es abgebaut und restauriert werden. Heute erinnert es wieder an den vor 200 Jahren gefallenen Prinzen, den die Nachwelt so sehr verehrte. 1857 setzte Theodor Fontane ihm ein literarisches Denkmal in Form einer Ballade: "Blauäugig, blond verwegen, und in der jungen Hand den alten Preußendegen." Die dramatischen Verse gehen noch heute zu Herzen: "Zu spät zu Kampf und Beten! / Der Feinde Rossehuf / wird über Nacht zertreten, / was ein Jahrhundert schuf; / ich seh' es fallen, enden, / und wie alles zusammenbricht - / ich kann den Tag nicht wenden, / aber leben will ich ihn nicht ! / Und als das Wort verklungen, / rollt Donner schon der Schlacht, / er hat sich aufgeschwungen, / und sein Herze noch einmal lacht. / vorauf den andern allen / er stolz zusammenbrach; / Prinz Louis war gefallen, / und Preußen fiel ihm nach."

Schon 1849 hatte Fanny Lewald, die Dichterin aus Königsberg, einen historischen Roman mit dem Titel "Die Abenteuer des Prinzen Louis Ferdinand" veröffentlicht. Auch wenn sich die Autorin nicht an historischen Tatsachen orientierte, gehört das Buch dennoch zu ihren erfolgreichsten.

In Musikerkreisen wurde der Hohenzollernprinz auch noch lange nach seinem Tod geschätzt. So schrieb der Komponist Robert Schumann im Jahr 1840 über den Prinzen: "Vielleicht erinnert man sich auch des romantischsten aller Fürstensöhne, des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen und seiner Quartette, die ihm in der Geschichte der Musik ein unvergängliches Andenken sichern." Der Musikkritiker Tobias Debuch erkannte für die Nachwelt: "Die Werke Louis Ferdinands wirkten inspirierend auf Schubert, Weber, Spohr und vielleicht sogar Chopin. Robert Schumann hat auf den Vorläufer-Charakter von Louis Ferdinands Musik für sein eigenes Werk hingewiesen und hat den Satz geprägt, es seien ,auf die neue Musik vor allem Franz Schubert und Prinz Louis Ferdinand von Preußen, ein paar höchst poetische Naturen, von großem Einfluß' gewesen."

Wie kaum ein anderes Mitglied der preußischen Herrscherfamilie, ausgenommen Friedrich der Große und Königin Luise, hat Prinz Louis Ferdinand einst die Gemüter bewegt. In unserer schnellebigen Zeit ist er darum zu Unrecht vergessen.

Veranstaltungen zu Ehren des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen: Am 8. Oktober findet eine Andacht in der Johanniskirche zu Saalfeld statt. Im Anschluß daran enthüllt der Chef des Hauses Hohenzollern Georg Friedrich eine historische Gedenktafel, die wieder am Marktplatz angebracht werden soll. Nachmittags wird in einer Feierstunde am Gedenkstein an die Ereignisse von 1806 erinnert. Aber auch die unzähligen preußischen, sächsischen und französischen Soldaten, die in der Schlacht von Saalfeld ihr Leben lassen mußten, sollen nicht vergessen sein. Am 10. Oktober ist eine Gedenkveranstaltung im Dom zu Berlin geplant, wo Prinz Louis Ferdinand in der Hohenzollern-Gruft seine letzte Ruhe fand.

Im Nikolaisaal zu Potsdam findet am 10. September, 18 Uhr, eine Stunde der Musik statt. Zum 200. Todestag des Prinzen spielen Mitglieder der Kammerakademie Potsdam und Gäste das Trio für Violine, Viola und Violoncello c-Moll op. 9 Nr. 3 von Ludwig van Beethoven und das Quartett f-Moll für Violine, Viola, Violoncello und Klavier op. 6 von Louis Ferdinand von Preußen. Das (erhaltene) Gesamtwerk (op. 1 bis op. 13) Louis Ferdinands von Preußen gibt es auf 4 CDs in einer Box bei Thorofon (Bella Musica).


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