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14.10.06 / Moskaus "Kalter Krieg" gegen Georgien / Nach bedrohlich klingendem Säbelrasseln setzt Moskau jetzt weiter auf antigeorgische Stimmungsmache und Sanktionen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 14. Oktober 2006

Moskaus "Kalter Krieg" gegen Georgien
Nach bedrohlich klingendem Säbelrasseln setzt Moskau jetzt weiter auf antigeorgische Stimmungsmache und Sanktionen
von M. Rosenthal-Kappi

Die Nachricht von der Verhaftung fünf russischer Offiziere und eines Agenten des Militärgeheimdienstes GRU in Georgien zog in den vergangenen Tagen die Aufmerksamkeit internationaler Medien auf sich. Vorfälle mit Beteiligung des russischen Militärs sind an sich nicht außergewöhnlich in der Kaukasusrepublik. Sie kommen immer wieder vor.

Im vorliegenden Fall war es jedoch die medienwirksam durchgeführte Verhaftung der russischen Offiziere, denen Spionagetätigkeit und Sabotage vorgeworfen wurden, die Moskau mit größter Empörung reagieren ließ. Obwohl die Offiziere nach der Vermittlung des belgischen Außenministers und derzeitigen Vorsitzenden der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Karel de Gucht, nach nur wenigen Tagen Haft wieder entlassen worden waren, brach der Kreml die diplomatischen Beziehungen zu Georgien ab.

Der Botschafter wurde zu "Konsultationen" nach Moskau zurückbeordert, alle Post-, Flug- und Finanzverbindungen wurden gekappt. Das russische Konsulat gewährte Georgiern kein Visum mehr. Putin drückte seine Verärgerung in einer programmatischen Rede über die zukünftige russische Politik gegenüber Georgien aus und deutete an, daß sogar eine militärische Operation im Bereich des Möglichen liege.

Hintergrund für die Verschlechterung der russisch-georgischen Beziehungen ist die Möglichkeit eines Nato-Beitritts Georgiens, den Moskau mit allen Mitteln zu verhindern sucht, da Rußland seinen Einfluß in der Kaukasusregion bereits verloren hat.

Über die Unterstützung der von Georgien abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien versucht der Kreml, seinen verloren gegangenen Einfluß zurück zu gewinnen.

Georgiens Regierungschef Michail Saakaschwili ist Putin ein Dorn im Auge. Er gehört einer jüngeren, nicht mehr von kommunistischer Denkweise infiltrierten Generation an. Saakaschwili studierte in den USA und Europa Jura. Seine Spezialgebiete sind Völkerrecht und Menschenrechte. In russischen Medien wird der georgische Präsident als Terrorist, seine Regierung als "Regime" bezeichnet.

Der aktuelle Konflikt zwischen Moskau und Tiflis schwelt schon seit Frühjahr dieses Jahres, als der Kreml die Einfuhr von georgischem Wein und des als Heilwasser gerühmten georgischen Mineralwassers verbot.

Diese Wirtschaftssanktionen brachten Georgien ein Loch von 80 Millionen Dollar in den Haushalt, da Rußland bislang wichtigster Importeur des grusinischen Weins und Mineralwassers war. Darüber hinaus verfügt Georgien über keine nennenswerten Exportartikel.

Als weiterer wunder Punkt der georgischen Wirtschaft ist die Abhängigkeit von russischen Brennstoff- und Energielieferungen zu nennen. Georgien bezieht 1,8 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Rußland und ist damit nahezu vollständig von russischem Gas abhängig.

Ernst wird es, wenn Ende des Jahres der derzeit noch gültige Vertrag über einen Gaspreis von 110 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas ausläuft. Gasprom hat bereits angekündigt, den Gaspreis internationalen Normen anzupassen.

In Moskau und anderen russischen Großstädten haben in den vergangenen Tagen Razzien gegen georgische Einrichtungen und Geschäfte begonnen. Dies führte zur Schließung vieler Spielkasinos, Restaurants und von Menschen georgischer Abstammung betriebener Hotels. Begründet wurden diese Kontrollen mit der Jagd auf Illegale. Insgesamt leben über 320000 Gastarbeiter aus Georgien in Rußland, von denen sich jedoch nur ein Prozent legal dort aufhält. Die Geldüberweisungen der in Rußland lebenden Georgier machen laut Presse rund 20 Prozent des georgischen Bruttosozialproduktes aus.

Trotz aller Schwierigkeiten, die sich für Georgien aus den verhängten Sanktionen zwangsläufig ergeben werden, blieb Saakaschwili angesichts russischer Provokationen gelassen. Zwar gab es sowohl von russischer als auch von georgischer Seite beleidigende Äußerungen in Richtung politischer Führung, das Ansehen der Politiker in ihrem Land konnte dadurch jedoch nicht beschädigt werden.

Sollte der Kreml darauf spekuliert haben, mittels Provokationen und Sanktionen Saakaschwili in der Regionalwahl am 5. Oktober zu isolieren, so schlug der Versuch fehl: Saakaschwilis Reformpartei "Nationale Bewegung" erhielt über 50 Prozent der Stimmen.


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