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02.12.06 / Kein Gas für Rußland / Da "Gasprom" im Export mehr verdient, bleibt die Heimat unterversorgt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 02. Dezember 2006

Kein Gas für Rußland
Da "Gasprom" im Export mehr verdient, bleibt die Heimat unterversorgt
von M. Rosenthal-Kappi

Gasprom" will für 2007 die Gaspreise drastisch - um bis zu 15 Prozent - erhöhen, berichtete die russische Wirtschaftszeitung "Wedomosti" unter Berufung auf den vorläufigen Jahresplan des Unternehmens. Der durchschnittliche Exportpreis, er ist gekoppelt an die internationalen Erdöl- und Ölproduktpreise, soll von derzeit 257 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas auf 293 Dollar angehoben werden. Deutsche Kunden bezahlen laut Presseberichten derzeit schon 290 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas. Von den drastischen Erhöhungen sind vor allem die drei baltischen Staaten Lettland, Litauen und Estland betroffen; sie sollen statt bisher 220 künftig 260 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas bezahlen. Schlimmer noch trifft es Weißrußland, das statt dem bisherigen Freundschaftspreis von 49 Dollar künftig 200 Dollar zahlen soll. Da das Land fast vollkommen von den russischen Energieimporten abhängig ist, hatte der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko seinem Verbündeten Rußland bereits mit dem Abbruch der Beziehungen gedroht.

Am schlimmsten trifft die Preispolitik des Gasmonopolisten jedoch die Russen selbst. Das Land, in dem der "blaue Brennstoff" gefördert wird, soll in Zukunft 49 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas bezahlen und muß nun mit Engpässen rechnen. Die gesamte russische Energieversorgung steht an der Schwelle einer tiefen infrastrukturellen Krise. Das chronische Fehlen von Investitionen in den letzten 15 Jahren hat dazu geführt, daß Rußland nicht gleichzeitig den Export von Energieressourcen steigern und die steigende Nachfrage nach Energie im eigenen Land befriedigen kann. In Zukunft wird dies zu Engpässen und Preissteigerungen in Rußland führen.

Vertreter der "Vereinigten Energiesysteme AG" Rußlands haben sich mehrfach mit Präsident Putin zu Gesprächen getroffen, um wenigstens die Strom- und Wärmeversorgung des Landes für den bevorstehenden Winter zu sichern. Sie befürchten, daß "Gasprom" bei einem plötzlichen Kälteeinbruch wie im vergangenen Winter nicht mehr Gas liefern kann, da sämtliche freien Kapazitäten bereits für den Export verplant sind. Anatolij Tschubais, Vorstandsvorsitzender der "Vereinigten Energiesysteme AG" berichtete davon, daß sogar in den Sommermonaten in einigen Regionen Krisensituationen eingetreten waren, weil kein Gas für die Elektrizitätswerke geliefert wurde. In der Region Tscheljabinsk blieben zu Beginn der Heizperiode viele Wohnungen kalt. Gas ist der wichtigste Energieträger in Rußland, 70 Prozent des Stroms werden aus Gas hergestellt. Um die Versorgung der eigenen Bevölkerung zu sichern, verlangten die "Vereinigten Energiesysteme AG" von der Regierung, dem Monopolisten "Gasprom" ein ausreichendes Gas-Kontingent abzukaufen und die Verteilung zu überwachen.

Es liegt auf der Hand, daß "Gasprom" daran weniger gelegen ist als an Exporten, bei denen der vierfache Preis erzielt wird. Damit sich an der Misere im Lande etwas ändert, werden Russen in Zukunft höhere Preise zahlen müssen. Die jetzige Erhöhung ist nur der Anfang. Bis 2009 soll der russische Gaspreis stufenweise jährlich um 15 Prozent erhöht werden. Der Preis wird dann 90 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas betragen.

"Gasprom" plant die Ausfuhr-Einnahmen im Jahr 2007 um 25 Prozent auf 46 Milliarden zu erhöhen. Trotz der Rekordpreise muß "Gasprom" der Zeitung "Wedomosti" zufolge noch 3,4 Milliarden Dollar an Krediten aufnehmen. Grund dafür sollen heftige Verluste des Unternehmens im Inlandsgeschäft sein. Die "Vereinigten Energiesysteme" befürchten hingegen, daß die bisherigen Gasvorkommen allmählich versiegen und die Investitionen für neue Gasfelder von "Gasprom" nicht finanziert werden können.


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