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14.10.06 / Kampf der Giganten / Kalifornische Öl-Konzerne wehren sich gegen geplante Umweltsteuern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 14. Oktober 2006

Kampf der Giganten
Kalifornische Öl-Konzerne wehren sich gegen geplante Umweltsteuern
von Liselotte Millauer

Am 7. November gehen die Amerikaner zum letztenmal vor den Präsidentschaftswahlen 2008 an die Urnen. Schwer angeschlagen durch neueste, schlagzeilenträchtige Sex- und Korruptionsskandale sowie das außenpolitische Desaster Irakkrieg mit seinen menschlichen wie finanziellen Folgen kämpfen die Republikaner um ihre Mehrheiten. Es könnte sein, daß Senat und Repräsentantenhaus oder gar beides in die Hände der Demokraten fällt.

Auch der kalifornische Gouverneur, der in Österreich geborene Ex-Schauspieler Arnold Schwarzenegger, steht am 7. November zur Wiederwahl, die er jedoch haushoch vor seinem farblosen demokratischen Konkurrenten Angelides gewinnen dürfte. Denn Schwarzenegger hat sich mit einer starken und klugen Regierung viele Freunde in beiden Parteien gemacht. Bei dem Republikaner Schwarzenegger zeigen sich zudem deutliche Einflüsse seiner demokratischen Ehefrau Maria Shriver und ihrer Kennedy-Familien. Sein stärkstes Wahlkampfthema ist der Umweltschutz. Denn wie in Amerika üblich, stimmen die Wähler nicht nur über ihre Gouverneure und Vertreter in Washington ab, sondern auch über eine Reihe neuer Gesetzesvorschläge, "Propositions" genannt.

Unsummen fließen in die TV-Werbespots, mit denen Gegner wie Befürworter der einzelnen Initiativen die Zuschauer allabendlich nervtötend berieseln. Das teuerste Duell wird um die sogenannte "Proposition 87" geführt. 40 Millionen Dollar hat der demokratische Filmproduzent Stephen L. Bing in die "Ja zu 87"-Kampagne gesteckt. Das ist die höchste Spende eines einzelnen Privatmannes, die je für eine Wahl-Initiative in Kalifornien gegeben wurde. Die betroffenen Öl-Gesellschaften kontern mit 22,5 Millionen von Chevron, 12,6 Millionen von Aera (wie Chevron Partner von Shell Oil und Exxon Mobil) und 4,75 Millionen von Occidental Petroleum.

Was ist die "Proposition 87" überhaupt? Sie ist eine Steuer-Initiative, "Clean Alternative Act" genannt. Danach würden die in Kalifornien produzierenden Öl-Gesellschaften über einen Zeitraum von zehn Jahren eine neue Pump-Steuer zwischen 1,5 und sechs Prozent per Barrel zu zahlen haben (je nach Öl-Preis pro Barrel), um ein alternatives Vier-Milliarden-Dollar-Energie-Programm zu finanzieren. Beginn der neuen Steuer, falls das Gesetz durchkommt, Januar 2007.

Kalifornien hat, nach Texas und Alaska, die größte Öl-Produktion in den USA. 2005 waren es 230 Millionen Barrel, rund 630000 Barrel am Tag. Der Bedarf des Sonnen-Staates wurde 2005 zu 37 Prozent aus eigenem Öl gedeckt, zu 21 Prozent aus Öl aus Alaska und zu zirka 42 aus ausländischem Öl (in der gesamten USA sind es 60 Prozent). Dies kommt zum weitaus größten Teil aus Saudi-Arabien und dem Irak. Durch die explosive Weltlage und die unabsehbare Krise, die der Irakkrieg geschaffen hat, geht das Bestreben dahin, vom ausländischen Öl so weit wie möglich wegzukommen.

Schwarzenegger sieht allerdings auch, wie die Kritiker von "87", die Gefahr, daß eine zu hohe Neu-Besteuerung der Öl-Produzenten (über 400 Millionen im Jahr) das Gegenteil erreichen würde. Zwar wäre ihnen verboten, die Kosten durch erhöhte Benzinpreise auf den Verbraucher abzuwälzen, aber sie könnten die Rohöl-Preise für die Raffinerien erhöhen, die bisher ihren Bedarf bei kalifornischen Produzenten deckten, jedoch auf Öl aus anderen US-Staaten oder gar dem Ausland zurückgreifen könnten. So könnten auf Umwegen doch die Benzinpreise steigen, nachdem sie jetzt, in der größten Energie-Krise des Staates bereits das Dreifache betragen. Auch könnten die Ölgesellschaften lustlos werden und weniger pumpen. Arbeitsplätze würden verlorengehen. Die neuzuschaffende bürokratische Verwaltung für den "Clean Act" würde unnötige Steuergelder kosten und könnte sich auch als nutzlos erweisen.

Und das alles, so das Hauptargument der Gegner des "Clean Act"-Programms, während die Alternative Energie den zur Zeit größten Boom in der Privatwirtschaft zeigt. Wo die Autokonzerne wie Honda, Toyota und VW bereits in heißer Konkurrenz neue Fahrzeuge herstellen und weiterentwickeln und auch sonst auf allen Gebieten, die der "Clean Act" umfassen soll, ein begeisterter Wettkampf auf dem privatem Sektor ausgebrochen ist.

"Hunderte von Millionen an privatem Geld", so die "L.A. Times" in einem Editorial, "werden in Firmen gepumpt wie die in L. A. beheimatete ,Altra Inc.', die dabei ist, ein Netzwerk von Ethanol- und Bio-Diesel-Betrieben zu bauen." Die "L. A. Times", sonst streng umweltbewußt, sieht in der "Proposition 87" ein "konfuses wirtschaftliches Denken". Nicht, was deren Ziele betrifft, sondern, wie das Blatt meint, weil der Privatwirtschaft, wenn sie Feuer gefangen hat und Gewinn wittert, mehr Erfolg zuzutrauen ist als einer zähflüssigen Bürokratie.

Das hat viel für sich. Doch da die Ölgesellschaften 2005 Milliarden-Gewinne gemacht haben, während die Verbraucher an den Zapfsäulen litten, braucht einem nicht das Herz zu brechen über vorgeschlagene Mehrsteuern von 400 Millionen im Jahr.

Die Ziele des kalifornischen Umweltschutzgesetzes

Die Ziele des "Clean Alternative Energy Act" klingen überzeugend: Reduzierung des Petroleum-Verbrauchs um 25 Prozent bis 2017, Förderung der Herstellung von alternativem Treibstoff wie Wasserstoff, Methanol, natürlichem Gas, Ethanol-Mischungen und Bio-Diesel-Mischungen wie jedem alternativen Treibstoff, sofern er zur Verminderung schädlicher Auspuff-Gase und somit zum Kampf gegen die globale Erderwärmung beiträgt.

Das Programm sieht vor allem einen Anreiz für die Anschaffung alternativ betriebener Fahrzeuge vor. So soll der Käufer bis zu 100 Prozent des Mehrpreises erstattet bekommen, den er für ein bis jetzt noch teureres Bio-Auto zahlen müßte. Großer Wert soll mit Anreizen durch Kredite und andere Finanzhilfen auf den Bau neuer Tankstellen oder Anbauten bisheriger Tankstellen, auf neue Werkstätten und die Ausbildung von Mechanikern und anderem Personal gelegt werden. Denn wer kauft schon ein umweltfreundliches Auto, wenn er Probleme hat, es zu betanken und warten zu lassen.

26,75 Prozent des Geldes würden für Forschung und Wissenschaft bereitstehen, für die schnelle Erarbeitung neuer Produkte und Systeme, neben der Reduzierung von Auspuffgasen und Fabrik-Ruß auch für die dringende Säuberung der Flüsse und Küstengewässer. Ein Großteil soll für die öffentliche Aufklärung über die neuen umweltfreundlichen Technologien verwendet werden. Das Ziel ist, sowohl die Bürger wie die Fachleute innerhalb der nächsten zehn Jahre mit den neuen Möglichkeiten so vertraut zu machen, daß ihnen Umweltschutz kein Fremdwort mehr ist und Anschaffung wie Betrieb eines Bio-Fahrzeugs so natürlich erscheint wie bei ihren bisherigen geliebten Umwelt-Verschmutzern. (L. M.)


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