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18.11.06 / Zum Wohl von Flora und Fauna / Im Landesmuseum Ostpreußen wurde 100 Jahre staatlicher Naturschutz gefeiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / 18. November 2006

Zum Wohl von Flora und Fauna
Im Landesmuseum Ostpreußen wurde 100 Jahre staatlicher Naturschutz gefeiert
von Ruth Geede

Als Ausklang war die Veranstaltung "Naturschutz und Heimat - Brücken über Zeit und Grenzen" gedacht, mit der die Sonderausstellung "Zwischen Haff, Heide, Harz und Helgoland - 100 Jahre staatlicher Naturschutz" im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg Ende Oktober die Pforten schloß. Wie jeder Klang wird auch dieser lange nachhallen oder als Grundmotiv weitergegeben werden, denn dem Jubiläumsjahr des Staatlichen Naturschutzes wird 2007 ein weiteres folgen: 100 Jahre ehrenamtlicher Naturschutz. So kann man den Begriff "Brücke", unter dem die Veranstaltung stand, auch auf die hervorragend gestaltete Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum übertragen, deren dokumentarische Bedeutung der Hauptredner der Veranstaltung, Henry Makowski, in seinem Festvortrag einem großen Zuhörerkreis eindrucksvoll auffächerte.

Der international bekannte, mit vielen Auszeichnungen - wie der Goldenen Kamera und der Humboldt-Medaille in Gold - geehrte Naturschützer wußte schon, wovon er sprach: Makowski hatte die Ausstellung konzipiert, weil bis dahin die Rolle des Naturschutzes aus der Sicht der historischen Entwicklung des Begriffes "Naturdenkmal" in seinem Wirkungszusammenhang zum Naturerbe Europas noch nicht dokumentiert war. Aktuell wurde das Thema durch Polen und Litauen als neue Mitglieder der EU. Diese Lücke sollte mit der Ausstellung geschlossen werden. Aber warum gerade in Lüneburg - warum im Ostpreußischen Landesmuseum?

Diese Fragen konnte Henry Makowski aus eigener Erfahrung klären, denn der in Deutsch Krone Geborene war - gerade mal 18 Jahre jung - 1945 in der Lüneburger Heide gelandet, von der bereits kurz nach Kriegsende der Neuanfang des Naturschutzes ausging.

Das geschah in Verbindung mit dem Verein Naturschutzpark und dem Verein Jordsand als Betreuer der damals vorhandenen Seevogelschutzgebiete an der Nord- und Ostsee. Der Vogelwelt galt auch die ganze Liebe des jungen Mannes, der die erste Vogelschutzstation auf dem Lüneburger Kalkberg aufbaute und leitete. Als dann durch Forstmeister a. D. Ludwig Loeffke die Idee eines "Ostpreußischen Jagd- und Pferdemuseums" in Lüneburg Gestalt annahm, war Makowski, dessen väterliche Vorfahren aus Allenstein stammten, sofort dabei und trug somit zur Geburtstunde des heutigen Ostpreußischen Landesmuseums bei. Eine unvergessene Zeit voller Mut, Hoffnung, Tatkraft und dem festen Willen, die Heimat in dem geretteten Natur- und Kulturgut zu bewahren und sie lebendig zu halten. Heute kann dem Museum in Lüneburg mit seinen Kontakten nach Polen, Litauen und Rußland eine Brückenfunktion zwischen West und Ost zugesprochen werden, und mit dieser bot sie die besten Voraussetzungen für einen deutschen Ausstellungsplatz. Für die historisch ausgerichtete Ausstellung war die Präsentation zum Teil einmaliger Dokumente aus der Geschichte des Naturschutzes, der anschaulichen Dioramen und Großpräparate von großer Wichtigkeit. Über die räumliche Begrenzung des Museums hinaus bot sich die Lüneburger Heide als Erlebnislandschaft an, durch fachkundliche Führungen konnte das Thema im wahrsten Sinne begriffen werden: "Naturschutz zum Anfassen"!

Aber auch in der historischen Entwicklung des staatlichen Naturschutzes gibt es viele Nahtstellen, nicht umsonst hatte man ja den Ausstellungstitel "Zwischen Haff, Heide, Harz und Helgoland" gewählt. Interessant, daß es auch zwischen den Brückenbauern, die das noch heute feste Fundament schufen, erhebliche Kontroversen gab wie zwischen dem "Vater des Staatlichen Naturschutzes", dem Danziger Museumsleiter Hugo Conventz, (auf dessen Initiative dort am 22. Oktober 1906 die Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen gegründet wurde (siehe PAZ Nr. 42), und dem in Westpreußen geborenen Hermann Löns. Später bat er um finanzielle Unterstützung der Naturfreunde, die Heideland kaufen wollten, um einen Naturpark zu schaffen. Den wärmsten Regen mit 1,4 Millionen Goldmark erbrachte die Preußische Staatslotterie, nachdem es dem Hamburger Reeder und Naturfreund Albert Ballin gelungen war, Kaiser Wilhelm II. für den Naturschutzgedanken zu gewinnen. 1922 wurde das Gebiet um den Wilseder Berg offiziell zum Naturschutzgebiet erklärt und 1935 als Nr. 1 in das Reichsnaturschutzbuch eingetragen. Zum größten Mäzen der Heide wurde aber der Hamburger Kaufmann Dr. h. c. Alfred Toepfer, durch dessen Initiative der Naturschutzpark Lüneburger Heide zum Vorbild für alle deutschen Naturparks wurde. Der große Naturfreund lebt heute noch in seinen Stiftungen weiter und war auch Initiator des "Instituts für Naturschutzerziehung und Naturinformation e. V." (IfNN), dem Mitgestalter der Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum. Henry Makowski als langjähriger Mitarbeiter von Alfred Toepfer und heutiger Geschäftsführer des IfNN konnte hier sozusagen aus erster Hand berichten. Seine Erfahrungen und Erlebnisse bereicherten auch die Präsentation der für die Ausstellung ausgewählten Exponate.

Ein Schwerpunkt: die Kurische Nehrung, wo er als 17jähriger beim Bergen der wissenschaftlichen Unterlagen der Vogelwarte Rossitten den Spuren des großen Erforschers des Vogelzuges, Prof. Dr. Johannes Thienemann, nachging, dessen Arbeit für den jungen Naturschützer richtungweisend wurde. "Thienemann hat global gedacht, der Vogelzug kennt eben keine von Menschen gezogenen Grenzen", sagt Makowski. Deshalb eignete sich gerade der Storch als Beispielprojekt für die Präsentation auf der Ausstellung.

Er wurde zu einem Nationalvogel Deutschlands - auch als es noch zweigeteilt war - und Polens, damit zu einem völkerverbindenden Symboltier wie auch Kranich und Seeadler. Das trifft auch für unser ostpreußisches "Wappentier", den Elch, zu, für den gesonderte Schutzbemühungen zwischen Memel und Weichsel angelaufen sind und der im Fokus der Öffentlichkeitsarbeit der Naturschützer steht, denn er wurde für 2007 zum "Tier des Jahres" gewählt!

Zu allen diesen Brückenbauern des Naturschutzes hat Henry Makowski eine besondere Beziehung - selbst zu Hugo Conventz, denn er wurde mit der Conventz-Medaille ausgezeichnet. Auf diesen Erfahrungen und Begegnungen basiert auch die Erkenntnis, daß der Naturschutz heute eine neue Dimension erreicht hat, die aus den geschichtlichen Wurzeln und Erfahrungen schöpfen muß. So hatte er bei der Planung der Jubiläumsausstellung einen Untertitel gewählt, der dem welterfahrenen Fährtensucher zur Verdeutlichung des Themas geeignet schien: "Eine Spurensuche zur Wirkungsgeschichte des Naturschutzes." Sie ist geglückt, vor allem dank der Mitarbeiter, die halfen, das zuerst auf Schwierigkeiten gestoßene Projekt im Ostpreußischen Landesmuseum zu realisieren. In dem Zoologen Dr. Christoph Hinkelmann vom Ostpreußischen Landesmuseum fand Makowski einen tatkräftigen Mitverfechter, der mit seinem Fachwissen und Ausstellungsgeschick maßgeblich zur Realisierung des Projektes beitrug. Der Erfolg gab den Initiatoren recht, wie der kommissarische Leiter des Museums, Dr. Jörn Barfod, auf der Abschlußmatinee an der regen Beteiligung der von nah und fern gekommenen Besucher feststellen konnte. Der ehemalige Sprecher des Deutschen Rates für Landespflege, Professor Wolfram Pflug, der als Referenzpartner für das Projekt gewonnen werden konnte, stimmte mit einfühlsamen Worten die Zuhörer auf das Leitmotiv "Naturschutz und Heimat" ein. Unter ihnen sah man viele ehrenamtliche Helfer, deren Engagement oft nicht genug gewürdigt wird. Das soll nun im nächsten Jahr geschehen, wenn der ehrenamtliche Naturschutz auf eine hundertjährige Arbeit zurückblicken kann. Die Festveranstaltung wird am 30. Mai 2007 stattfinden - ein für den Naturschutz historisches Datum, denn an diesem Tag erfolgte einst der preußische Ministererlaß. Wo wird gefeiert? Natürlich in der Lüneburger Heide, in der Alfred-Toepfer-Akademie.

Foto: Naturschutz Samländischer Küstenhain: Schon 1906 wurde der Wert einer gesunden Natur entdeckt. (Ostp. Landesmuseum)


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