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28.10.06 / Zurückgelassen / Ehemann verliert Frau und bleibt mit Säugling zurück

© Preußische Allgemeine Zeitung / 28. Oktober 2006

Zurückgelassen
Ehemann verliert Frau und bleibt mit Säugling zurück

Wie ist das, wenn durch Schicksalsschläge das Lebensglück eines Menschen zerstört wird und er mit seinem Kummer, Schmerz, seiner Trauer und einem Baby zurückbleibt? Maureen und Gerry sind seit der Collegezeit ein glückliches Paar. Als Tanya zur Welt kommt, wird aus einem leidenschaftlichen, ehrgeizigen Pärchen eine verantwortungsvolle, lebenslustige Familie. Maureen bleibt zu Hause, bis Tanya in den Kindergarten kommt, und Gerry macht Karriere, um für das Wohlergehen der Familie zu sorgen.

Tanya wächst zu einem fröhlichen Teenager heran, bis sie in die Pubertät kommt. Eben kuschelt sie noch mit der Mutter auf der Couch, läßt sich bei den Hausaufgaben helfen, wenig später jedoch explodiert sie wegen einer Kleinigkeit. Die Schlechte-Laune-Anfälle enden meist türenschlagend in ihrem Zimmer. Die Spannungen nehmen noch zu, als Mick auftaucht, Tanyas erster fester Freund. Für Gerry ist seine Tochter wie ein Familiengespenst auf eigenen Wegen, das seine Eltern hin und wieder mit seiner Anwesenheit beim Essen beehrt.

Eines Tages überrascht Maureen Gerry mit der Nachricht, daß sie schwanger ist. Beide sind glücklich darüber und erzählen Tanya die Neuigkeit. ",Schön für euch', sagte sie düster. ,Dann habt ihr ja wieder jemanden zum Kontrollieren.' Ich senkte den Blick und schüttelte den Kopf, während sie in ihr Zimmer entschwand. Wieder mal fragte ich mich, ob es nicht an der Zeit sei, härter durchzugreifen. Aber eine Stunde später kam Maureen an ihrer Tür vorbei (die überraschender Weise offen stand), und Tanya rief sie herein. Unter Tränen äußerte sie die Befürchtung, das Baby könne ihren Platz einnehmen, und Maureen versuchte, sie davon zu überzeugen, daß das nie der Fall sein werde. Ich wertete das als gutes Zeichen." Doch zwei Monate vor der Geburt des Babys finden sie eine Nachricht von Tanya vor, auf der sie ihnen mitteilt, daß sie und Mick jetzt ihren "eigenen Weg" gehen. Maureen ist wie erstarrt und Gerry rastet total aus, ist wild entschlossen, die Tochter zu finden, heimzuholen und Mick windelweich zu schlagen. Aber alle ihre Bemühungen führen zu nichts. Als Reese geboren wird, kommt eine kurze Nachricht von Tanya, sie sollten sich keine Sorgen um sie machen, sie seien dabei, die Welt zu entdecken. Die nächsten Wochen kümmern sich Maureen und Gerry liebevoll um ihren Sohn, der ihnen Halt und Mut gibt, immer in der Hoffnung, daß ihre Tochter irgendwann zu ihnen zurückkehrt.

Dann kommt der verhängnisvolle Montag. Als Gerry von der Arbeit nach Hause kommt, schreit Reese ganz fürchterlich in seinem Bettchen. Er findet Maureen im Schlafzimmer auf ihrem Bett liegen. Für Gerry bricht eine Welt zusammen. Seine Frau, mit der er sein Leben verbracht hat, ist tot, seine Tochter für ihn unerreichbar, und sein neugeborener Sohn ist ganz allein auf ihn angewiesen.

Der Amerikaner Michael Baron schreibt in seinem Roman "Als sie ging" einfühlsam über Liebe, Tod und Trauerarbeit. Im Zentrum der Geschichte steht der alleinerziehende Vater, der nicht bereit ist, in seiner Trauer zu versinken, sondern entschlossen ist, sich daraus zu kämpfen, um für sich, seinen Sohn und seine Tochter lebendig zu bleiben. Ein großartig geschriebenes Buch ohne Sentimentalität, von der ersten bis zur letzten Seite lesenswert. B. Mußfeldt

Michael Baron: "Als sie ging", Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2006, geb., 268 Seiten, 19,90 Euro, Best.-Nr. 5879


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